Auszug aus "Produktion" vom 28.08.2003
Produktion-Interview mit Dr. Harald Schrimpf, PSI AG: ‚Playstation’ für Produktionsprozesse
Volle Kontrolle über alle Produktionsprozesse? Laut PSI sei das mit der neuen Manufacturing Suite möglich. Was dahinter steckt, erklärte Vorstand Dr. Harald Schrimpf Produktion-Redakteur Claus Wilk.
Mit Manufacturing hat sich die PSI große Ziele gesteckt. Was steckt genau hinter dieser Lösung?
In der Tat steht unsere Einheit PSI Manufacturing vor einer großen Herausforderung. Der neu gegründete Bereich ging aus einem internen Technologietransfer der Sparten Netz- und Produktionsmanagement hervor und ist auf High-end-Lösungen für komplexe Produktionen spezialisiert. Es geht darum, alle vorhandenen Systeme der Produktionsplanung und -steuerung zu integrieren und auf einer Leitwarte zu einem Gesamtbild zusammenzuführen und zu visualisieren. Die Basistechnologie liefert PSI Control – unser Leitsystem zur Führung von Energienetzen, daher auch der Name PSI Mcontrol.
Welche Vorteile ergeben sich für Anwender aus der Benutzung einer solchen umfangreichen Lösung?
Die Vorteile liegen in der ganzheitlichen Betrachtung der Produktion. Heute sind in großen Industrieunternehmen nur einzelne Bereiche optimiert, Transparenz über den Gesamtprozess ist hingegen nur rudimentär vorhanden. Hier setzt PSI Mcontrol mit einem ‚Loadbalancing’ zwischen den Werken an. Denn da ist noch richtig Musik drin. So sorgt z.B. die steigende Modellpalette bei den Automobilherstellern in den kommenden Jahren für noch mehr Komplexität, die letztlich eine Gesamtbetrachtung der miteinander vernetzten Abläufe notwendig macht. Hier geht es nicht um gläserne Fabriken, sondern um transparente Prozesse, Frühwarnsysteme zur Fehlererkennung und -behebung, Analysen zur effizienteren bereichsübergreifenden Betriebsführung usw.
Eine optimale Sicht auf alle Fertigungsprozesse, das wünschen sich viele Anwenderunternehmen. Woher müssen eigentlich die Daten kommen, um das zu ermöglichen?
Will man absolute Transparenz, um in Echtzeit zu steuern, dann müssen letztlich alle Systeme ihren Daten-Beitrag hierzu leisten. Wir gehen da bis auf die Produktionsanlagen hinunter – inklusive der Automatisierungskopplung. Natürlich spielen auch die Daten der unternehmensinternen und –externen ERP-, Logistik- und Instandhaltungssysteme eine tragende Rolle. Letztlich sprechen wir hier auch von einer Integrationsplattform aller produktionsnahen Systeme.
Verfügen denn die meisten Unternehmen überhaupt über diese Datenbasis?
Großunternehmen sind da bestens aufgestellt. Allerdings stehen nicht allen Einheiten die Daten zur Verfügung. Heute arbeitet da noch jeder etwas für sich. Bei den Energieversorgern haben wir das Handling größter Datenvolumina in den Griff bekommen. Dabei haben wir unterschiedlichste Quellen anzapfen müssen, um am Ende die unternehmenskritischen Daten auf der Leitwarte zusammenzuführen. Auch hardwareseitig unterstützen wir hier unsere Kunden. So genannte Prozessgateways bietet da unsere Tochter PSI Nentec und sichert damit den Datenfluss.
Ein Blick auf die Komplexität der Lösung lässt den Schluss zu, das zunächst Großunternehmen die Zielgruppe von Manufacturing bilden. Wie steht es denn um Ihre Bemühungen, die Software mittelstandskompatibel zu gestalten?
Das ist korrekt. Wir halten es hier wie die Automobilhersteller. Erst in die S-Klasse, dann in die A-Klasse. Schließlich sind Navigationssysteme nicht von Beginn an Standard gewesen. Letztlich hat der Mittelständler exakt dieselben Anforderungen und braucht dieselben Features wie der Große. Der ERP-Markt ist hierfür das beste Beispiel.
Mit welchen Preisen gehen Sie derzeit an den Markt?
Für diese Art von Projekten gibt es nicht ‚den’ Preis. Die Komplexität des Produktionsprozesses und die Heterogenität der anzubindenden Systeme definiert am Ende den Paketpreis für Lizenzen, Hardware und Dienstleistungen. Jedes Projekt wird hier die Millionen-Euro-Grenze überschreiten.
Gibt es bereits erste Erfahrungen in der Anwendung?
Im Produktionsumfeld gibt es eine Vielzahl heißer Kandidaten, die diesen Schritt gehen wollen. Anders sieht es im Energiemarkt aus, wo bereits 73 Unternehmen die leistungsfähige Technik nutzen – und zwar seit Jahren. Wir sind hier Marktführer.
Wie viel Aufwand ist notwendig, um die Software zum Laufen zu bringen?
Die Bedienung ist nicht schwerer als bei Playstation 2. Intuitive Oberflächen mit praxiserprobten Bedienungsfunktionen sorgen für minimalen Schulungsaufwand. Wir haben uns da ganz der Arbeitsweise der Produktionssteuerer angepasst. Die Übergänge vom Prozessschema in die Listen und Protokolle sind fließend. Möglich sind sogar Live-Übertragungen aus den Produktionshallen.
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