Das Problem ist ganz einfach, dass versucht wird mittels des Wettbewerbsrechts ein Defizit der EU auszugleichen - dass es kein einheitliches Steuerrecht gibt.
Und getreu dem Motto, mann muss es nur hintenrum einfädeln, und eben die 'Größten' zuerst umhauen, damit die anderen sich nicht trauen, ist man zuerst an Google (London, vor etwa einem halben Jahr fertig) und Apple (aktuell fertig) herangetreten.
Da werden verschiedene Positionen zwischen USA und EU Steuerrecht auf dem Rücken der Unternehmen ausgetragen.
Das wird am Ende nicht funktionieren. Weil eben Irland selber über die Gesetze und Steuern entscheiden darf. Und weil die EU Kommission ja gar nicht überprüft hat, ob IBM, Intel, Microsoft, Yahoo, Adobe, Oracle etc. UND vielleicht auch die international tätigen irischen Unternehmen (sofern es welche gibt) UND die Bäcker um die Ecke ebenfalls 12,5% zahlen.
Man hat sich einen herausgepickt, und geht davon aus, dass alle anderen brav 12,5% zahlen.
Nun: was aber, wenn alle o.g. Unternehmen das selbe Konstrukt betreiben, und ebenfalls deutlich weniger als 12,5% bezahlen? Dann stürzt das ganze Thema in sich zusammen.
Ich bin ganz klar der Meinung, dass alle (!) globalen Konzerne Steuern bezahlen müssen. Entsprechend den Gesetzen. Und das tun sie auch. Denn wenn die Regierungen ihnen - legal - Ausnahmen genehmigen, dann zahlen sie, was sie müssen.
Wer das als Politiker nicht will, muss das Steuerrecht innerhalb der EU harmonisieren, und idealerweise eine einzige EU Steuerbehörde das Thema erledigen lassen.
So ist das doch eine Farce.
Am Ende wird Irland dauerhaft geschädigt, die EU muss mehr Finanzhilfen ins Land schicken - und das Getrickse geht woanders unverblümt weiter. Und alle (!) wussten, was in Irland passiert. Und in Luxemburg. Auf Zypern. Auf den Kanalineln. Hongkong, Singapur, und, und, und.
Die Steueroasen sind alle bekannt. Seit Jahrzehnten. Sie könnten schnell ausgetrocknet werden. Es passiert nicht. Weil die Politik das nicht will.
___ @WernerGg - Wertschöpfungskette vs. Besteuerung:
Apple: Wir sind die Denker, die Planer. Wir haben die Ideen. Die Besteuerung erfolgt an unserem Hauptsitz. (Standpunkt USA)
China: Schön und gut. Pläne. Aber unsere chinesischen Arbeiter produzieren die Produkte. Ohne uns gäbe nichts, was ihr verkaufen könntet. Die Besteuerung muss in China passieren, weil da die Wertschöpufung stattfindet. (Das könnte chinesischer Standpunkt sein? Die schweigen lieber, weil sie ihre ungelernten Wanderarbeiter in Lohn und Brot halten wollen - besser schlecht als gar nicht.)
EU: Hej, halt: nett, dass ihr plant und baut - aber bei uns wird verkauft. Ohne unser Geld würde euer Produkt sinnlos sein. Erst dadurch, dass hier ein Preis draufsteht, zu dem es verkauft wird, erst dadurch wird die Wertschöpfung abgeschlossen. Deswegen muss natürlich hier versteuert werden. (Standpunkt EU)
Vorteil globale Unternehmen: Rosinen-Picking. Man sucht die Lücke zwischen USA und EU, kreiert einen virtuellen Stammsitz für Europa - der sich für ex-US Gewinne und EU Gewinne eignet (in der Cloud - deswegen wollen alle globalen Konzerne so gerne in die Cloud! ;-)) und zahlt einen Teil an die USA (Stammsitz), einen kleineren an seinen Stammdealer (Irland) und ein wenig an die EU Länder.
Kann der Bäcker an der Ecke nicht machen, ist sicher unfair. Aber es ist >legal<. Und es machen alle (!) international aufgestellten Konzerne. Auch die deutschen spielen das Spiel.
Die Baustellen heißen m.E.:
- Globalisierung: alles, was da abläuft, ist zu schnell für die Politik - und die steckt lieber den Kopf in den Sand, und hofft, dass nix passiert. - EU - kein einheitliches Steuerrecht - ein Konzeptionsfehler der EU (Geld ja, Finanzen nein, gemeinsame Regierung nein), kein Europa der Regionen, sondern der Nationalstaaten. - Politiker - zurzeit keine Politiker mit Visionen, nur Verwalter und bestenfalls ein paar Buchhalter (Irland, London (bald nicht mehr), Luxemburg, Malta (billige Pässe), Zypern (billige Briefkästen), etc.), die auf eigene Kappe arbeiten.
Und über Allem: massiver wirtschaftlicher Wettbewerb der drei großen Blöcke: USA (plus Pazifik), Asien (inkl. Russland) und die EU (mit oder ohne Euro).
