Ich halte den Acciona-Kauf für hervorragend nach meinem aktuellem Wissenstand und nach meinen Einschätzungen und ob Zeschkey andere Pläne hatte mit Nordex keine Ahnung, Vielleicht brauchte er nach dieser wohl sehr stressigen und sehr erfolgreichen Restrukturierung einfach mal eine Auszeit, denn ohne Frage eine große Übernahme wird immer das eine oder andere Problem mit sich bringen und auch das ist stressig. Grundsätzlich ist es aber schon sehr müssig darüber zu spekulieren welche Motive Zeschky nun wirklich hatte. Vielleicht war ja es wirklich nur die neue Liebe, denn das sollte man nun wirklich nicht unterschätzen. Vor allem wenn man schon über 60 ist. Wichtig für mich war, dass nach dem Zeschky-Abgang sonst keiner bei Nordex von Bord gegangen ist. Wäre nämlich das der Fall gewesen, dann wäre ich sehr skeptisch geworden.
Dass Acciona natürlich an einer guten Nordex-Entwicklung interessiert ist zeigt doch dieser Deal so ziemlich eindeutig wie er letztendlich geplant ist. Acciona bekommt zwar 366 Mio. € in Cash, kauft aber im Gegenzug für 335 Mio. € von den Klattens Nordex-Aktien dazu. Damit bleiben gerade mal am Ende 31 Mio. € an Cash für den Acciona-Konzern nach dem Deal übrig. Viel ist das ja nun wirklich nicht und nicht vergessen Acciona Windpower hatte zu Mitte des Jahres sogar einen Nettoliquidität von 42 Mio. €. Also sind die quasi finanzschuldenfrei. Das alleine zeigt doch schon, dass der Acciona-Konzern ein großes Interesse hat, dass es bei Nordex weiter rund läuft und damit ist auch klar warum der Acciona-Konzern unbedingt eine Sperrminorität haben will. Anders hätte dieser Zukauf wohl auch nie statt gefunden.
Entscheidend ist aber doch wie sich die beiden Unternehmen ergänzen und alles was ich bis dato weiß bzw. es einschätzen kann, passen die beiden Unternehmen sehr gut zusammen. Kenne sehr wenige "Fusionen" wo sich zwei Unternehmen so gut ergänzen wie Nordex und Acciona. Mal ganz abgesehen davon, dass man mal auch wenig weiter nach vorne blicken sollte, so in Richtung Mitte 2017/Anfang 2018, denn ab diesem Zeitpunkt werden die Neuregelungen von Onshore-Wind in der EU ihre Wirkung zeigen mit dem Auktionssystem und wie sich das entwickelt weiß heute keiner. Acciona wird da kein Problem haben, denn deren Absatzanteil in der EU liegt unter 10%. Bei Nordex sieht es da schon ein wenig anders aus, denn der EU-Absatzanteil liegt in diesem Jahr so bei 55% bzw. der Absatz bei um die 1 GW. Außerdem scheint sich dieses Auktionsmodell mehr und mehr durchzusetzen. Indien, Brasilien und Südafrika haben das Auktionssystem schon lange, in Chile wurde es jetzt eingeführt und Mexiko wird es einführen. Um mit Erfolg daran teilnehmen zu können ist es mal mit Sicherheit besser ein Unternehmen zu sein mit einer breiten Produktpalette und mit einem Umsatz von 3,5 Mrd. €, als mit einem Umsatz von 2,4 Mrd. €.
Ich bin ohnehin mittlerweile der Meinung, dass es für einen kleineren Windbauer bei der Neuentwicklung von Windmühlen immer schwieriger wird, denn billig ist das mal nun wirklich nicht. Sieht man alleine schon sehr gut an der Entwicklung bei den Schwachwindanlagen. Vor zwei Jahren waren Schwachwindanlagen mit 2,5 MW, einem Rotordurchmesser von 115 m, einer Leistungsdichte von 260 W/m² und einer Nabenhöhe von 134 m das Non plus Ultra. Jedoch ist das jetzt nicht mehr so und das zeigt wie schnell der Inovationszyklus bei den Schwachwindanlagen gerade läuft. Heute reden wir bei den Schwachwindanlagen von 3 MW oder höher, einem Rotordurchmesser > 130 m, einer Leistungsdichte < 240 W/m2 und einer Nabenhöhe von > 134 m. Solche Entwicklungen inkl. Nullserie und Zertifizierungen kosten richtig Geld. In diesem und im nächsten Jahr wird die N117/2400 noch ganz klar der Nordex-Renner sein (2015: ca. 375 Turbinen/Turbinenabsatzanteil von ca. 50%/ca. 900 MW), aber spätestens 2017 werden sich beim Absatz die Schwachwindanlagen der 2. Generation durchsetzen wie die N131/3000:
Rotordurchmesser: 131 m (V136-3.45MW: 136 m - GE 3.2-130: 130 m) Rotorfläche: 13.478,0 m² (V136-3.45MW: 14,527 m² - GE 3.2-130: 13.273,0 m²) Leistungsdichte: 222,6 W/m² (V136-3.45MW: 237W/m² - GE 3.2-130: 241,1 W/m²) Nabenhöhe: 134 m (V136-3.45MW: 149 m - GE 3.2-130: bis zu 155 m) Schallleistungspegel: 104,5 dB(A) (V136-3.45MW: 105.5dB(A) - GE 3.2-130: 106 dB(A) )
Ob man nun so weit gehen muss wie Nordex mit der N131/3300 mit einer Nabenhöhe von bis zu 164 m (Höhe dann insgesamt bei 230 m !!) lasse ich mal dahin gestellt sein, denn die aktuellen Schwachwindmühlen mit Gesamthöhen zwischen 180 bis 200 m haben heute schon kleinere Probleme mit dem Schattenwurf. Deshalb gibt es auch etliche Windmühlenstandorte, die zeitweise abgestellt werden müssen, weil die zulässigen 30 Minuten Schattenwurf am Tag überschritten werden und auch der Eiswurf wird bei solch hohen Anlagen ein größeres Problem werden.
