Rot-Grüne Chaoschronik 2002-2006:
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neuester Beitrag: 18.09.05 23:03
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eröffnet am: | 22.09.02 22:29 von: | SchwarzerLo. | Anzahl Beiträge: | 3405 |
neuester Beitrag: | 18.09.05 23:03 von: | Karlchen_I | Leser gesamt: | 168280 |
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Rabatz bei Rot-Grün
Die Nervosität im Regierungslager wächst, der Ton wird schärfer: Während die Grünen endlich klare Reformen fordern, sieht SPD-General Olaf Scholz keinen Handlungsbedarf
Aus ihrem Verdruss über die SPD macht die grüne Fraktionssprecherin Katrin Göring-Eckardt keinen Hehl. „Jeder weiß, Reformen sind nötig“, ruft Göring-Eckardt den thüringischen Grünen auf ihrem Landesparteitag am Samstag zu. „Nur einer weiß es nicht: Der Generalsekretär Olaf Scholz.“ Die Delegierten applaudieren. Der Unmut über den Koalitionspartner in Berlin ist groß. Göring-Eckardt trifft die Stimmung, als sie in das Mikrophon hämmert: „Herr Scholz, wir werden Ihnen Beine machen!“
Gut zwei Monate nach der Bundestagswahl ist das rot-grüne Einerlei passé, kein Wort mehr von der Epoche, die gemeinsam gestaltet werden soll. Während die grünen Minister derzeit wenig Angriffsfläche bieten, ist der Ärger über Hans Eichel und Ulla Schmidt groß. Außerdem legen die Grünen in Umfragen zu, die SPD dagegen stürzt ab.
Die Grünen zeigen sich zunehmend gereizt über das Erscheinungsbild der Sozialdemokraten. Nahezu tägliche Pannen lassen das Regierungshandeln konfus erscheinen. Der Höhepunkt: Der Umgang mit dem israelischen Wunsch nach „Fuchs“-Transportpanzern. In der Rentenpolitik mangelt es ebenso an einer Leitlinie. Seitdem das Hartz-Konzept eben nicht eins zu eins umgesetzt wurde, nimmt die Bedeutung der Rürup-Kommission ab, ehe sie sich konstituiert hat. Die saarländische SPD fordert am Wochenende die Abschaffung der Wehrpflicht. Über Hans Eichels Rücktritt wird spekuliert, dieser dementiert. Sigmar Gabriel wie Gerhard Bökel, die am 2. Februar bei den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen antreten, können die Hiobsbotschaften aus Berlin nicht mehr hören.
Schwer angeschlagen startet die Koalition in die Haushaltswoche des Bundestages. Häme und Spott werden sich SPD und Grüne am Mittwochvormittag anhören müssen, wenn mit den Beratungen zum Etat des Kanzleramtes die traditionelle Generaldebatte ansteht. Eine schlechte „Kommunikation“ gestehen gar Gerhard Schröder („Natürlich hätte das eine oder andere auch kommunikativ besser laufen können“) und Franz Müntefering („Wir hatten ein Problem mit der Darstellung“) ein. Was in etwa bedeutet: Wir leiden doch selbst unter unserer miserablen Performance! Gleichwohl hofft man in der SPD, dass der Tiefpunkt ihrer Depression erreicht ist. Mit dem Ruf nach einem Untersuchungsausschuss zum „Wahlbetrug“ sei die Union über das Ziel hinaus geschossen, machen sich Sozialdemokraten Mut. Müntefering jedoch prophezeite intern jedoch schon vor 14 Tagen: „Alles wird gut...“.
Davon kann bis heute keine Rede sein. Die Nervosität in den eigenen Reihen ist groß. Täglich neue Forderungen unterschiedlichster Art zeichnen das Bild einer zerstrittenen Partei. „Weniger für den privaten Konsum – und dem Staat Geld geben, damit Bund, Länder und Gemeinden ihre Aufgaben erfüllen können“, verkündet Müntefering im „Tagesspiegel“ die Maxime der Regierung. Was mögen davon die wackeren Wahlkämpfer, allzumal zur Weihnachtszeit, halten?
