FTD Angst vor Weltrezession Kreditkrise beutelt Chinavon Tobias Bayer (Frankfurt) Lange Zeit war die These vom "De-Coupling" aktuell. Die besagte, dass sich die Schwellenländer vom Rest der Welt abkoppeln. Doch die aktuellen Entwicklungen belegen das Gegenteil. Jüngstes Beispiel ist China.
Das chinesische Wirtschaftswachstum kühlt sich weiter ab. Im dritten Quartal legte das Bruttoinlandsprodukt der Volksrepublik um neun Prozent zu, im zweiten Jahrsviertel hatte der Wert noch bei 10,1 Prozent gelegen. Das teilte die Statistikbehörde in Peking am Montag mit.
Die Zahlen belegen, dass sich auch die Schwellenländer nicht dem Abschwung der Weltwirtschaft entziehen können. Gerade in Asien sind die Effekte der Kreditkrise spürbar: Singapur befindet sich bereits in einer Rezession, in Japan schrumpfte das BIP im zweiten Quartal. Auch China befindet sich im Abwärtssog. Bereits seit fünf Quartalen nimmt die Wachstumsdynamik ab. Das Plus im dritten Quartal ist das niedrigste seit der Sars-Epidemie 2003. Sars ist eine Atemwegserkrankung.
China braucht ein Wirtschaftswachstum von mindestens acht Prozent allein für die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen für Millionen von Menschen, die jedes Jahr auf den Arbeitsmarkt drängen. Ökonomen befürchten, dass das Wachstum noch 2008 unter diese Schwelle sinkt. Bereits im zweiten Quartal betrug es nur noch zehn Prozent. Im vergangenen Jahr war die Wirtschaftsleistung um zwölf Prozent gestiegen.
Rio Tinto warnt vor Schwächeperiode
"Die Turbulenzen auf den Kapitalmärkten und der Abschwung der Weltwirtschaft hat negative Konsequenzen für die chinesische Wirtschaft. Die Subprime-Krise, die in den USA ihren Beginn genommen hat, breitet sich aus und gewinnt an Intensität", sagte Li Xiachao, Sprecher der Pekinger Statistikbehörde. Besonders der Export ist betroffen. Sein Beitrag zum BIP-Wachstum halbierte sich in den ersten neun Monaten des Jahres auf 1,2 Prozentpunkte. Der Außenbeitrag könne sich deutlich abschwächen, sagte Xiachao.
Auch internationale Konzerne spüren die Abkühlung in China. Vergangene Woche warnte der Rohstoffkonzern Rio Tinto vor einer Schwächeperiode der chinesischen Wirtschaft. Schon jetzt sei eine Verlangsamung der Nachfrage nach Kupfer, Aluminium und Rohstoffen zur Stahlherstellung spürbar, sagte Konzernchef Tom Albanese: "Die chinesische Wirtschaft macht kurzfristig eine Atempause. China ist von einer Rezession in den OECD-Staaten nicht vollständig isoliert." Es sei inzwischen klar, dass jede Erholung der chinesischen Wirtschaft sich „bis ins nächste Jahr hinein verzögert“, sagte Albanese, für dessen Konzern China einer der wichtigsten Kunden ist.
Einzelhandelsumsätze legen zu
Allerdings verweisen Volkswirte auch auf positive Aspekte. So sei das Wachstum Chinas das größte der 20 wichtigsten Volkswirtschaften der Welt. Es sei "erstaunlich robust", sagte Glenn Maguire, Chefvolkswirt Asien bei Société Générale. So hat sich der Konsum gut entwickelt. Die Einzelhandelsumsätze legten im September um 23,2 Prozent zu. Das ist der größte Zuwachs seit mindestens neun Jahren. Das verfügbare Einkommen legte in den ersten neun Monaten um 14,7 Prozent auf 11.865 Yuan (1.737 $) zu.
FTD.de, 10:41 Uhr |