22. Dezember 2011, Neue Zürcher Zeitung Was tun die Banken mit dem vielen Notenbankgeld?
cae. Frankfurt «Wir wissen es nicht» – diese Antwort hat der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, am Montag vor EU-Parlamentariern auf ebendiese Frage gegeben. Was die Banken der Euro-Zone mit der zusätzlichen EZB-Liquidität täten, liege nicht in der Hand der Notenbank. Grundsätzlich könnten die Geldhäuser damit eigene Anleihen zurückkaufen, um ihre Verschuldung zu reduzieren, sie könnten Staatsanleihen der Euro-Zone kaufen oder aber Kredite vergeben. Die EZB selbst beabsichtige mit ihren unkonventionellen Massnahmen, die Kreditvergabe der Banken am Leben zu halten. Denn die europäischen Unternehmen seien überdurchschnittlich stark von Bankkrediten abhängig, weshalb die Notenbank dafür sorgen müsse, dass der Kreditkanal nicht austrockne.
Dass die Banken, die am Mittwoch beim Angebot der Drei-Jahre-Liquidität kräftig zugelangt haben, das Geld direkt in Euro-Staatsanleihen investieren, ist eher unwahrscheinlich. Zwar scheint es auf den ersten Blick ein gutes Geschäft zu sein, sich Liquidität zu derzeit 1% zu borgen und in Papieren anzulegen, die mehrere Prozente rentieren. Doch die Banken haben sich seit längerem von der Illusion verabschiedet, Staatsanleihen seien risikolose Papiere. Manch ein europäisches Geldhaus wäre froh, es könnte seine hohen Bestände an italienischen oder spanischen Staatstiteln abbauen, an einen Aufbau denkt zurzeit kaum eines. Zudem wissen die Banken, dass der nächste Stresstest durch die Bankenbehörde EBA bestimmt kommt. Und sollte Letztere für Euro-Staatsanleihen wieder eine hohe Unterlegung mit Kapital fordern, brächten zusätzliche Staatspapiere die ohnehin nicht sonderlich üppig mit Eigenmitteln ausgestatteten Institute nur noch mehr ins Schwitzen. So ist es wohl wahrscheinlicher, dass die Banken die langfristigen EZB-Mittel für ihren ganz normalen Alltag, zu dem auch die Kreditvergabe zählt, verwenden und um sich darüber hinaus für den Regulator aufzuhübschen. |