Vom Ziel, mit einer weiteren Kommission Ruhe an der Rentenfront zu bekommen, ist die Koalition ohnehin meilenweit entfernt. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz pflegt derweil den Ruf der SPD als Partei von Besitzstandswahren und Strukturkonservativen, wenn er verkündet: „Vor dem Jahr 2010 gibt es keinen Handlungsbedarf.“ Jüngere Sozialdemokraten sehen das anders. Erst Anfang November hatten sich 40 SPD-Abgeordnete von ihrem Fraktionschef Müntefering versichern lassen, das Rentensystem werde grundsätzlich debattiert. „Wir lassen alles so wie es ist – das kann nicht funktionieren“, sagt die Abgeordnete Nina Hauer. Scholz hingegen meint: „Alle Rentenexperten sind der Ansicht, dass vor den Jahren 2010 oder 2015 keine strukturelle Reformen wirksam werden müssen.“ Das hindere die Regierung jedoch nicht, „Reformen im nächsten Jahr für das Jahr 2010 oder 2015 auf den Weg zu bringen“. Er verweist auf die Vorschläge der Rürup-Kommission, die im Herbst kommenden Jahres erwartet werden. Scholz zur WELT: „Viel spricht also dafür, jetzt cool zu bleiben. Einen hektischen Handlungsbedarf gibt es nicht.“
Die SPD rümpft derweil die Nase über den grünen Koalitionspartner, der die Rolle des Reformmotors der Regierung allzu gern für sich beansprucht. Scholz warnt den Juniorpartner: „Wir akzeptieren keine Arbeitsteilung, wonach die einen für Reformen zuständig sind und die anderen nicht. Ich rate den Grünen, dies zu beachten.“ Die SPD habe die Rente reformiert und reformiere „entschiedener als alle anderen“. Und, mit Fingerzeig auf die 8,6-Prozent-Partei, stichelt Scholz: „Viele diskutieren nur, erreichen aber nicht einmal einen Konsens, der von zehn Prozent der Bevölkerung getragen wird.“
Die Grünen werden ihrerseits nicht müde, Giftpfeile in Richtung der SPD abzuschießen. „Peinlich“ habe die Regierung agiert, beklagt der grüne Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei das Hickhack um die Anfrage Israels nach Transportpanzern. Doch jenes Hin und her geht fröhlich weiter, zumal innerhalb der SPD. Der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Hans Georg Wagner (SPD), erteilt dem Ansinnen der Regierung Scharon eine Absage. Reinhold Robbe (SPD), immerhin Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, plädiert für die Lieferung: „Israel hat ein besonderes Schutzbedürfnis, das nicht theoretisch, sondern ganz real ist.“
Mit den Wahlen in Niedersachsen und Hessen nimmt der ohnehin schon starke innerparteiliche Druck in der SPD zu. Der hessische Spitzenkandidat Gerhard Bökel will alle Berliner Reformen bis Weihnachten unter Dach und Fach sehen – was wenig realistisch erscheint. In Niedersachsen kämpft Ministerpräsident Gabriel um sein politisches Überleben. Von der letzten absoluten Mehrheit müsse man sich ohnehin verabschieden, hieß es schon vor der Bundestagswahl in der SPD-Spitze. Gabriel stapelt tief, indem er offiziell ein Ergebnis von 44 Prozent anpeilt (siehe Interview). 1998 holte Gerhard Schröder vier Prozent mehr. „Gabriel gehört an die grüne Leine“, frohlockt bereits Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne).
Dabei stehen Gabriel wie Bökel an einem für sie denkbar ungünstigen Termin zur Wahl: Ein Streik im öffentlichen Dienst ist Anfang Februar gut möglich. Sigmar Gabriel weiß das und tobt, wenn er das Wort „Nullrunde“ hört. Zudem halten die Arbeitnehmer wenige Tage vor dem 2. Februar ihren ersten Gehaltszettel des neuen Jahres in der Hand – und sehen schwarz auf weiß, was etwa die Erhöhung des Rentenbeitrags kostet.
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The SPD has always been a party which looks beyond the borders of Germany. We are committed to peace throughout the world and to the peaceful co-existence of all people.
Above all, the SPD has a particular association with the European integration process. I am convinced that only a unified Europe can offer its people peace, social security and prosperity.
We are assuming responsibility for the global development process beyond Europe's borders. Our aims continue to be combating poverty in the world and creating social opportunities for all.
I would like to invite you to browse these pages and gain information about the SPD and our policies.
Yours
Gerhard Schröder
Chairman of the SPD
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Was mir etwas Sorge bereitet ist der Flirt der CDU mit den Grünen.
Aus meiner Sicht heisst das politische Problem SPD wegen wirtschaftlicher Inkompetenz...die momentane Misere ist ja kein Zufall sondern ein Produkz von Rot/Grün.
Die wirklich schlechten Leute sitzen aber bei den Grünen.
Sie verstecken sich noch hinter ihrem Ehrlichkeitsbonus, gieren aber schon voll auf die Privilegien. Die Grünen sind der PDS sehr ähnlich. Das ist nach aussen hin allerdings nur gering sichtbar.
Deshalb braucht die CDU keinen Partner der kommunistisch motiviert ist.
Gruss TK
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EU stoppt die Tabakwerbung
sce/pes/beu BRÜSSEL/DÜSSELDORF. Der EU-Ministerrat hat ein umfassendes Tabak-Werbeverbot beschlossen. Nach Informationen des Handelsblatts aus deutschen Regierungskreisen wird Berlin gegen die Regelung klagen. Werbewirtschaft und Verleger werfen der EU Kompetenzüberschreitung vor und befürchten Milliardenverluste.
Die zuständigen Minister einigten sich am Montag in Brüssel darauf, dass in Zeitungen und Zeitschriften, im Radio, im Internet sowie bei internationalen Sportveranstaltungen – etwa Formel-1- Rennen – nicht mehr für Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse geworben werden darf. Die Staaten müssen die Richtlinie bis zum 31. Juli 2005 umgesetzt haben. Für die Tabakwerbung bei Sportveranstaltungen gilt eine Übergangsfrist bis zum 1. Oktober 2006. Im Europäischen Parlament hatte die Richtlinie bereits eine Mehrheit gefunden.
Erlaubt bleibt die Tabakwerbung auf Plakatwänden und in Kinos. Auch die Produktwerbung für Reisen, Schuhe oder Kosmetika, die die Tabakmarken auf den Markt bringen, ist von dem Verbot nicht betroffen. Fernsehwerbung ist schon seit den 70er-Jahren in Deutschland verboten.
Im Ministerrat stimmten nur Deutschland und Großbritannien gegen den Vorschlag. In deutschen Regierungskreisen hieß es gestern, man werde vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Richtlinie klagen.
Nach Ansicht der deutschen Seite überschreitet die EU mit dem Tabakwerbeverbot ihre Regelungskompetenz. Es sei sehr fraglich, „ob die EU ein Mandat hat, in den nationalen Werbemarkt einzugreifen“, sagte Verbraucherschutz-Staatssekretär Alexander Müller. Allein der Präzedenzcharakter für weitere Werbeverbote sei ein Klagegrund.
