Regierung will Enteignung bei HRE vermeiden
11:41 Berlin (dpa) - Zur Rettung der Hypo Real Estate (HRE) will die Bundesregierung eine Enteignung der Aktionäre möglichst vermeiden. Alle in der Regierung seien sich einig, dass die Verstaatlichung einer Bank nur als allerletztes Mittel zur Stabilisierung des Finanzmarktes infrage komme.
Der frühere DAX-Konzern HRE hat bereits Hilfen des Staates und der Finanzwirtschaft von 92 Milliarden Euro erhalten.
Vergrößern Das sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag in Berlin. Zuvor müssten alle milderen, "weniger einschneidenden, rechtlich und wirtschaftlich zumutbaren Lösungen" zum Erwerb einer staatlichen Mehrheitsbeteiligung gescheitert sein. Ein Enteignungsgesetz soll zudem zeitlich stark befristet sein.
In Finanzkreisen wird für möglich gehalten, dass der Bund den HRE-Anteilseignern - darunter US-Großaktionär Flowers - zunächst ein öffentliches Kaufangebot unterbreitet, um so die Kontrolle über das Institut zu erlangen. Möglich ist auch eine Kapitalerhöhung, die nur der Bund als Anteilseigner mitmacht und so das alleinige Sagen hat. Die Zeit drängt, weil der Konzern bis Ende März seine Bilanz vorlegen muss. Am Montagnachmittag sollten Staatssekretäre Details für das "Rettungsübernahmegesetz" beraten, das am Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen werden soll. Die HRE hat 102 Milliarden Euro an Garantien und Kapitalhilfen erhalten. Eine Pleite soll wegen der befürchteten Kettenreaktion auf den Finanzmärkten unbedingt vermieden werden.
Union und SPD sind sich einig, dass der Bund über den Bankenfonds SoFFin eine Kontrollmehrheit erhalten sollte. Differenzen gibt es aber, ob eine Mehrheit von 95 Prozent nötig ist oder ob 75 Prozent ausreichen und wie der Anteil erworben wird. Die Union lehnt eine Enteignung ab - auch wegen verfassungsrechtlicher Bedenken. Deshalb soll zunächst mit den Alteigentümern verhandelt werden.
Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sagte der "Bild"-Zeitung (Montag): "Jede Lösung ist besser als eine sofortige Enteignung." CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla betonte, eine Enteignung sollte die "erst allerletzte Möglichkeit" sein. Diese sei auch nur dann zu rechtfertigen, wenn der Steuerzahler ansonsten massiv mit Milliardenverlusten belastet werden würde. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) mahnte, es gebe "andere vorzugswürdige Möglichkeiten". Die FDP ist strikt gegen eine Enteignung. "Wir leben in der sozialen Marktwirtschaft, nicht im Sozialismus", sagte FDP-Partei- und Fraktionschef Guido Westerwelle.
Wilhelm betonte: "Unter engen zeitlichen Vorgaben und unter engen inhaltlichen Vorgaben wird eine Verstaatlichungsoption als letztes Mittel im Moment innerhalb der Bundesregierung erörtert.". Schon aus verfassungsrechtlichen Gründen komme eine Enteignung nur als äußerste Maßnahme in Betracht. "Es geht im Kern darum, dass der Staat dann, wenn es um überragende Güter geht, sich auch durchsetzen muss." Wilhelm verwies auf internationale Verabredungen der Regierungen, dass nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers der Untergang weiterer "systemrelevanter" Banken verhindert werden solle.
Das diskutierte Enteignungsgesetz für Banken könnte nur auf die Zeit zwischen Ende Juni und Ende Dezember 2009 beschränkt sein - zuletzt war eine Frist bis Ende September im Gespräch. Nach Angaben von "Welt online" will die Regierung die Annahmefrist für Übernahmeangebote von drei Monaten drastisch kürzen. Auch soll die Schwelle, ab der Hauptversammlungen Kapitalerhöhungen bewilligen können, im Aktiengesetz von 75 Prozent auf voraussichtlich 50 Prozent gesenkt werden. Bisher hat sich die Regierung mit Flowers nicht auf einen Verkauf seiner 24-Prozent-Beteiligung einigen können. Der Investor kann nach geltendem Gesetz eine Kapitalerhöhung blockieren. |