So, nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe, meine Meinung zu K+S unter Berücksichtigung der Eindrücke von der gestrigen HV.
Ich muss sagen, dass ich schon etwas enttäuscht bin, nicht durch die HV, die hat mir das alles nur noch mal verdeutlicht! Ich will das ausführlich erläutern.
Noch zu Jahresbeginn ging ich davon aus, dass die Aktie ab etwa März/April steigen würde, weil ich hoffte, dass Journalisten und Analysten zu einer Neubewertung kämen. Diese Hoffnung gründete sich darauf, dass die Versenk- und Einleiteerlaubnisse bald erteilt bzw. verlängert würden, dass die Düngemittelpreise wieder anziehen, der Start von Legacy vor der Tür steht und nicht zuletzt, dass Siegfried-Gießen bis dahin mit annehmbaren Auflagen genehmigt sein würde. Insbesondere Legacy und S-G würden die „verborgenen“ Werte von K+S offenlegen und die Zukunftschancen des Unternehmens jedem deutlich machen, so jedenfalls meine Hoffnung/Meinung, die darin gipfelte, dass der Kurs bis Ende 2017 tatsächlich 40 – 50 € erreichen könnte.
Die Aussagen auf der HV dazu belehrten mich eines Besseren, indem sie das, was auch schon vorher an Erkenntnis gewachsen war bestätigten:
- Steiner geht davon aus, dass die o.g. Erlaubnisse bald erteilt werden; Nachfragen von Rednern, nach einem Plan B, falls nicht: viele Worte, aber keine Antwort! Insbesondere also auch kein Plan B.
- Steiner zu den Preisen: „Wir sahen und sehen eine Bodenbildung ...“ - Legacy ist zwar voll im Zeit- und Kostenplan, bis es aber für die Gewinnsituation nennenswerte Beiträge liefert, werden noch Jahre vergehen, d.h. die Analysten werden den Beitrag m.E. wohl noch länger nicht einpreisen. In diesem Zusammen-hang trat Steiner auch der Aussage entgegen, dass über Koch Fertilizer bereits knapp ein Viertel der Legacyproduktion verkauft sein soll! Nach seiner Aussage gibt es mit Koch zwar einen Rahmenvertrag, der aber weder Mengen noch Preise beinhalte!
- Steiner zu S-G: „Wir hoffen auf eine Genehmigung bis Jahresende, dann muss man sehen, welche Bedingungen dabei gestellt werden und mit spitzem Bleistift rechnen, denn eine Investition von 600 Mio. ist ja kein Pappenstiel“. Heißt für mich, entgegen meines früheren Optimismuses ist S-G keineswegs „beschlossene“ Sache!
Zum Verlauf der HV: Steiners Rede war solide, neues brachte sie für Teilnehmer unserer Foren nicht, eben so wenig wie die Beiträge und Fragen der einzelnen Redner. Einige hätten tatsächlich das Zeug, als Kabarettist aufzutreten, andere wurden Steiner gegenüber beleidigend; Zitat eines Redners an Steiner gewandt: „Was bewegt Sie eigentlich am Morgen aufzustehen? Der Erfolg kann es ja wohl nicht sein!“ Wie gesagt, manchmal ganz unterhaltsam, aber nichts wirklich Neues. Was mich wunderte, war die Geduld und der Langmut von Steiner, mit der er lächelnd die Angriffe und Beleidigungen wegsteckte; Profi eben! Was auffiel, die Antworten auf die vielen (oft unnötigen Fragen, z.B. zur leidigen Übernahmeanfrage von Potash) waren sehr wortreich aber nichtssagend. Wir alle wissen ja auch, dass Vorstand und Aufsichtsrat selbst nur sehr wenig Aktien des Unternehmens halten eine Nachfrage hierzu wurde lapidar mit dem Hinweis: „Das ist Privatsache jedes einzelnen“ von Steiner abgebügelt. Natürlich hat er damit recht, aber wenn, wie ja hier im Forum schon vermutet, Complianceregeln dafür verantwortlich wären, hätte er darauf verweisen können; da er das nicht tat, gehe ich davon aus, dass es daran nicht liegt und dann frage ich mich halt schon, warum jemand, der über das Unternehmen sehr viel mehr weiß als wir, die Chance auf „sichere“ Kursgewinne nicht zu nutzen versucht. In ähnliche Richtung ging die Frage eines anderen Teilnehmers: „Herr Steiner, sie haben die Zukunft des Unternehmens insbesondere durch Legacy als gesichert und aussichtsreich dargestellt, warum wollen sie die Früchte nun nicht mehr selbst ernten? Oder wissen sie einfach viel mehr und wollen rechtzeitig gehen?