Die Welt rückt nach rechts. Im Juni 2016 stimmten die Briten für den EU-Ausstieg. Im November wurde Donald Trump US-Präsident. Und im Mai 2017 könnte in Frankreich Marine Le Pen (zumindest im ersten Wahlgang) die meisten Stimmen erhalten.
Wie kommt es zu diesem Rechtsrutsch? Die Ursachen sind in allen drei Ländern ähnlich: Die unteren und mittleren Schichten der Bevölkerung begehren gegen ihre Eliten auf.
Der deutsch-britische Soziologe Ralf Darendorf (1929 - 2009) hatte diese Entwicklungen bereits vor 22 Jahren vorausgeahnt. Darendorf promovierte 1952 über Gerechtigkeit im Denken von Karl Marx und 1956 ein zweites Mal an der Londoner School of Economics über "Unskilled Labour in British Industry".
Blog "Never mind the markets" (Tagesanzeiger, Zürich)
...(Ralf) Dahrendorf publizierte im März 1995 diesen 16-seitigen Text (engl.), in dem er äusserst klarsichtig die Herausforderungen beschreibt, mit denen die Länder der «Ersten Welt» – er meinte die Industriestaaten Westeuropas, Nordamerika sowie Japan – konfrontiert sind.
Im Kern, schreibt Dahrendorf, muss ihnen eine Quadratur des Kreises gelingen, ein eigentliches Trilemma aus drei Zielen: Erstens müssen sie sich der Globalisierung mit dem Aufstieg neuer Konkurrenten stellen, zweitens müssen sie den inneren sozialen Zusammenhalt bewahren, und drittens darf dabei ihre offene, auf individueller Freiheit beruhende Ordnung keinen Schaden nehmen. Das Problem: Diese drei Ziele stehen oft in Konflikt zueinander....
...Dahrendorf stellt in seinem Essay die Globalisierung per se nicht infrage. Im Gegenteil: Sie sei die Kraft, die es Millionen von Menschen in der weniger entwickelten Welt ermöglicht, den Lebensstandard der westlichen Industrienationen anzustreben....
...Doch er warnte vor der Art von Ungleichheit, die gewisse Bevölkerungsschichten chancenlos zurücklasse... Dahrendorf warnte eindringlich vor dem korrosiven Effekt auf die westlichen Gesellschaften, wenn ein immer grösserer Teil der Bevölkerung keine Chancen für den eigenen Aufstieg mehr sieht...
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