Das sind jetzt aber nur die wichtigsten Parameter, denn bei der Neuentwicklung kommt ja mit dazu, dass Windmühlen zunehmend flexibler steuerbar sein müssen (z.B. Anbieten von Blindleistungskompensation und Regelenergie oder um die Netzfrequenzstabilität zu stützen), aber auch die Steuerung der Rotoranstellung zur Windrichtung ist von hoher Bedeutung.
Nordex ist mit der N131 für niedrige bis mittlere Windgeschwindigkeiten sehr gut aufgestellt und mit der N117/3000 ist man auch im oberen Bereich der mittleren Windgeschwindigkeiten technologisch gut mit dabei. Wenn es aber um Starkwind geht, dann sieht es da schon nicht mehr so gut aus mit der N100 (ca. 200 Turbinen in diesem Jahr/Absatzanteil von ca. 25%/ca. 500 MW). Da ist dann Acciona mit der sehr robusten AW125/3000 schon besser unterwegs (Absatzanteil rd. 90% bzw. 900 MW in diesem Jahr). Wobei Nordex aber in Frankreich, Pakistan, England und Irland mit der N100 immer noch sehr gut punkten kann. Die Frage dabei ist halt wie lange noch und dass Nordex in spätestens zwei Jahren eine neue Starkwindanlage auf den Markt bringen muss steht für mich außer Frage. Mit Acciona lässt sich das sicher leichter bewerkstelligen als ohne. Von den Entwicklungskosten her gesehen (umgelegt auf einen deutlich höheren Umsatz) und wohl auch technologisch.
Mit dem Zukauf kann man sich nun aber die Entwicklungskosten einigermaßen teilen und das ist bei Gesamtentwicklungkosten von > 30 Mio. € für eine neue Turbine dann schon ein großer Vorteil. Mal ganz abgesehen davon, dass man bei Acciona mit Sicherheit auch etwas Technologie und Know How mit einkaufen wird.
Auch im Vertrieb werden natürlich einige Mios eingespart werden können. Nordex muss nun nicht mühsam und für gutes Geld in seine neuen anvesierten Märkte wie Mexiko oder Kanada einen Vertrieb aufbauen, denn Acciona ist dort schon lange vertreten und Nordex kommt in den brasilianischen Windmarkt rein (immerhin global gesehen die Nr. 5), denn dort geht ohne hohen Local Content gar nichts und Acciona hat dort eine eigene Produktion. Sehr gespannt kann man zu Indien sein, denn ich gehe mal davon aus, dass sich Acciona beim Bau der neuen Produktion in indien schon dabei was gedacht hat. Indien dürfte im kommenden Jahr hinter China, den USA und Deutschland mit rd. 3 GW die Nr. 4 in der Welt werden und in 2017 wohl die Nr. 3.
Alles zusammen genommen halte ich diesen Acciona-Deal, meinetwegen kann man dazu auch Fusion sagen, für richtig gut und durch die Verwässerung von 20% sind die Nordex-Aktionäre nach meinem Dafürhalten alles andere als benachteiligt worden.
trawek hat ja einen Link zu den Q3-Zahlen des Acciona-Konzern gepostet. Deshalb ein kleiner Blick auf die Zahlen von Acciona Windpower, denn die sind ja für die Nordex-Aktionäre nicht gerade uninteressant. Jedoch gibt es zu den Acciona Windpower-Zahlen kaum Details. Q3-Umsatz liegt bei 201 Mio. € bei einem EBITA von 23 Mio. €. Also eine Q3-EBITA-Marge von guten 11,4% (Nordex Q2-EBITA 2015: 8,3%). In den ersten 9 Monate lag der Umsatz bei 762 Mio. € (+ 63% zum Vorjahreszeitraum) bei einem EBITA von 68 Mio. € mit einer EBITA-Marge von 8,9% (9 Monate 2014: 3,2%). Der Auftragsbestand liegt bei 766 MW und damit ist Acciona Windpower bis Mitte 2016 komplett ausgelastet. Also ganz ähnlich wie im Verhältnis zu Nordex. Der Nordex-Auftragsbestand dürfte Ende September bei rd. 1,7 Mrd. € gelegen haben, also so um die 1,4 GW. Etwas geringer wie nach Q2, da das Book to Build Ratio in Q3 wohl unter 1 liegen wird. Jedoch war der Auftragseingang von Acciona Windpower bis jetzt in diesem Jahr sehr schwach, denn es gab lediglich 425 MW. Muss jetzt nicht unbedingt gleich was schlechtes bedeuten, denn der Auftragsbestand ist noch gut, aber im Auge sollte man das dann schon behalten. Wobei aber Acciona Windpower fast nur von Großaufträgen lebt und allenfalls 15 Windparks im Jahr beliefert. Das ist bei Nordex dann schon ganz anders. Alleine in Deutschland hat Nordex in diesem Jahr ca. 47 Projekte (ca. 500 MW) abzuarbeiten und weitere rd. 35 Auslandsprojekte kommen/kamen dazu (ca. 1.300 MW). |