“ Viele Fragen befassten sich wie zu erwarten mit der Umweltthematik, es waren auch mehrere Redner und eine Rednerin von Umweltverbänden da, die dem Unternehmen viel Gegenwind bei den entsprechenden Genehmigungen voraussagten. In einem Gespräch versicherte mir Reitz zwar, dass das auch in den vergangenen Jahren bereits genauso der Fall gewesen ist, womit er sicher recht hat, aber im Zusammenhang mit den nun im Raum stehenden Anklagen, der EU und dem Widerstand aus Niedersachsen, das als Anrainer zwar betroffen ist, aber nicht von Arbeitsplätzen profitiert, glaube ich zwar immer noch an Kompromisse, aber diese werden K+S m.E. sehr viel Geld kosten, das für Dividenden nicht mehr zur Verfügung steht!
Zur Person Steiner: ich halte ihn für einen verlässlichen Menschen, der das Beste für das Unternehmen will und in großen Teilen wohl auch erreicht hat und hoffentlich in seinem letzten Jahr auch noch erreichen wird. Aber Dinge, die er nicht, oder eben nur marginal beeinflussen kann, (Preise, Bedingungen durch Umweltauflagen) machen ihn im Moment zum Getriebenen, und ich denke, das ist es letztlich, was ihn zur Aufgabe (in einem Jahr) bewegt. Was man ihm n.m.M. sicher nicht vorwerfen kann ist, dass seine Aussagen zu optimistisch oder gar geschönt wären. Nach Meinung einiger Redner auch der Grund dafür, dass es ihm nicht gelungen ist, „...einen Ankeraktionär vom Unternehmen zu überzeugen“.
Zur Kursentwicklung: ich will nicht so weit gehen, wie ein Redner, der behauptete: „Angesichts der verschärften Umweltdebatten verliert ihr Geschäftsmodell an Bedeutung!“ Schließlich darf man ja auch das gestern immer wieder erwähnte und an Bedeutung gewinnende Standbein SALZ nicht vergessen, aber dass die Umweltdebatten K+S aus meiner Sicht viel kosten werden habe ich ja bereits erwähnt; trotzdem glaube ich langfristig (wachsende Weltbevölkerung, die hoffentlich nicht zu großen Teilen hungern soll!) auch an das Standbein KALI. Kurzfristig allerdings sehe ich am Standort Deutschland so viel Gegenwind, der auch noch durch die niedrigen Marktpreise potenziert wird, dass ich auf Sicht von einem Jahr und mehr eher mit sinkenden und nicht steigenden Kursen rechne! Für mich wäre momentan der einzige Grund für einen Kurssprung ein Übernahmeangebot; damit rechne ich aber in der gegenwärtigen Marktsituation nicht (Wahrscheinlichkeit < 20%).
Als wir die Versammlung verließen sagte meine Frau, die mit Aktien überhaupt nichts zu tun hat, ganz spontan: „Also nachdem was ich heute gehört habe würde ich die Aktie sofort verkaufen“. Da ich, wie oben ausführlich erläutert, eigentlich auch schon vor der HV, für mich zum gleichen Ergebnis gekommen war, habe ich meinen gesamten Bestand noch gestern Abend verkauft und werde die weitere Entwicklung nun von der Seitenlinie beobachten.
Wenn sich bzgl. der Umweltauflagen, der Beiträge von Legacy und S-G der Pulverdampf gelichtet hat und alles etwas klarer zu sehen ist, kann ich mir einen Wiedereinstieg durchaus vorstellen, denn die langfristigen Chancen des Unternehmens halte ich nach wie vor für intakt!
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