Einen ähnlichen EU-Beschluss hatte der EuGH auf Antrag Deutschlands im Oktober 2000 zu Fall gebracht. Die Richter entschieden damals, dass die EU in der Gesundheitspolitik nur begrenzte Kompetenzen habe.
Medienbranche und Werbeindustrie gehen davon aus, dass es nicht bei einem Tabakwerbeverbot bleibt. Sie befürchten vielmehr eine Verbotslawine für weitere Produkte. So werden nun nach Einschätzung des Zentralverbandes der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW) Werbeverbote für alkoholische Getränke, Spielzeug, Süßwaren, Autos und rezeptfreie Medikamente immer wahrscheinlicher. Das könnte nach Angaben von ZAW-Sprecher Volker Nickel für die Medien, die Agenturen und die Werbemittelproduktion in Deutschland Einnahmeverluste von 4,67 Mrd. Euro bedeuten. Ein Arbeitsplatzabbau in der Kommunikationsbranche sei die Folge. Nickel bezeichnete den Brüsseler Entschluss als „Eingriff in die Kommunikationsfreiheit“.
Besonders die deutschen Zeitschriftenverleger sind von einem Ausfall der Tabakwerbung betroffen. Sie erzielen mit Tabakanzeigen jährlich Einnahmen von rund 50 Mill. Euro, das entspricht etwa einem Prozent ihrer gesamten Werbeeinnahmen. „Wir sind über die Entscheidung sehr enttäuscht“, so Wolfgang Fürstner, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger. Tageszeitungen sind von dem Werbeverbot nur am Rande betroffen: 4,6 Mill. Euro von im Jahr über 5,6 Mrd. Euro Werbeeinnahmen würden den Zeitungsverlagen laut ZAW entgehen.
Beim Hamburger Zigarettenhersteller BAT Germany (HB, Lucky Strike, Pall Mall) hieß es, die Richtlinie sei „völlig überflüssig“. Mit dem Verbot der Printwerbung werde dem Wettbewerb unter den Zigarettenmarken ein wesentliches Element entzogen. Dies bedeute die Zementierung von Marktstrukturen.
Quelle: http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/.../0/depot/0/index.html
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„Im Winter deutlich mehr als vier Millionen Arbeitslose“ – Union fordert Rücktritt des Finanzministers
Berlin - Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hat neue Einschnitte in die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland angekündigt und Vorwürfe der Opposition zurückgewiesen, die Öffentlichkeit über die kritische Lage des Bundeshaushalts getäuscht zu haben. Die geplanten Kürzungen bei der Arbeitslosenhilfe um 2,9 Milliarden Euro würden nicht die einzigen Einschnitte in die sozialen Sicherungssysteme bleiben, sagte er gestern in der Haushaltsdebatte des Bundestages. In dem von der Union beschlossenen Untersuchungsausschuss werde sich zeigen, dass er alle Zahlen rechtzeitig veröffentlicht habe.
Eichel bekräftigte das Ziel, im Jahr 2006 im Gesamthaushalt ohne neue Schulden auszukommen und 2003 die Defizitquote wieder unter drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes senken zu wollen. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Wim Duisenberg, äußerte Zweifel an dieser Ankündigung. Die Opposition warf Eichel erneut vor, die Öffentlichkeit vor den Wahlen getäuscht zu haben, und forderte seinen Rücktritt. Eichel zeichnete ein düsteres Bild für den Arbeitsmarkt: „In diesem Winter wird die Arbeitslosigkeit wieder deutlich über vier Millionen steigen.“ Für 2002 will der Bund die vorgesehene Neuverschuldung um 13,5 Milliarden Euro auf 34,6 Milliarden Euro ausdehnen. Das ergibt nach Angaben Eichels eine Defizitquote von rund 3,75 Prozent. Die vom Bund für 2003 geplanten Ausgaben belaufen sich nach dem Entwurf auf 247,9 Milliarden Euro. Die Neuverschuldung wurde gegenüber dem ursprünglichen Entwurf um 3,4 Milliarden auf 18,9 Milliarden Euro erhöht.
Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) warf Eichel erneut vor, die kritische Lage im Haushalt verschleiert zu haben: „Sie haben wahrheitswidrig die Öffentlichkeit getäuscht.“ Der Finanzminister hatte zuvor eine „Verrohung der politischen Sprache in diesem Lande“ beklagt. Merz wies die Vorwürfe zurück und verteidigte die geplante Einsetzung des Untersuchungsausschusses „Wahlbetrug“, die seine Fraktion am Vorabend beschlossen hatte.
