"[...]diese Rechnungslegungsvorschriften wahrscheinlich nur für das Unternehmen gelten, das über CH11 (in diesem Fall: MF) geht, und nicht für das Umbrella-Unternehmen (Steinhoff International Holdings N.V.), das wahrscheinlich immer noch unbedingt den IFRS-Vorschriften (IAS 36) folgen muss? (weil Steinhoff International Holdings N.V. is nicht durch CH11 gegangen): [...] Was denken Sie?"
Erst mal herzlichen Dank für ihre inhaltsvolle Darstellung ihrer Sichtweise und ausführliche Antworten. Sie bringen frischen Wind und neue Aspekte in causa Steinhoff ein. Einfach toll.
Hinsichtlich Goodwill-Zuschreibung hatten wir schon mal eine ähnliche Diskussion u.a. mit Helmut in September/Oktober 2018. Die einhellige Meinung damals war keine Zuschreibung. Auch Garion geht auf Konzernebene von keiner Zuschreibung aus. Und Sie weisen unter Angabe von IAS36.124, IAS36.125, etc. zu Recht darauf hin, dass für Steinhoff als Muttergesellschaft IFRS-Vorschriften gelten müssen (mit Fragezeichen versehen).
Ich verstehe vollkommen, wenn jemand (wie Helmut, Garion, Damage, Trash, etc.) argumentiert, dass eine für den Goodwill erfasste Wertberichtigung nicht rückgängig gemacht werden darf. Denn die Zuschreibung von Goodwill ist nach IFRS keine erlaubte Option, weshalb die erneute Erfassung von Goodwill nach CH11 im Konzernabschluss beseitigt werden muss.
Sie kennen aber bestimmt die Redewendungen: Nichts ist trügerischer als eine offenkündige Tatsache und keine Regeln ohne Ausnahme.
Vorab möchte ich nur anmerken, dass ich nicht den Eindruck erwecken möchte, dass ich mit meiner Sichtweise richtig liege. Denn niemand ist weiter von der Wahrheit entfernt als derjenige, der alle Antworten weiß. Denn Wir haben bei Steinhoff eben komplexe Strukturen und Situation. Deshalb ist es nicht so einfach alles richtig einzuordnen. Daher sind auch nur die Profis im Einsatz und nicht wir, die Kleinanleger im Ariva-Forum;-))
Und wie wir alle wissen, MF ist ja nicht die einzige Tochtergesellschaft, die durch CH11 gegangen ist: - MF mit Sitz in USA -> Gerichtsbarkeit USA, CH11 nach US-Recht - SUSHI mit Sitz in USA -> Gerichtsbarkeit USA, SUSHI-Scheme nach UK Recht, CH15 nach US-Recht - SEAG mit Sitz in UK/ Österreich -> Gerichtsbarkeit UK/Österreich, CVA nach UK-Recht - STHNV mit Sitz in NL/SA -> Gerichtsbarkeit NL/SA/BRD, solvent
Da Steinhoff als Unternehmensgruppe über operative Einheiten in verschiedenen Ländern und Jurisdiktionen verfügt, sind gerade die Insolvenzen und daraus resultierenden Bilanzierungsfragen nicht so einfach zu beantworten und sehr knifflig. Steinhoff als Muttergesellschaft ist zwar nicht durch CH gegangen, aber die Tochtergesellschaften müssen eben von dieser konsolidiert werden.
Die zentrale Frage dabei ist: - Welche Rechnungslegungsvorschriften gelten für Unternehmen bzw. Länder, in denen IFRS vorgeschrieben ist? - Wie ist die Hierarchie der Autorität für Vorschriften nach internationalen Standards (IFRS, US-GAAP, etc.)? - Und sind Unternehmen in Ländern, die IFRS anwenden, von der Richtlinie des ASC 852 bei Insolvenz betroffen?
Wie sie wissen, gibt es mehrere Themen, die von der IFRS überhaupt nicht behandelt werden, und eine davon ist "Bankraptcy Accounting". Für Länder, in denen IFRS vorgeschrieben ist, hat IASB mit IAS 8 eine Hierarchie von Rechnungslegungsvorschriften eingeführt, die von den Erstellern/Auditoren bei der Suche nach Lösungen für Bilanzprobleme befolgt werden sollten.
Kurzum: Die Bilanzierung von Sanierungen in der Insolvenz ist etwas unbekannt. IASB hat keine Leitlinien zu Bilanzierungssituation veröffentlicht. Gemäß der Hierarchie der IFRS sollte sich der Ersteller/Auditor jedoch an nationale Normen wenden, wenn die anderen Ebenen der Hierarchie die anstehenden Probleme nicht angehen. Im Falle von MF eben ASC 852.
Eine Interessante, kurze Abhandlung zu diesem Thema findet man in: International Business & Economics Research Journal – April 2012 Volume 11, Number 4, S.369ff Link: https://www.researchgate.net/publication/..._Of_Bankruptcy_Accounting
Letztendlich sehe ich eine Win-Win-Situation, unabhängig davon wie Steinhoff das Ganze bilanziert.
- Bei Zuschreibung sehe ich die Auswirkungen wie Damage und H731400: "Goodwill intakt bleibt, (indirekt) die Erwartung äußert, dass zukünftige Cashflows der Grund dafür sein werden" "rein optisch um für Aktionäre attraktiv zu sein, wäre eine EK Quote von 20% schon reizvoller als 2%. Die Banker die neue Kredite geben sollen tun sich mit 20% auch leichter"
- Bei keiner Zuschreibung sehe ich es wie Garion: "Jetzt überlegt mal, was passiert, wenn Steinhoff MF verkauft. Zahlt der Käufer dann nur den Buchwert des Marktführers im US-amerikanischen Bettwarenmarkt, eines Unternehmens, das seit CH11 kerngesund und hochprofitabel operiert? Oder wird der Käufer ne dicke Prämie auf den Buchwert zahlen müssen, um MF zu bekommen?..."
Schönen Sonntag! |