Seit Jahren sehen wir bei ProSieben sinkende Umsätze und Gewinne. Der Trend zum Streaming hat das Geschäftsmodell der Anbieter linearen Fernsehens nachhaltig zerstört. Es ist mitnichten so, dass keine gigantischen Werbeerlöse in den Medienbereich fließen. Diese landen halt mittlerweile überwiegend bei Google, Youtube, Instagramm, TikTok etc.
ProSieben mit seiner im Vergleich zu den US-Giganten Netflix, Amazon Prime, Disney, Warner Discovery und Paramount geradezu lächerlich kleinen Streamingplattform Joyn ist einer der großen Verlierer dieses m.E. unumkehrbaren Trends.
Allerdings hat ProSieben mittlerweile ein derart niedriges Bewertungslevel erreicht, dass eine Übernahme durch Berlusconi/Kelnerova oder einen der o.g. US-Streaminganbieter m.E. hochwahrscheinlich ist, da ProSieben durchaus über beachtliche Assets (Faconi, ElitePartner, Parship, Joyn; div. Film-Produktions-Firmen etc.) verfügt, die mit der Unterstützung der Plattform eines Partners wie Amazon über enormes Skalierungspotenzial verfügen. ProSieben allein ist schlicht zu klein, um mit dem Wachstumspotenzial der US-Medien-Giganten auch nur irgendwie Schritt halten zu können.
Die massiven Zukäufe von Berlusconi und Kelnerova, die zusammen mittlerweile fast 50% der ProSieben Aktien beherrschen, wird vom Markt gnadenlos ignoriert. Langfristig investierte Kleinaktionäre sitzen auf gigantischen Kursverlusten und haben innerlich längst das Handtuch geworfen. Kurzfristzocker haben nur noch ihr Rangetrading zwischen 5 EUR und 6,50 EUR im Blick und scheinen sich von den Fundamentaldaten des Unternehmens vollkommen entkoppelt zu haben. Die jüngste Gewinnwarnung kam just in dem Moment, als die lieb gewonnene Tradingrange nach oben hin bis zum Anschlag ausgereizt war mit einem stark überkauften RSI14 jenseits 75. Aus Tradersicht konnte die Nachricht zu keinem besseren Zeitpunkt kommen. Wegen des fundamental miserablen Sentiments für ProSieben schienen viele Kleinanleger geradezu erleichtert zu sein, endlich einen Grund zum Ausstieg und zur Realisierung langjähriger Verluste geliefert zu bekommen. In diesem Umfeld konnten Shortseller bei 6 EUR erneut blindlings und ohne Risiko verkaufen... und konnten dann dabei zusehen, wie die Charttrading-Lemminge den Shorties die Kassen füllen. Für ProSieben Aktionäre ist es einfach frustrierend, weil das Unternehmen ganz offenbar nicht (mehr) die Kraft für einen radikalen Neuanfang hat. Man laviert sich von Quartal zu Quartal in der Hoffnung auf eine Konjunkturwende... nur wird diese, so sie in Deutschland überhaupt kommt, den Trend zum Streaming nicht aufhalten... ProSieben würde von konjunkturellen Werbeerlössteigerungen demnach bestenfalls unterproportional zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum profitieren... Während ProSieben mangels Cash für nennenswerte Investitionen weitgehend untätig dem Markt zuschaut, erörtern die US Giganten Paramount und Warner Disvcovery eine Fusion, um sich im Wettbewerb um den Streaming-Markt noch stärker als ohnehin schon zu positionieren...
ProSieben mit winzigen 1,5 MRD EUR MKAP ist aus sich heraus nicht mehr wettbewerbsfähig. Sobald diese Erkenntnis endlich auch beim CEO durchgedrungen ist, bietet sich m.E. endlich eine realistische Übernahmechance für uns Aktionäre.
Wer glaubt, dass eine Übernahme zu 7,50 € durchgehen würde, ist m.E. komplett schief gewickelt. Für strategische Erwerber liegt der Wert von ProSieben m.E. jenseits von 4 MRD EUR, sprich über 12 EUR je Aktie...
Dass der Markt mitnichten immer Recht hat, bei vielen deutschen Nebenwerten m.E. sogar systematisch versagt, sollte jedem Marktgläubigen die jüngst verkündete CropEnergies Übernahme vor Augen geführt haben. Noch eine Stunde vor der Übernahmeankündigung war dieser "Markt" davon überzeugt, ein deutlich unter dem Buchwert des Eigenkapitals liegender Preis von 6,80 € sei möglicherweise noch viel zu hoch für das durch (kurzfristige!) Ethanolpreisrückgänge in seinen kurzfristigen Umsatz- und Gewinnerwartungen beeinträchtigte Unternehmen. Eine Stunde später kam Südzucker mit einem Übernahmeangebot zu 11,50 € raus und urplötzlich treten Börsianer auf den Plan, die 11,50 € für viel zu niedrig halten und auf eine Nachbesserung des Übernahmeangebots spekulieren.
Börse scheint heute nicht mehr in der Lage zu sein, Unternehmen wie in der betriebswirtschaftlichen Unternehmensbewertung üblich, nach ihrem langfristigen Cashflowpotenzial zu bewerten. Statt dessen entblöden sich Analysten und Kurzfristzocker nicht, kurzfristige Positiv- oder Negativtrends in die Unendlichkeit zu projizieren und damit fundamental betrachtet absolut irrwitzige Kursziele zu rechtfertigen. Wer ernsthaft glaubt, dass der strategische Unternehmenswert des ProSieben-Konzerns bei einem Aktienkurs nahe Allzeittief auch nur näherungsweise korrekt abgebildet ist, sollte sich schleunigst aus dieser Aktie verabschieden oder die Shortseite wählen.
Ich selbst entscheide mich für die These, dass Berlusconi und Kelnerova nicht dadurch Milliardäre wurden, weil sie hunderte Millionen in wertlosen Aktien verbrannt haben. Ich gehe ferner davon aus, dass diese ganz genau wissen, warum sie ihre ProSieben Beteiligung permanent ausbauen, während der "allwissende" Kapitalmarkt die Aktie immer weiter abverkauft.
Ich vertraue auf die Geldgier der beiden Großaktionäre und des ProSieben Managements, stelle mich daher explizit gegen den "Markt" und kaufe ProSieben Aktien, während die Chart-Lemminge verkaufen. Wir werden sehen, ob hier nicht irgendwann der nächste Cropenergies-Moment folgt. Der Markt hat immer recht... bei ProSieben m.E. definitiv nicht! |