Passend zum E.ON-Leerverkaufsdebakel passt der letzte Kommentar von Prof. Max Otte: "Sehr geehrte Privatanleger, wie einige von Ihnen wissen, bin ich deutscher und amerikanischer Staatsbürger. Nach zehn Jahren jenseits des Atlantiks fand ich es an der Zeit, auch die Staatsbürgerschaft meines Gastlandes anzunehmen. Dennoch hat es mich – wie den Wirtschaftsprofessor Friedrich List in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – wieder nach Deutschland zurückgezogen. Hier ist meine Heimat. Nun hat ein Kartell aus Rating-Agenturen, Investmentbanken und anderen Akteuren Europa sturmreif geschossen. Kontinentaleuropa hatte ein kreditbasiertes Bankensystem, das auf Vertrauen und Nachhaltigkeit beruhte. Natürlich kamen auch größere und kleinere Unfälle vor. Aber die wirklich großen Krisen – 1929, 2008 – kamen aus dem angelsächsischen Bereich. Das kreditbasierte System beruht anders als das börsenorientierte System auf langfristigen Bindungen zwischen Kreditgeber (Bank) und Kreditnehmer (Unternehmen). Sparer können keine extreme, aber faire Renditen erwarten. Banken trafen ihre Kreditentscheidungen dezentral – marktwirtschaftlich – selbst. Heute werden die Sparer durch die Niedrigzinspolitik der Notenbanken enteignet. Kreditgebende Banken werden durch die Regelwerke von Basel II und Basel III schwer belastet, während kapitalmarktorientierte Zockerbanken und vor allem Schattenbanken ungebremst agieren können. Kreditorientierten Banken wird zudem durch die Planwirtschaft der Rating-Agenturen ein enges Korsett umgelegt. Diese Situation und die politische Schwäche in Europa haben dazu geführt, dass wir von einer „Euro-Krise“ sprechen. Massive Schuldenschnitte, Südländer raus aus der Euro-Zone (mir hat noch keiner erklären können, warum das die europäische Idee gefährden sollte), danach Stützungskredite, und der Spuk wäre vorbei. So, wie es jetzt läuft, schränken wir die Demokratie ein und lassen uns von den schwächsten Staaten der Euro-Zone sowie der Finanzlobby die Geld- und Finanzpolitik diktieren. Als Folge ist das Bewertungsniveau vieler europäischer Aktien lächerlich gering. Amerikanische Aktien sind oftmals – trotz der katastrophalen Zustände in weiten Bereichen der USA – durchaus fair oder sogar satt bewertet. Ich erwarte daher in den kommenden ein bis zwei Jahren eine massive Übernahmewelle." |