Einzigartige Pilotanlage für grünen Strom
Fachleute sind sich einig: Für das Gelingen der Energiewende werden mehr Stromspeicher benötigt. Thüringen geht nun neue Wege und schafft eine Alternative zu Pumpspeichern. Von Eike Kellermann Bei dem Pilotprojekt wird Wasser mit Strom in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten, um danach aus dem Wasserstoff Methan zu erzeugen. Foto: dpa vergrößern Erfurt - Grüner Strom, Biogas und Methan: Das sind die Zutaten, die eines der größten Probleme der deutschen Energiewende lösen sollen. Die Zutaten, gemischt in einem Verfahren namens "Power to Gas", sollen dafür sorgen, dass überschüssiger Strom gespeichert werden kann. Bislang ist das großtechnisch nur in Pumpspeicherwerken möglich. Doch die Megabatterien sind wegen ihres enormen Natureingriffs umstritten - so auch das Vorhaben an der Schmalwasser-Talsperre im Thüringer Wald.
Eine Alternative, die in ungleich größerer Menge Strom speichern könnte, ist das Power-to-Gas-Verfahren. Bei Neunheilingen im Unstrut-Hainich-Kreis soll kommendes Jahr eine Pilotanlage errichtet werden. Eine weltweit einzigartige Anlage, wie Projektleiter Clemens Hoffmann vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik in Kassel betont. Thüringens Umweltminister Jürgen Reinholz, CDU, stellt bis zu 75 Prozent Förderung für die rund drei Millionen Euro teure Anlage in Aussicht.
Was ist das nun für eine Wundermaschine, die Hoffmann von einem "historischen Moment" schwärmen lässt? Die von seinem Institut entwickelte Technologie könnte dafür sorgen, dass ein für die Energiewende benötigter Strompuffer von rund zehn Prozent des Gesamtbedarfs tatsächlich vorhanden wäre. "Das wird ein Exportschlager wie die Solartechnik", ist sich Hoffmann sicher. Da der Wind unregelmäßig weht, ebenso wie die Sonne unregelmäßig scheint, kann es in Spitzenzeiten passieren, dass viel zu viel grüner Strom vorhanden ist. Bei Flaute hingegen fehlt er.
In Neunheilingen plant die Projektgesellschaft Boreas zunächst einen Windpark. Fällt hier zu viel Strom an, soll dieser dazu genutzt werden, Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten. Das geschieht in einem sogenannten Elektrolyseur. Die Anlagen sind bisher extrem teuer, weil in ihnen beispielsweise das Edelmetall Platin verbaut wird.
Der Wasserstoff wird anschließend in einen Reaktor geleitet, in dem sich Biogas befindet. Das Biogas für die Thüringer Pilotanlage stellt die in Neunheilingen ansässige Agrargesellschaft zur Verfügung. Sie betreibt bereits eine entsprechende Anlage. In dem Reaktor entsteht schließlich das Gas, für das der ganze Aufwand betrieben wird: Methan. Dieses kann im 400 000 Kilometer langen bundesdeutschen Gasnetz gespeichert werden. Herrscht Windflaute oder trübes Wetter, wird es einfach wieder in Strom oder Wärme zurück verwandelt.
Der Baubeginn der Pilotanlage steht noch nicht fest. Zunächst muss das von Reinholz bei der EU beantragte Förderprogramm genehmigt werden. Die Anlage wird auch nur 0,5 Megawatt Leistung haben. Der Praxistest soll jedoch zeigen, ob das Power-to-Gas-Verfahren grundsätzlich tauglich ist. Falls ja, wäre nach Ansicht von Projektleiter Hoffmann das Speicherproblem gelöst. Schließlich gebe es in Deutschland bereits 7600 Biogasanlagen. Sie könnten genügend Methan herstellen, sagt Hoffmann, um die Schwankungen bei den erneuerbaren Energien auszugleichen. |