Vertreter der Wirtschaftsverbände kritisierten ebenfalls den Entwurf Eichels. „Höhere Steuern und höhere Verschuldung in einer schwierigen Konjunkturlage verhindern, dass der Staat seine zu hohen Ausgaben nachhaltig reduziert. Doch Bürger und Unternehmer haben dabei das Gefühl, dass ihnen dafür das Fell über die Ohren gezogen wird“, sagte BDI-Präsident Michael Rogowski der WELT. DW/cbs
Artikel erschienen am 4. Dez 2002
Quelle: http://www.welt.de/data/2002/12/04/22239.html
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Es fehlt die klare Linie
In der vergangenen Legislaturperiode konnte sich Gerhard Schröder auf zwei Amtsinhaber verlassen, auf ihre Loyalität und auf ihre Fähigkeit, durch das Schaffen von Ordnung im eigenen sozialdemokratischen Revier das Vereinbarte durchzusetzen. Der Fraktionsvorsitzende (damals Peter Struck) und der SPD-Generalsekretär (damals Franz Müntefering) sorgten verläßlich dafür, daß Fraktion und Partei den Regierungskurs stützten. Wer immer Widerworte fand, wurde in die Ecke des Querulantentums gestellt. Wer Widerworte finden wollte, unterließ das entweder in vorauseilendem Kalkül oder brachte es nur im allervertraulichsten Kreise vor oder kleidete seine Kritik in Lob für den Kanzler. Auch die Ministerpräsidenten der SPD standen Schröder bei. Diese Zeiten sind vorbei - erstaunlicherweise nach einem Wahlerfolg, der im September noch in der Partei in erster, zweiter und dritter Linie dem Kanzler und Parteivorsitzenden zugeschrieben wurde.
Es ist ein außergewöhnlicher Vorgang gewesen, der sich am Wochenbeginn im SPD-Präsidium abgespielt hat. Schröder übte sich im Rundumschlag, im Umsichschlagen - eine Taktik, die derjenige anwendet, der sich umzingelt sieht. Der General ging gegen seine ersten Offiziere vor. Schröder kritisierte genau jene Politiker, deren Auftrag es nach seinem Verständnis ist, politisch Ordnung und Disziplin herzustellen. Er rüffelte die, die in normalen Zeiten selbst die parlamentarischen Einpeitscher zu sein haben. Es war eine doppelte Kritik: Auf der einen Seite zielte sie gegen die Undisziplinierten, auf der anderen bemängelte sie zugleich die Arbeit der Disziplin-Beauftragten. "Am Anfang hatte ich klarzustellen, daß diese Art von Kakophonie, die man gelegentlich am Wochenende aus den eigenen Reihen - und das betrifft die SPD genauso wie die Koalition - zur Kenntnis zu nehmen hat, der gemeinsamen Politik absolut unzuträglich ist." Gemeint waren - mindestens - der Fraktionsvorsitzende (nun Müntefering) und der Generalsekretär (nun Scholz), dazu noch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt.
Die wirkten nicht sonderlich betroffen. Müntefering erläuterte, weshalb er für die Erhebung von Steuern "zielgerichtet für eine Aufgabe" sei (Vermögensteuer/Bildungspolitik). Scholz sagte, er könne gar nicht gemeint sein, weil er mit seiner Bemerkung, in der Rentenpolitik bedürfe es bis 2010 keiner grundsätzlich neuen Regelungen, einen neuen Vorschlag gerade nicht gemacht habe. Die Grünen-Politikerin Künast setzte Schröder wenig respektvoll ein "Insofern hat der Kanzler mal wieder recht" entgegen.
In der SPD und in der Koalition geht es derzeit um die politische Autorität Schröders, um seine Führungsfähigkeit und um seine Handlungsfähigkeit. Das Vertrauen in den eigenen Reihen, wie er es richte, sei es gut, wird ihm nicht mehr wie selbstverständlich entgegengebracht. Er hat es noch nicht ganz verloren. Doch die Zweifel wachsen. Es wachsen die Ungereimtheiten, und es gilt auch die Erfahrung, daß das, was nach außen dringt, nur ein beschönigter Schein von der Wirklichkeit ist.
Vor allem die Zusammenarbeit zwischen Schröder und Müntefering ist nicht mehr reibungslos. Schröder sagte - ausdrücklich als Kanzler und Parteivorsitzender zugleich -, er sei gegen die Einführung der Vermögensteuer. Müntefering widersprach mehrfach, auch am Wochenende und sogar nach dem "Machtwort" Schröders vom Montag. Der Parteivorsitzende stellte sich gegen das Vorhaben der SPD-Ministerpräsidenten, mittels der Vermögensteuer bildungspolitische Projekte zu finanzieren. Der Fraktionsvorsitzende sicherte den Landesherren dagegen die Unterstützung der Fraktion zu. Als die Bundesregierung jüngst die Einsetzung einer Kommission zur Reform des Sozialversicherungssystems beschloß, setzten Müntefering und die Fraktionsführung dem eine eigene Arbeitsgruppe zum selben Thema entgegen. Scholz' Bemerkung zur Rentenpolitik zeigte, daß auch der SPD-Generalsekretär Zweifel am Nutzen der Rürup-Kommission hat.
Viele Führungsleute in der SPD sagen, besser wäre es gewesen, Schröder hätte nach der Bundestagswahl ein paar Tage entspannt. Übersetzt heißt das, ihm mangele es derzeit an Führungskraft und Durchsetzungsfähigkeit. Die Politik der Bundesregierung müsse besser erklärt werden, lautet es weiter aus den eigenen Reihen. Das bedeutet: Es fehlt die klare Linie. Es sei in den Koalitionsverhandlungen zuviel zu schnell und zu "fiskalistisch" geregelt worden, ist ein weiterer Konsens im sozialdemokratischen Führungskreis. Übersetzt heißt das: Die Planung der zweiten Amtszeit der rot-grünen Koalition war unzureichend und in vielerlei Hinsicht unpolitisch vorbereitet worden.
