"Auch hier dienen Kissingers Argumente als Meinungsbildner: Die westlichen Verbündeten hätten ihre wesentlichen Ziele schon erreicht, meint Kissinger. Der Aggressor Wladimir Putin sei aufgehalten und schwer geschwächt worden."
A.L.: Wenn "wesentliche Ziele schon erreicht" sein sollen, stellt sich die Frage, worin genau diese Ziele eigentlich bestanden. Was wollte der Westen, was wollten speziell die Amis?
Meine Interpretation: Die Baerbock/Malko/Fill-Illusion, die größte Atommacht der Welt mit ein paar ausgedienten Panzern besiegen zu wollen, ist genau das: eine Illusion.
Und da im Pentagon keine geistig Beeinträchtigten sitzen, werden sie dieser Illusion auch niemals ernsthaft angehangen haben.
Was Baerbock und Co. da "halbstark" rausposaut haben, ist nur eine primitive, gleichwohl sorgsam orchestrierte Begleitkampagne zur US-Geostrategie. Sie knüpft an die gängige Volkszorn-Weisheit "Auge um Auge, Zahn um Zahn" an. Damit kann jeder heimlich seine Kinder prügelnde Grün-Vater etwas anfangen.
Die Baerbock-Propaganda "Wir müssen die Russen militärisch besiegen" hat - entgegen auch der veröffentlichen Meinung unserer Leidmedien - NULL Chance auf Realisierung.
Vielmehr muss das, was in der Ukraine und in Europa gelaufen ist, im Kontext der tatsächlichen geostrategischen Ziele der USA gesehen und bewertet werden.
Kommen wir also zurück zur aktuellen Ami-Interpretation, wonach "die wesentlichen Ziele schon erreicht" sind.
Diese Ziele bestanden mMn NICHT darin, Russland militärisch zu bezwingen - hier klafft also eine große Lücke zwischen dem, was die Amis tatsächlich woll(t)en, und dem, was ihre Propagandisten vor Ort rausposaunen. Das Hauptziel war vielmehr, Russland (wie auch später China) politisch zu isolieren - und in Umsetzung der Brzeziński-Doktrin Russland und Europa auch ökonomisch voneinander abzukoppeln.
Die Betonung des "grausamen, brutalen Angriffskrieg" der Russen - obwohl er faktisch wohl deutlich schonender verlief als etwa der US-Irak-Krieg 2003 -, war lediglich ein Aufreger-Vorwand, um "empört" die Wirtschaftssanktionen aussprechen zu können, die das eigentliche Ziel der Amis waren.
Baerbock und Co. haben bzw. hatten nur die propagandistische Aufgabe, diese Empörung gezielt zu steigern und zu übersteigern, damit DIE EIGENTLICHE Schweinerei der US-Geostrategie gar nicht erst ins Bewusstsein der Deutschen (und Europäer) dringen kann bzw. von diesen politisch hinterfragt wird. Denn die Sanktionspolitik schadet ohne jeden Zweifel der deutschen Wirtschaft. Gestern hab ich hier Zahlen zitiert, wonach der Wohlstandsverlust pro Kopf in D. letztes Jahr bei 2000 Euro gelegen haben soll. Real war er womöglich noch höher. Hinzu kommt die durch den Krieg und die resultierende Energieknappheit losgetretene hohe Inflation, die niemand in D. (außer z. B. die Lebensmittelindustrie) wirklich will. Vor der hohen Inflation haben auch Jungwähler laut Befragungen "große Angst" (ähnlich groß wie Angst vor Klimawandel).
Es gibt infolge des Ukraine-Kriegs (der bekanntlich nicht "vom Himmel fiel", sondern in erlauchten Kreisen seit mindestens 25 Jahren "intern" als geostrategische Ziel des Westens diskutiert wird) also jede Menge ökonomische Kröten zu schlucken, und damit dieser Sud ohne sauer aufzustoßen runtergeht, muss eben mit gezielt entfachter "Empörung" ein Ersatzgenussmittel zur besseren Verdaulichkeit ergänzt werden. Ein Empörungs-Nahrungsergänzungsmittel zum bekömmlicheren Krötenschlucken.
