Du schreibst, Du warst 1986 zwei Jahre alt, hast Tschernobyl also noch nicht bewusst miterlebt. Deshalb nachfolgend ein paar Sätze dazu:
Ich war, als Tschernobyl über uns hereinbrach, schon ein Erwachsener. Ich weiß noch sehr gut, wie ich die ersten warmen Tage des anbrechenden Mai genossen habe. Kurz davor kam die Nachricht von einem Reaktorunfall in der Ukraine. Den Namen Tscherno- byl haben wohl die meisten nie zuvor gehört. Auch wurde gemeldet, dass es dort brennt; aber die Nachrichten waren spärlich und ausländische Reporter konnten kaum berichten. Tschernobyl lag hinter dem eisernen Vorhang und dort ließ man sich nicht in die Karten schauen. Dann, an einem Samstag (es könnte der der 4. Mai gewesen sein, wollte ich, wie fast jeden Samstag, zum Joggen in den Wald aufbrechen. Da kam im Fernsehen die Mel- dung, eine radioaktive Wolke nähere sich Süddeutschland; da mit Regenfällen zu rech- nen sei, soll man zuhause bleiben, falls man nicht dringendes zu tun hat. Ich saß den ganzen Tag völlig deprimiert in meiner Bude und stierte vor mich hin. Immer wieder hab ich geheult wie ein Schlosshund. Für mich war es das Ende der Welt.
Dann haben sie einem jeden Tag im Fernsehen Verhaltensmaßregeln eingebläut. Wer Gemüse im Garten hatte, sollte auf keinen Fall davon essen, sondern alles unterpflügen. Den Gemüsebauern ging es nicht anders. Den Händlern auf dem Wochenmarkt wurde das Gemüse von der Polizei am Marktstand beschlagnahmt und abtransportiert. Es war ein Alptraum. Alles das ist den Menschen in Deutschland bei der neuen Katastrophe jetzt erspart geblieben. Und egal, wie sich der Gau in Fukushima weiterentwickelt: eine Bedrohung für uns hier ist nicht möglich. Mag sein, dass etliche Partikel rund um den Globus in 15.000 Meter Höhe verteilt werden. Aber erstens ist die Verdünnung für eine Relevanz viel zu hoch und zweitens zerfällt ein Großteil nach relativ kurzer Zeit; was natürlich nichts daran ändert, dass die langlebigen Isotope auch die gefährlichsten sind (Cäsium, Strontium).
Wenn ich mir die Menschen anschaue, wie sie erregt, verbissen und hysterisch schrei- en; wenn ich mir mit anschaue, wie "politische Diskussionen" geführt werden, die in Wahrheit gar keine sind, sondern nur die Wahlkampf-Balzrituale eitler und wohlkalku- lierende Politbarone, dann wird mir kotzübel.
Deine Frage ist berechtigt, ob die Menschen nicht schon zu sehr vom Internet manipu- liert sind. |