Von Holger Schmidt
Ralph Dommermuth warnte vergeblich vor Enteignung der Freenet-Aktionäre 28. April 2008 Was für ein Wirtschaftskrimi? Bis zuletzt hatte Ralph Dommermuth, der Vorstandsvorsitzende von United Internet, mit großem Einsatz für die Übernahme des Konkurrenten Freenet gekämpft. Noch am Sonntag, kurz vor der entscheidenden Sitzung des Freenet-Aufsichtrats, hatte Dommermuth in einem der zahlreichen „offenen“ Briefe, die in den vergangenen Wochen zwischen den Provinzstädten Montabaur (12500 Einwohner) und Büdelsdorf (10000 Einwohner) hin und her gesendet wurden, den Druck erhöht und eine Aufstockung seines Angebots für Freenet in Aussicht gestellt. Genutzt hat es nichts mehr. Eckhard Spoerr, der Vorstandschef von Freenet, hat ihn mit der Übernahme des Mobilfunkunternehmens Debitel schlicht und einfach ausgetrickst.
Der Perfektionist aus dem Westerwald ...
Dabei hatte alles so gut ausgesehen für den bodenständigen, bescheiden auftretenden Dommermuth, der im Westerwald aus eigener Kraft Deutschlands größtes Internet-Unternehmen aufgebaut hat. Kurz vor Weihnachten standen die Verhandlungen mit Spoerr nämlich kurz vor dem Abschluss. Doch Dommermuth zögerte damals. Ihm, der bei United Internet konsequent jeden Cent dreimal umdreht, war der Preis einfach zu hoch.
Dommermuth blieb sich damals treu: Keine Risiken, keine Abenteuer, immer die Kosten im Blick. Mit dieser Einstellung ist der 44 Jahre alte Unternehmer bisher gut gefahren und sie hat ihn zum Milliardär gemacht, der sich zum Vergnügen immerhin einen Ferrari und eine Segelyacht gönnt. Seine Unternehmen sind straff organisiert, seine Mitarbeiter leistungswillig - sonst hätten sie wenig Freude an ihrem Chef, der sich gerne auch mal um Details kümmert, damit auch die letzte Schraube im großen Räderwerk läuft.
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Bei aller Perfektion des Internet-Fabrikanten hätte sich aber mancher etwas mehr Mut von Dommermuth gewünscht, die Bereinigung auf dem Internetmarkt voranzutreiben. Große Würfe sind sein Ding nicht. Schon beim Verkauf des AOL-Zugangsgeschäftes hatte Dommermuth gegen Telecom Italia den Kürzeren gezogen. Freenet war nun die letzte Gelegenheit, einen großen DSL-Anbieter zu übernehmen, um United Internet auf Dauer gegen die drei Machtblöcke auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt, die Deutsche Telekom, Vodafone/Arcor und Telefónica/Telecom Italia/O2, zu etablieren.
Die Gelegenheit hat er vergeben - weil er nicht mit der Chuzpe von Eckhard Spoerr gerechnet hat. Das war ein großer Fehler. Spoerr gilt als skrupelloser Manager, der seine Interessen mit aller Macht - und noch mehr Raffinesse - durchsetzt. Dies hatte zuvor schon der frühere Mobilcom-Chef Thorsten Grenz schmerzhaft erfahren müssen, der sich nach der von ihm angestoßenen Verschmelzung mit Freenet plötzlich von Spoerr ausgebootet sah.
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Dass Porsche-Fahrer Spoerr gerne mit verdeckten Karten und allerlei Tricks agiert, ist in der Branche hinlänglich bekannt. Dass Spoerr stur seinen Weg geht und sich weder beeindrucken noch bluffen lässt, sollte Dommermuth auch gewusst haben. Doch den Schachzug, selber Debitel zu übernehmen, um dem eigenen Verkauf an United Internet zuvorzukommen, hat Spoerr verschwiegen und Dommermuth nicht erwartet. Zu dieser Fehleinschätzung kommt noch das Pech hinzu, dass Spoerr Vertraute in seinem Aufsichtsrat sitzen hat, der dem Geschäft erst nach langer Diskussion mit knapper Mehrheit zugestimmt hat und offenbar hitzige Diskussionen in der Hauptversammlung auch nicht scheut.
Doch diese letzte Hürde wird der Überlebenskünstler Spoerr sicher auch noch meistern. Ebenso wie die Tatsache, dass der Freenet-Aktienkurs am Tag der Debitel-Übernahme in den Keller gegangen ist. Schließlich hat jetzt etwa die Hälfte der Aktionäre kein langfristiges Interesse mehr an dem Unternehmen und wird seine Aktien verkaufen wollen.
Bald sitzen sie wieder an einem Tisch
Freunde fürs Leben werden Dommermuth und Spoerr sicher nicht mehr. Der Ehrlich, Ralph Dommermuth, ist jetzt der Dumme, Spoerr das strahlende Stehaufmännchen, der sich zum zweiten Mal aus scheinbar auswegloser Lage befreit und weiterhin den bestens dotierten Vorstandsvorsitz bei Freenet inne hat. Ewige Feindschaft können sich die beiden Manager aber nicht leisten. Denn nun will Freenet seine DSL-Sparte, die nicht mehr zum fusionierten Mobilfunkunternehmen passt, so schnell wie möglich loswerden, um die hohe Verschuldung zu senken.
Wahrscheinlich müssen sich dann Spoerr und Dommermuth am Verhandlungstisch wieder in die Augen schauen und versuchen, miteinander ein Geschäft zu machen. Das wird schwierig genug. Zumal jetzt auch der eine oder andere Kaufinteressent plötzlich auftauchen kann.
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