Erstens: Scholz nimmt Rücksicht auf die SPD, besonders deren linken Flügel. Der Kanzler will alles vermeiden, um „nicht wie Schmidt und Schröder an der eigenen Partei zu scheitern“. So erklärt es der Politikwissenschaftler Thomas Jäger, der regelmäßig für FOCUS online schreibt. Tatsächlich gerät Scholz zwar unter Druck in seiner Regierung, aber daran ist die SPD nicht beteiligt. Solange das auch so bleibt, muss Scholz sich auch in der Panzerfrage nicht bewegen, jedenfalls nicht als erster. Zweitens: Scholz nimmt Rücksicht auf Russland, genauer: Der Kanzler versucht, die russische Unberechenbarkeit in sein Handeln einzukalkulieren. Wobei: Sind die Russen so unberechenbar? Keine einzige Waffen-Entscheidung Deutschlands und des Westens hat Russland zu mehr genutzt als Drohgebärden. Russland hat in seinem Krieg stets „eskaliert“ – aber immer „nur“ in der Ukraine, nie in Richtung Westen. Gleichwohl: Jede Waffenlieferung bedeutet eine neue Stufe. Erst war die Lieferung in ein Kriegsgebiet ein „No-Go“, dann die Lieferung „schwerer Waffen“, dann die von Panzern, nun ist es die von Kampfpanzern. Scholz' Taktik ist: Stop and Go. Und nicht: All in. Deshalb sind aber auch Kampfpanzer nicht die letzte Stufe. ...
Drittens: Scholz macht Druck auf die Amerikaner – augenscheinlich erfolgreich. Ohne US-Kampfpanzer keine deutschen Kampfpanzer, darüber sprach Scholz am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos mit Seth Moulton, einem Mitglied des Repräsentantenhauses. Der wiederum sprach sich danach dafür aus, einige Abrams-Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern, damit Europa im großen Stil die Ukraine mit Leos versorgt. So äußerte sich auch der einflussreiche republikanische Senator Lindsay Graham: „Liefert Panzer, damit andere unserer Führung folgen“. Mit „andere“ ist Scholz gemeint. Überhaupt ist die bisherige, logistisch begründete Weigerung der Amerikaner, Abrams in die Ukraine zu liefern, fadenscheinig.
Schließlich liefern die Amerikaner ihre Abrams-Kampfpanzer nach Polen – das Land hat 366 Stück geordert, 250 neue und 116 gebrauchte. Weshalb die Polen mit den Abrams klarkommen, die Ukraine aber nicht, muss man auch erstmal verstehen.
https://www.focus.de/politik/ausland/...it-den-leos_id_183827306.html |