DJ UPDATE: HRE-Staatsbeteiligung von 95% bis 100% angestrebt
(NEU: Lenkungsausschuss, SZ, FAZ)
Von Andreas Kißler
DOW JONES NEWSWIRES
BERLIN (Dow Jones)--Bei den Diskussionen über einen Staatseinstieg bei dem angeschlagenen Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate AG (News/Aktienkurs) (HRE) wird laut finanzpolitischen Kreisen eine Beteiligung des Staates von 95% bis 100% angedacht.
Bei einer Sitzung des Lenkungsausschusses des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) am Freitag in Berlin fiel dazu zwar noch keine Entscheidung. Wie Zeitungen berichteten, hat die Regierung aber bereits die Grundlage für die Verstaatlichung privater Banken gelegt und sich im Entwurf zur Änderung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes auf Regeln für die Enteignung der bisherigen Besitzer verständigt.
"Es ist die Zielsetzung, 95% bis 100% Beteiligung zu erreichen, um Umstrukturierungen einleiten zu können", sagte eine mit den Beratungen vertraute Person am Freitag in Berlin zu Dow Jones Newswires. Eine Beteiligung in dieser Höhe sei notwendig, "um auch mit dem Streubesitz klar zu kommen", sagte er. "Als Ultima Ratio ist im Finanzministerium auch der Weg der Enteignung in der Überlegung", hob er hervor.
Eine andere Person aus dem Umfeld des parlamentarischen Kontrollgremiums für den Banken-Rettungsfonds bestätigte, dort sei am Freitag von Vertretern des Bundesfinanzministeriums und des Lenkungs- sowie Leitungsausschusses des SoFFin die Überlegung geäußert worden, die Beteiligung sei "nur als absolute Bundesbeteiligung sinnvoll". Dies umfasse die Marge von 95% bis 100%. In jedem Fall bestehe "dringender Handlungsbedarf", und eine eventuelle Gesetzesänderung müsse bis Ende März bereits umgesetzt sein.
Nachdem die Sitzung des SoFFin-Lenkungsausschusses ohne eine Entscheidung zur angeschlagenen HRE zu Ende ging, ist nach Angaben aus Regierungskreisen aber nach wie vor offen, wie die staatliche Hilfe für die HRE gestaltet wird. "Es ist nichts entschieden", sagte eine mit der Sachlage vertraute Person. Weiterhin würden viele Modelle zur Zukunft der HRE diskutiert, und die Komplexität der Lage erschwere eine Entscheidungsfindung.
Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete vorab aus ihrer Samstagausgabe, aus der schon bis ins Detail ausgearbeiteten Vorlage zur Änderung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes solle bis Anfang der Woche ein Gesetzesentwurf werden. Sobald das Regelwerk in Kraft sei, könne der Bund die HRE-Mehrheit übernehmen. Die Entschädigung würde sich nach dem durchschnittlichen Aktienkurs der letzten zwei Wochen bemessen oder sogar nur der letzten drei Tage, falls der Kurs unmittelbar vor dem Enteignungsbeschluss weiter abstürzt.
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schrieb, vorgesehen sei laut dem Entwurf die bis zum 31. Dezember 2009 befristete Möglichkeit, "zur Sicherung des öffentlichen Gutes 'Finanzmarktstabilität' Anteile an einem Unternehmen des Finanzsektors und Wertpapierportfolien gegen angemessene Entschädigung zugunsten des Bundes oder des Finanzmarktstabilisierungsfonds zu verstaatlichen". Dies erlaubte es der Regierung, die HRE auch gegen den Willen des Hauptaktionärs J.C. Flowers zu übernehmen. Zudem seien weitere Anpassungen im Gesellschaftsrecht geplant, damit Stabilisierungsmaßnahmen schnell und effektiv greifen könnten.
Es gebe noch "keinen Vorschlag der Bundesregierung", erklärte allerdings das Bundesfinanzministerium (BMF). "Ich kann dementieren, dass es hier einen Entwurf gibt", sagte BMF-Sprecher Stefan Olbermann zu Dow Jones Newswires. "Da dezidiert keine Festlegung oder Einigung vorliegt, kann von einem Entwurf oder einem Vorschlag im Wortsinne nicht gesprochen werden". Im Rahmen der Diskussionen würden allerdings sehr wohl zahlreiche Überlegungen angestellt. |