Die Ministerpräsidentin Simonis fordert von Schröder eine "Blut-Schweiß-Tränen-Rede". Der lehnt das ab und kritisiert die Wortwahl. Schleswig-Holstein wiederum stimmte im Bundesrat dem Hartz-Konzept nicht zu. Ministerpräsident Gabriel aus Niedersachsen treibt seinen Wahlkampf - wenigstens vorläufig - ohne Schröder voran. In der Bundestagsfraktion tragen die Abgeordneten vor, was ihnen aus dem Volk zugerufen wird. Auch sie warten auf Klarheit und Wahrheit. Insofern wunderten sie sich, daß Schröder nach seinem "Machtwort" im Parteipräsidium nicht in der Bundestagsfraktion erschienen war. Sie wollen es mit Inhalten und Zielen gefüllt sehen.
Erstmals in seiner Zeit als Bundeskanzler ist - wiederum im eigenen Lager - die Rede davon, Schröder sei abgetaucht. Nun gibt es die Hoffnung, mit den Rügen vom Montag und seiner Bundestagsrede an diesem Mittwoch werde er die Mattheit seiner Regierungserklärung von Ende Oktober vergessen machen und seine zweite Amtszeit als Bundeskanzler mit einem neuen Anfang versehen. Doch das kann nicht eine Rede allein. Schröder kämpft an vielen Fronten.
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Deutlich mehr Menschen ohne Job
Der November hat offenbar keine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt gebracht. Im Gegenteil: Die Zahl der Arbeitslosen soll saisonbereinigt unerwartet deutlich gestiegen sein.
Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert informierte Kreise, wonach es im November saisonbereinigt rund 35.000 Erwerbslose mehr gegeben hat. Sie beziehen sich auf Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit (BA). Die BA stellt die offiziellen Zahlen am Mittwoch in Nürnberg vor. Der für die Jahreszeit übliche Anstieg der Arbeitslosigkeit im November sei fast dreimal so stark ausgefallen wie im Schnitt der vergangenen zehn Jahre, hieß es. Im Vergleich zum November 2001 seien 237.000 Arbeitslose mehr registriert worden.
Die Arbeitslosigkeit lag damit deutlich höher als von Experten erwartet. Analysten hatten im Schnitt einen bereinigten Anstieg um 17.600 erwartet. Experten waren davon ausgegangen, dass die milde Witterung im November den Anstieg der Arbeitslosigkeit gedämpft habe.
Starker Rückgang der Lehrstellen
Die unbereinigte Arbeitslosenzahl legte im Vergleich zum Oktober um 96.000 auf 4,026 Millionen Erwerbslose zu und könnte im Februar 2003 auf mehr als 4,5 Millionen steigen. Die bundesweite unbereinigte Arbeitslosenquote betrug damit 9,7 Prozent nach 9,4 Prozent im Oktober. Sie erreichte damit den Angaben zufolge den höchsten November-Stand seit 1997.
Auch am Ausbildungsmarkt wurde die Lage kritischer. Die Zahl betrieblicher Lehrstellen sei im Vergleich zum November vorigen Jahres um fast 15 Prozent zurückgegangen, hieß es aus informierten Kreisen. Bundesweit gebe es derzeit über 43.000 mehr Lehrstellenbewerber als offene Ausbildungsplätze.
Die Bundesregierung registriere mit Sorge eine sinkende Ausbildungsbereitschaft der Betriebe, hieß es dazu in Regierungskreisen. Im Osten Deutschlands fehlten über 50.000 Lehrstellen. Bildungsministerin Edelgard Bulmahn stehe daher mit ostdeutschen Ländern in Gesprächen, die Zahl der Plätze im Ausbildungsprogramm Ost zu erhöhen.
© 2002 Financial Times Deutschland
Quelle: http://www.ftd.de/pw/de/1038869508241.html?nv=hpm
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CDU/CSU 50%
SPD 27% (-1)
B90/Grüne 11% (+1)
FDP 4% (-1)
PDS 4%
Sonstige 4% (+1)
Quelle: http://wahlrecht.de/umfragen/forsa.htm
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Schröder lehnt Vermögensteuer ab
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat sich gegen die Pläne einiger SPD-Länder zur Wiedereinführung der Vermögensteuer gewandt.
Berlin - Das Bundesverfassungsgericht habe die Steuer "aus guten Gründen" abgeschafft. "Dabei sollte es nach meiner Auffassung bleiben", sagte Schröder am Mittwoch in der Aufzeichnung der ZDF-Sendung "Was nun...?" in Berlin.
Die Vermögensteuer sei "sehr arbeitsaufwendig" zu erheben. Es sei zudem falsch, sie auf Betriebsvermögen auszudehnen. Entsprechende Einwände von Unternehmen müssten sehr ernst genommen werden, betonte Schröder. Klammere man die Betriebe aus, lohne sich es aber kaum, die Steuer zu erheben. Schröder räumte allerdings ein, dass die Vermögensteuer in der Entscheidungskompetenz der Länder liege.
Auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer wird es nach den Worten des Kanzlers nicht geben: "Die Bundesregierung schließt eine Erhöhung der Mehrwertsteuer aus."
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Absurder Vorschlag von Gabriel, dem Hoffnungsträger aller Gewerkschaftsmitglieder, Beamtenfeinde und Dampfplauderer, lautet schlicht und ergreifend: Wandelt die gesetzlichen Kassen einfach in staattliche Krankenkassen um. So wird die Lufthoheit über die Kinderbetten realisiert.
Auszug aus der FTD:
"Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel sprach sich ebenfalls für Eigenbeteiligung der Versicherten aus. "Gut überdachte Formen von zumutbarer Eigenbeteiligung - ausgenommen bei chronisch Kranken - rufen allen wieder die Kosten ins Gedächtnis zurück", schrieb der Ministerpräsident im "Stern".