Nach den tatsächlichen Ursachen der Krieges soll am besten gar nicht erst gefragt werden, denn das weckt nur schlafende Hunde. Am besten klappt es mit gezielter Empörung, wenn man ununterbrochen vom "grausamen, völkerrechtswidrigem russischen Angriffskrieg" spricht, was ja auch die Qualitätsmedien bis zum Erbrechen taten.
Da das eigentliche Ziel der Amis das Aussprechen der Sanktionen samt deren ökonomischen Folgen (für sie positiv, für Europa negativ) war, sind die strategischen Ziele der Kriegs in der Tat bereits erreicht.
Die Amis interessieren sich - jenseits der Selensky-Umarmungs-Seifenoper in Washington, die Teil des beidseitigen Clown-Programms sind - NICHT DIE BOHNE für das Schicksal der Ukraine oder der Ukrainer. Das Land ist für die US-Industrie in erster Linie ein "Business", wo man Agrarland kaufen kann, Gas- und Ölindustrie privatisieren und aus all dem "schönen Profit rausziehen" kann. Waffenlieferungen bringen ebenfalls viel Geld.
Den Ukrainern wird freilich vorgegaukelt, dass die Ver-zig-fachung der Gaspreise seit Janukowitsch ein Vorteil für sie ist, weil sonst eben auch der Einzug der sonstigen westlichen Zivilisation und Kultur (McDonald's, Disney, Monsanto, Ford, Genera Electric, Big Pharma) nicht möglich wäre. Da muss man auch schon mal kleinere Opfer "für das Gelingen des großen Ganzen" bringen.
Dass die Ukraine durch Kissingers Friedensplan faktisch deutlich kleiner wird, nämlich um den Donbass, interessiert die Amis auch nicht wirklich, eben weil sie die Ukraine (bzw. deren Westgebiete) nur geostrategisch als potenzielle Nato-Basis sowie als Objekt neoliberaler Ausbeutung interessiert.
So gesehen haben mit Kissingers Friedensplan auch die Russen einen Großteil ihrer Kriegsziele realisiert. Sie haben den Donbass, die reichste Region der Ukraine, besetzt, und mit dem Einfrieren der Grenzen auf jetzigem Stand würde dies mit Ami-Billigung zur grenzlichen Dauerlösung. Die russische Angriffskrieg brachte den Russen somit Territorialgewinne, obwohl dies gemäß Baerbocks Empörungs-Doktrin "unbedingt vermieden" werden sollten.
Der Preis, den die Russen dafür zahlen, ist ihre ökonomische Isolierung vom Westen und das mögliche Ende von Nord Stream. Aber dafür ist im Gegenzug auch die Dauer-Stänkerquelle weg: Kiew hatte die Donbass-Bewohnern seit 2014 mit Schikanen aller Art - vom Verbot von Russisch als 2. Amtssprache bis zu jahrelangem Artilleriebeschuss - malträtiert und nach russ. Angaben dabei sogar 14.000 Menschen getötet.
Kissingers "eingefrorenen Grenzen auf jetzigem Stand" sind somit - aus Sicht der beiden Großmächte, die ja die eigentlichen Kriegsparteien in der Ukraine sind - eine Win-Win-Lösung.:
- USA erreicht seine strategischen Hauptziele, dass 1. die Rumpfukraine in die Nato kommt und 2. die Wirtschaftssanktionen gegen Russland in hohem Umfang umgesetzt werden konnten.
- Russland behält - nun "amtlich gesichert" - seine eisfreien Häfen auf der Krim und bekommt den wirtschaftlich starken und rohstoffreichen Donbass hinzu. Damit haben auch die Russen ihre eigentlichen Kriegsziele erreichte. Dass dies zu den harten Sanktionen führen wurde, war absehbar, wurde aber im Gesamtkalkül berücksichtigt.
Sämtliche Empörungs-Propagandaziele, etwa die Russen "bis Silvester aus der der Ukraine zu vertreiben" (Selensky & Baerbock-Geschwafel) können damit ad acta gelegt werden. Die geschürte Aufregung war - wie gesagt - nicht umsonst, denn sonst hätte Europa besagte Wohlstandkröten nicht so artig geschluckt. |