Eine "Inflation von unten" für D. würde bedeuten, dass die Löhne deutlich steigen, obwohl die Wirtschaft nur schwach wächst. Das ist "nicht normal" (bzw. marktgerecht). Denn wenn die Wirtschaft nur schwach wächst, steigt gewöhnlich die Arbeitslosigkeit, weil Menschen, die in einer Firma wegen der (technisch bedingten) Produktitivätsgewinne "überflüssig" werden, nicht mehr anderweitig in der Firma beschäftigt werden können.
Wächst die Wirtschaft hingegen stark organisch, dann können diese "Überflüssigen" in anderen Bereichen in der Firma eingesetzt werden, weil die Firma ja mit der Gesamtwirtschaft (und oft überproportional) expandiert.
Bei schwacher Wirtschaft steigt somit aus den o.g. strukturellen Gründen zwangsläufig die Sockelarbeitslosigkeit. Das Problem dabei ist: Je mehr Menschen Arbeit suchen, desto stärker SINKEN die Löhne, weil das Überangebot an Arbeitskräften den Firmen ermöglicht, Leute auch für weniger Ged zu bekommen. (Dies ist eine wichtige Teilursache für den Reallohnabbau der letzten Jahre.)
Eine "Inflation von unten" wäre daher, ähnlich wie das Gelddrucken der Zentralbanken, eine Form der Marktmanipulation: Man bietet Angestellten mehr Geld, OBWOHL die (Real-)Löhne infolge der steigenden Sockelarbeitslosigkeit "eigentlich" sinken müssten.
Dies geht dann zwangsläufig zu Lasten der Firmen, deren Gewinnmargen auf diese Weise beschnitten werden (= höhere Lohnkosten bei stagnierendem Umsatz). Kein Wunder, dass "die Industrie" und andere Merkel-Klientel eine solche "Lösung" nicht will.
Überhaupt stellt sich die Frage, warum nach dem "Daiphong-Modell" am deutschen Arbeitsmarkt Marktmanipulation (= künstliche Lohnerhöhung ohne steigende Arbeitskraftnachfrage) nötig sein soll, nur um indirekt den PIIGS bessere Absatzmöglichkeiten (Warenexporte + mehr Tourismus) zu ermöglichen. Ist das nicht eine weitere monetäre Notkonstruktion, um die "Fehlgeburt Euro" künstlich weiter am Leben zu halten?
Gäbe es noch die alten Vor-Euro-Währungen, so wäre die "Lösung" der aktuellen Krise eine Inflationierung der PIIGS-Währungen (man sie . z. B. in Italien bei der Lire deutlich). Die PIIGS-Ökonomien sind damals auf diese Weise trotz unzureichender Produktivität wettbewerbsfähig geblieben (z. B. italienischer Wein wurde dann in DM gerechnet billiger, was die Nachfrage danach erhöht). Die PIIGS-Währungsabwertung ist daher eine marktgerechte (und vom Markt "eingeforderte") Reaktion auf die niedrige(re) Produktivität in den PIIGS.
Wegen des Euros sind solche Abwertungen nun aber nicht mehr möglich. Die Produktivität in den PIIGS ist dennoch viel langsamer gewachsen als bei uns. Es bieten sich zwei Auswege:
1. Die Löhne in den PIIGS müssten sinken (als Ersatz für die früheren Währungsabwertungen). Dies ist die Merkel'sche "Austeritäts-Lösung". Sie ist jedoch, wie man sieht, politisch kaum (und nur mit dem hohen Preis der "Germanophobie") durchsetzbar. Denn damit wird "Anspruchsdenken" in den PIIGS verletzt. So wähnen etwa viele Spanier, ihre Wirtschaft sei in den letzten Jahren "wegen des Euro fundamental stärker" geworden, so dass das Anziehen des dortigen Lohn-Niveaus "berechtigt" und "kollektiv erarbeitet" wäre. Tatsache jedoch ist, dass die Ursache für die höheren Löhne das kreditfinanzierte Blasenwachstum im spanischen Hausmarkt war. Wenn die Hausnachfrage wegbricht, brechen logischerweise (wegen des Überangebots an Bauarbeitern) auch die Löhne ein. Eigentlich "normal", aber eben nicht mit obigem Anspruchsdenken vereinbar.
2. Die Löhne in Deutschland bzw. "im Norden" müssten steigen. (= Daiphong-Lösung). Dies ist aber aus den o. g. Gründen weit weniger marktgerecht als ein Sinken der Löhne in den PIIGS: Das Sinken der Löhne in den PIIGS ist eine "gesunde" Marktreaktion auf sinkende (Bauarbeiter-)Nachfrage. Hingegen wär das Steigen der Löhne in D. bei stagnierender Wirtschaft "artifiziell". Der Markt gibt das eigentlich nicht her. Man kann daher mMn sagen, dass die Lohn-Inflationierung in D. (Daiphong) letztlich nur eine weichgespülte Variante des Draghi-Gelddruckens (= Zentralbank-Inflationierung) ist. Sie lässt sich lediglich politisch (in SPD-Kreisen ;-)) besser verkaufen. In beiden Fällen wird aber gegen den Markt gehandelt.
Zusammenfassend kann man sagen, das sowohl die Zentralbank-Inflationierung als auch die (Nord-)Lohn-Inflationierung Krücken-Konstruktionen sind, um die "Fehlgeburt Euro" noch ein wenig weiter über die Runden zu retten. Ginge es nach dem freien Markt, wäre der Euro schon längst tot.
3. Eine wesentlich tragfähigere Lösung wäre, den Euro abzuschaffen und den PIIGS die Wiedereinführung ihrer Landeswährungen - samt deren Inflationierung - zu ermöglichen. Dies hätte einen Reallohn-Abbau in den PIIGS zur Folge. Das ist letztlich das Gleiche wie oben (1). Politisch jedoch ist es leichter umsetzbar - und es verletzt auch weniger das dortige Anspruchsdenken. Die Spanier müssten sich dann eingestehen, mit ihrer wenig produktiven (außer Hausblasen) Wirtschaft kollektiv gescheitert zu sein. Sie ist jedenfalls nicht stark genug für die Anbindung an eine Hartwährung. Die neue Pesete samt deren Wertverfall wäre dann das "Aushängeschild" der niedrigeren spanischen Produktivität. Mithin eine komplett marktkonforme Lösung. Die schwächer werdende Pesete würde dann aber zugleich einen Ausgleich durch stärkere Exporte schaffen - was Austeritäts-Lohnkürzungen NICHT zur Folge haben.
Es ist für einen Spanier letztlich egal, ob deutsche Waren für ihn teurer werden, weil er weniger Lohn in Euro erhält (= 1) oder ob er den (anfangs nominal) gleichen Lohn in einer immer stärker inflationierenden Pesete erhält (= 3).
Eines von beiden ist jedoch ein Muss. Dass in D. die Löhne steigen, obwohl die Wirtschaft nicht wächst, ist hingegen KEIN Muss. |