Zudem plädierte er für Steuerzuschüsse, um die Finanznot der Kassen in den Griff zu bekommen. Diese zwingt wahrscheinlich auch knapp jede dritte AOK ab Januar zu Beitragserhöhungen. Das klassische Beschäftigungsverhältnis reiche als Bemessungsgrundlage für deren Einnahmen künftig nicht mehr aus. Über Steuern würden alle Menschen in Deutschland entsprechend ihrer individuellen Wirtschaftskraft an der Finanzierung beteiligt."
Quelle: http://www.ftd.de/pw/de/1038999460167.html?nv=hpm
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Mein persönlicher Favorit im Bundestag ist ja nach wie vor Müllermeister Glos. Der frißt sie alle, ist stets und zu jeder zeit in Topform und für ein kleines Späßchen zu haben:
[...]Schröders Pulsschlag hatte am Morgen der CSU-Politiker Michael Glos kräftig erhöht. Der gelernte Müllermeister, für seinen Wortwitz bekannt und gefürchtet, hatte mächtig zugelangt: Verteidigungsminister Peter Struck sei Schröders "Spürpanzer" in Washington, der Nato-Gipfel in Prag werde als Gipfel des "erschlichenen Händedrucks" in die deutsch-amerikanischen Beziehungen eingehen, Schröders Weg sei der vom "Champagner zum Leitungswasser, von Brioni zu Hennes und Mauritz". Als Glos den Amtsinhaber dann noch als einen "selbsternannten Staatsschauspieler" bezeichnete, war die Aufregung komplett und Schröder auf hundertachtzig.[...]
Gerd wäre ja fast die Birne geplatzt. Der saß in seinem Furzsesselchen wie in einem Bienenschwarm.
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Ich freue mich auch die nächsten Debatten! Heute hat es wirklich Spaß gemacht. Bis auf Müntefering, da kam mir die Galle hoch bei diesem frechen Gezetere.
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Der Löwe ist los
Von Michaela Schießl
Der Bundeskanzler geht in die Offensive. Erst legte er seinen redseligen Parteigenossen Maulkörbe an. Dann ersetzte er seine erwartete Blut-, Schweiß- und Tränen-Rede im Bundestag durch eine Attacke auf die Opposition. Und am Nachmittag ließ er seine erstaunte Partei wissen, er sei gegen die Vermögensteuer. Basta.
Haushaltsdebatte: "Murks und Dilettantismus"
Berlin - Am Mittwoch gelang Schröder das schier Unmögliche: Seine Parteifreunde waren sprachlos. Keine geschwätzigen Kommentare, keine verbalen Entgleisungen, keine Kakophonie. Die Genossen staunten still. Eiskalt hatte sie die Nachricht erwischt, der Kanzler habe sich in einem ZDF-Interview gegen die Wiedereinführung der Vermögensteuer ausgesprochen.
Da mochte mancher seinen Ohren nicht trauen. Noch wenige Stunden zuvor war die Marschroute in der SPD-Bundestagsfraktion und im Parteivorstand eine ganz andere gewesen. Demnach sollten die Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (Nordrhein-Westfalen) und Sigmar Gabriel (Niedersachsen) eine Vorlage zur Wiedereinführung der Vermögensteuer erarbeiten und in den Bundesrat einbringen. Kämen sie damit durch, würde die Koalition das Gesetz im Bundestag nicht blockieren, das hatte Fraktionschef Franz Müntefering bereits durchblicken lassen. So weit die Absprache.
Und nun dieser Vorstoß des Kanzlers. Das Bundesverfassungsgericht habe die Steuer "aus gutem Grunde" abgeschafft, sagte er in dem Interview. Als besonders falsch geißelte er, sie auf Betriebsvermögen auszudehnen. Klammere man aber die Betriebe aus, lohne sich der Erhebungsaufwand kaum.
Ist die Vermögensteuer damit endgültig vom Tisch? Wohl kaum. Zwar gilt der Kanzler schon lange als Gegner einer solchen Steuer. Doch streng genommen tut er sich da leicht: Sie geht ihn nämlich gar nichts an. Von den Ländern erhoben, ist der Bund in Sachen Vermögensteuer nicht zuständig. Passiert ein Antrag auf Vermögensteuer den Bundesrat, ist allerdings auch der Bundestag zustimmungspflichtig. Dort aber wurde bislang vom Kanzler kein Blockade-Befehl vernommen. Warum auch? Wahrscheinlich werden die unionsregierten Länder den Vorstoß schon im Bundesrat abwürgen.
So ist Schröders Überraschungscoup wohl vor allem eines: eine Gehorsamsübung für seine aus dem Ruder gelaufenen Genossen. Der Parteichef will zeigen, wer der Herr im Haus ist. Zuletzt in Frust und Depression versunken, hat er in dieser Woche das Heft wieder in die Hand genommen. Sein Schritt federt wieder, er scherzt, übt sogar gelegentlich sein Siegerlächeln. Er hat Frau und Freunde zum Schweigen gebracht und spricht wieder selber.
Der Kanzler ist zurück im Ring, versucht zu tänzeln. Wochenlang von der Bildfläche verschwunden, scheint er nun allgegenwärtig - und unberechenbar. Öffentlich stellt er seine höchsten Offiziere in den Senkel, siehe Parteigeneral Olaf Scholz und SPD-Fraktionschef Franz Müntefering, die er wegen ihrer Kakophonie maßregelte. Am Dienstagabend brüskiert er die verbündeten Gewerkschaften, indem er den samstäglichen Ladenschluss auf 20 Uhr festlegen will. Und heute die symbolische Vermögensteuer-Verdammung.