Würden alle internationalen Konzerne gleiche Steuern zahlen, oder gleiche Wettbewerbsregeln beachten - ich wäre der erste,der "13 Milliarden plus Zinsen zahlen!" schreien würde. Fakt ist aber, dass die anderen allesamt das gleiche machen, in Irland wird Apple sehr wahrscheinlich keine 'Ausnahme' sein - die anderen zahlen ebenfalls nicht 12,5% - jede Wette.
Und wer realistisch ist, und einige Jahre im beruflichen Umfeld und in seiner Umgebung mit offenen Augen durch's Leben geht, der merkt schnell: nirgends gibt es 'gleiche Rechte' für Alle.
Deutschland: Aufbau Ost - was wurden da für rote Teppiceh ausgerollt, Söder/Bayern: Microsoft wird sicher nicht ohne Grund nach München gezogen sein, Erneuerbare Energie Gesetz (EEG) Ausnahmen für Großkonzerne zualsten der Bürger, ...
Steuerrecht? Haben wir ein einheitliches Steuerrecht? Jede Wette - keine zwei Großkonzerne in D haben die selben Steuerbedingungen. Oder können alle Bestechungsgelder (Siemens in Griechenland) steuerlich absetzen? ;-)
Arbeitsplatz: in den seltensten Fällen erhalten von zehn Mitarbeitern, die unterschiedlich lange bei der Firma sind, alle das gleiche Gehalt - obwohl (!) sie mitunter die selben Jobtitel haben. Gehalt? Verhandlungssache. Und: davon hängt der persönliche Steuersatz ab - Steuerregression lässt grüßen.
Reiche? Bei uns können sie sich nahezu arm rechnen. Und wenn nicht, ziehen sie weg. Und leben eben ein halbes Jahr minus einen Tag in Deutschland. Der Winter ist eh zu kalt bei uns.
Und wer reich ist, und auf Berge und Schnee steht - der zieht in die Schweiz - solange er seinen Lebensunterhalt finanzieren kann, ist er gerngesehen. Steuerlast? Kanonalangelegenheit. Verhandlungssache. In Baar/Zug sitzt nicht umsonst einer der größten Rohstoffkonzerne (Glencore) weltweit. Die zahlen - was sonst - Minimalssteuern, zulasten der restlichen Kantone, auch in der Nachbarschaft, wo die Glencore Arbeiter leben (Schulen gebraucht werden, Straßen etc.).
Der vielzitierte Bäcker: der kassiert bei Großkunden, der täglich 200 Brötchen kauft für Brötchen 0,15 Euro, je Brötchen, für die Hartz IV Kunden, die sich nur fünf Brötchen leisten können 0,25 Euro. Stichwort Mengenrabatt.
Nicht alle Beispiele sollen direkte Vergleiche sein. Ich will nur deutlich machen, dass wir in einer Marktwirtschaft leben, im Kapitalismus, und dass nahezu alles heutzutage Verhandlungssache ist.
Wer die Möglichkeit zum verhandeln hat, der nutzt sie auch. So ist das System.
Und die Globalisierung ist gewollt, das uneinheitliche Steuerrecht ist gewollt, die Ausbeutung der Arbeitnehmer in den Produktionsländern (wie China) ist gewollt - China könnte selber kontrollieren und Mindestlöhne festlegen, machen sie nicht, weil sonst die Karavane (Nokia/Microsoft waren bereits in Vietnam, Microsoft produziert weiter bei Pekatron - wie Apple) weiterzieht.
China subventioniert seinerseits ganze Industriezweige, und rollt einen Bereich nach dem anderen auf - mit Unterstützung des chinesischen Staates und der schieren Masse der Bürger. Ein Thema für sich.
Solange wir ein Wirtschaftssystem haben, in dem das Kapital die Regeln bestimmt, so lange wird es auf den verschiedenen Gebieten keine 'Gerechtigkeit' geben.
Und ansonsten hat Irland nichts weiter versucht, als seinen Bürgern ein wenig Perspektive und die Chance auf ein lebenswertes Leben zu ermöglichen - ohne am Rockzipfel der EU Hilfsgelder für finanzschache Regionen hängen zu müssen.
Wer will ihnen dieses Recht abstreiten?
Deswegen (!) finde ich diese Diskussion als sehr heuchlerisch. Weil alle das gewusst haben, weil alle die Defizite kennen, weil durch die Entscheidung Irland indirekt zur Armut und einer Existenz im Zonenradgebiet abgestraft wird, weil alle EU Staaten subventionieren, und so Wettbewerb verzerren - und weil USA/EU/China gegeneinander arbeiten, und erst dadurch die Globalisierung zum Tummelplatz für Steueroasen und Finanzjongleuren wird.
Und es wäre alles vermeidbar.
Dass es Apple (und zuvor Google) trifft, mag zwar irgendwie ärgerlich sein. Aber die schreiben das eben von den US Steuern ab, oder klagen gegen Irland, oder koten auf die 13 Milliarden plus Zinsen - in drei Monaten sind die wieder drin.
Aber das Getrickse, der geht auf allen Ebenen und in allen Staaten unverändert weiter.
Weil es gewollt ist.
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