Der Löwe ist los - und Sigmar Gabriel hat es als Erster gemerkt. Auch er wurde von den Kanzlerworten überrascht. Hektisch verschob der Wahlkämpfer am Mittwoch eine lang angekündigte Pressekonferenz zur Vermögensteuer um eine Viertelstunde. Offenbar musste der niedersächsische Ministerpräsident seinen Wortlaut den unerwarteten Äußerungen Schröders erst anpassen. Nein, er sei nicht überrascht, sagte er schließlich. Schröders Antipathie gegenüber der Vermögensteuer sei ja bekannt. Er indes werde seine Sache durchziehen und zusammen mit Nordrhein-Westfalen die Vorlage im Januar in den Bundesrat einbringen. Erreicht sie den Bundestag, gebe es keinen Zweifel daran, dass die Fraktion sie auch verabschieden werde.
Doch Gabriel lenkte auch ein. Hand in Hand mit der Erhebung der Vermögensteuer soll die Erbschaftsteuer gesenkt werden, kündigte er erstmals an. Mittelständische Unternehmen sollen sogar ganz davon befreit werden. Abgestimmt habe er diesen Vorstoß aber noch mit keinem anderen Bundesland. Sieht eher danach aus, als sei Gabriels prompte Idee ein Zugeständnis, eine Verbeugung fast an seinen ungehaltenen Chef. Denn wütende Löwen, das weiß der SPD-Nachwuchsstar, beißen auch mal gerne zu.
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Von Thomas Hillenbrand und Severin Weiland
Der Bundesrechnungshof warnt in einem neuen Gutachten vor weiteren Finanzlöchern bei der gesetzlichen Rentenversicherung. Durch das geplante Beitragssicherungsgesetz der Bundesregierung entstünden neue Risiken, die sogar zur Zahlungsunfähigkeit des Rentensystems führen könnten.
Hamburg - Ein wesentliches Element im geplanten Renten-Gesetz der Regierung ist die Absenkung der so genannten Mindestschwankungsreserve. Dabei handelt es sich um ein finanzielles Polster, das in Monaten mit geringem Beitragsaufkommen eine finanzielle Unterdeckung der Rentenkasse verhindern soll. Nach dem Willen des Bundeskabinetts soll die Schwankungsreserve demnächst um weitere 30 Prozent auf dann eine halbe Monatsausgabe der Rentenversicherung abgesenkt werden.
In dem vom Bundesrechnungshof (BRH) für den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags erstellen Gutachten geht es im Kern um die Frage, wie sich die geplante Absenkung auf die Rentenversicherung auswirken wird. Das Urteil der BRH-Experten ist niederschmetternd. "Mit der im Entwurf ... vorgesehenen Absenkung der Mindestschwankungsreserve ... der Rentenversicherung wächst die Gefahr, dass deren Zahlungsfähigkeit ab dem Jahr 2003 nur mit zusätzlichen Bundesmitteln gewährleistet werden kann", heißt es in dem Papier, das SPIEGEL ONLINE vorliegt.
Selbstgemachte Löcher
Eigentlich hatte sich Sozialministerin Ulla Schmid das ganz anders vorgestellt. Durch den Griff in die Reservekasse wollte sie eigentlich verhindern, dass der Rentenbeitragssatz noch weiter ansteigt als auf die bereits geplanten 19,5 Prozent. Die Fachleute des BRH haben jedoch errechnet, dass die Rentenkasse wegen der Absenkung im Herbst 2003 ihren Verpflichtungen wohl nicht mehr wird nachkommen können.
Die Schwankungsreserve, heißt es in dem Gutachten, werde bei ungünstiger Entwicklung im Oktober 2003 voraussichtlich auf 3,4 Milliarden Euro sinken. Weil ein Teil dieser Summe jedoch aus nicht liquiden Mitteln - wie Immobilienvermögen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) - bestehe, stünden de facto nur 1,7 Milliarden Euro zur Verfügung.
Nicht ganz flüssig
"Da die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zu Beginn eines Monats liquide Mittel in Höhe von rd. 2 Mrd. € benötigt, ... werden die in der Rentenversicherung verfügbaren kurzfristigen Mittel zeitweilig nicht ausreichen", heißt es in dem Gutachten. Da es für die Rentenversicherung eine Bundesgarantie gibt, wäre die Regierung bei einem Engpass verpflichtet, die fehlende Summe nachzuschießen.
Das Liquiditätsproblem ist bereits seit längerem bekannt. Laut BRH belaufen sich die nicht liquiden Mittel, bei denen es sich im wesentlichen um Beteiligungen und Grundstücke handelt, derzeit auf 1,762 Milliarden Euro. Die Verantwortlichen hätten dafür sorgen müssen, "diese Vermögensanlagen in liquide Anlageformen zu überführen", so die BRH-Prüfer. "Sie sind dieser Verpflichtung jedoch bisher nicht ausreichend nachgekommen."
Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung sieht keinen Anlass zur Besorgnis. "Die Auszahlung der Renten ist jederzeit gewährleistet", erklärte das Ministerium am Donnerstag in Berlin. Die Maßnahmen der Bundesregierung stellten sicher, dass das Rentensystem nicht zusammenbreche, so ein Sprecher. Die zum Jahreswechsel anstehende Erhöhung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung auf 19,5 von 19,1 Prozent garantiere, "dass genügend Beitragsmittel für die Rentenauszahlung zur Verfügung stehen".
Bundeszuschüsse in zweistelliger Milliardenhöhe
Bereits seit Jahren muss der Bund das Rentensystem durch Milliardenzuschüsse massiv stützen, weil sich die Pensionsansprüche durch das Beitragsaufkommen nicht mehr finanzieren lassen. Wenn der Bund kein Geld zuschösse, wäre ein Rentenbeitragssatz von über 30 Prozent erforderlich. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums überwies der Bund 2001 knapp 70 Milliarden Euro an die gesetzlichen Rentenkassen.
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,225725,00.html
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Quelle: http://news.focus.msn.de/G/GE/ge.htm?bild_tmp=1&snr=1741&streamsnr=7
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Die Grünen haben sich auf ihrem Parteitag mal wieder selbst ein Bein gestellt. Weil die Delegierten einer Übergangsregelung für das Duo an der Parteispitze nicht mit der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmten, müssen sich die Parteichefs Claudia Roth und Fritz Kuhn künftig mit ihren Bundestagsmandaten zufrieden geben. Die Partei ihrerseits macht sich auf die schwierige Suche nach Nachfolgern.
Hannover - Auf dem Parteitag verfehlte der Antrag auf eine befristete Lockerung der Trennung von Amt und Mandat knapp die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit. Für Kuhn und Roth bedeutet dies, dass sie sich am Sonntagvormittag nicht zur Wiederwahl stellen können. Sie hatten angekündigt, dass sie bei einem Scheitern der Übergangsregelung ihren Bundestagsmandaten den Vorzug vor dem Parteivorsitz geben würden. Die Grünen mussten damit in der Nacht zum Sonntag kurzfristig neue Kandidaten für den Parteivorsitz suchen. Der Parteirat traf sich deshalb zu einer Krisensitzung. Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer zufolge überlegen sich derzeit vor allem drei Grüne eine Kandidatur für den Vorsitz: die frühere verteidigungspolitische Sprecherin Angelika Beer, der Chef der Heinrich-Böll-Stiftung, Ralf Fücks, und Bütikofer selbst. Noch sei jedoch alles offen.
Gegen die vorübergehende Lockerung der Trennung von Amt und Mandat stimmten 229 Delegierte, elf enthielten sich. 457 Delegierte stimmten für die Änderung. Damit wurde die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Satzungsänderung um acht Stimmen verfehlt. Zuvor hatte der Parteitag mit großer Mehrheit eine Urabstimmung beschlossen. Bis Mai sollen die rund 46.000 Partei-Mitglieder darüber abstimmen, ob die Trennung von Amt und Mandat generell gelockert werden soll. Roth und Kuhn sowie andere führende Parteivertreter hatten vor einer Schwächung der Grünen gewarnt, wenn für die Übergangszeit bis zur Urabstimmung die Parteispitze ausgewechselt werde.
Roth verabschiedete sich nach der Niederlage im Führungsstreit mit Dank von ihrem Amt als Vorsitzende. "Ich respektiere diese Entscheidung", sagte Roth am frühen Morgen beim Grünen-Parteitag in Hannover. Ähnlich äußerte sich auch ihr Co-Vorsitzender Fritz Kuhn. Unmittelbar zuvor war die Satzungsänderung zur Wiederwahl der beiden an nur acht fehlenden Stimmen gescheitert.
"Jetzt gibt es kein Beleidigtsein", sagte Roth. "Ich werde weiter kämpfen." Sie wünsche sich, dass der Schwung der gewonnenen Bundestagswahl für die Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen am 2. Februar ausreiche.
Vergeblicher Appell Fischers an die Delegierten
Außenminister Joschka Fischer hatte an die Delegierten appelliert, die Entscheidung über Trennung von Amt und Mandat den Mitgliedern zu überlassen. Er verband dies mit dem Hinweis, dass er in den eigenen Reihen oft als heimlicher Vorsitzender kritisiert werde: "Schwächt den heimlichen Vorsitzenden, indem ihr die Basis das entscheiden lasst." Fischer fügte hinzu: "Ich hoffe und bete und werde Kerzen anzünden, dass die Basis richtig entscheidet."
Auch der Bundestagsabgeordnete Winfried Hermann hatte sich als einer der eigentlichen Gegner von Amt und Mandat für die Urabstimmung und die Ausnahmeregelung ausgesprochen. Andernfalls komme es für die Parteiführung zu einer "Lösung über Nacht", die die Partei nicht stärken würde. "Das bedeutet, dass man nur Kandidaten findet, die nicht erste Wahl sind."
Kuhn: SPD muss endlich Reformbereitschaft zeigen
Kuhn und Roth hatten eindringlich dafür geworben, ihnen durch eine Ausnahmeregelung eine erneute Kandidatur zu ermöglichen und ihnen das Vertrauen auszusprechen. Sie warnten die Delegierten davor, die Parteiführung vor den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen am 2. Februar zu schwächen. Beide gingen den Koalitionspartner SPD scharf an. Kuhns Rede zur politischen Lage wurde von den Delegierten mit langem Beifall bedacht und in Parteikreisen als "eine seiner stärksten Reden überhaupt" gewertet. "Der SPD gefällt es nicht, wenn wir uns als Reformmotor profilieren", sagte Kuhn. Die Grünen wollten sich natürlich profilieren. "Wem dies nicht passt, muss seine eigene Reformwerkstatt aufschließen". Weitere Reformen bei Rente und Gesundheit seien nötig. Roth sagte: "Klar bleibt, dass wir noch diese Legislatur Ernst machen mit Reformen." Bei der SPD herrsche beim Thema Reform der Sozialversicherungen "babylonische Sprachverwirrung".
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,226202,00.html