FREENET/DEBITELJahrmarkt der Entlassung
Von Michael Freitag und Claus G. Schmalholz
Nach einer Übernahme des Telefondienstleisters Debitel durch den Rivalen Freenet droht einer großen Zahl von Filialen die Schließung. Auch in der Verwaltung sind nach Informationen von manager-magazin.de Hunderte Jobs gefährdet. Zudem verhandelt Freenet-Chef Eckhard Spoerr über Zeitpunkt und Preis seines Rückzugs.
Hamburg - Der Telefondienstleister Freenet Chart zeigen will bei einer Übernahme des Konkurrenten Debitel eine große Zahl von Filialen schließen. Das Filialnetz wäre nach einer möglichen Fusion so eng geknüpft, dass etliche Läden nicht mehr benötigt würden, erfuhr manager-magazin.de aus Verhandlungskreisen. Über die genaue Anzahl werde noch diskutiert. Auch in Management und Verwaltung seien Hunderte Stellen bedroht.
© AP Großansicht Großes Einsparpotenzial: Debitel-Chef Steil und Freenet-Finanzvorstand Krieger wollen nach der Fusion den Rotstift ansetzen Debitel gehört dem Finanzinvestor Permira. Freenet bietet zwischen 1,4 und 1,5 Milliarden Euro für Debitel. Permira würde Freenet, falls das Geschäft zustande käme, ein Verkäuferdarlehen gewähren und im Gegenzug 24 Prozent der Freenet-Aktien erhalten. Freenet will anschließend sein Geschäft mit schnellen Internetzugängen verkaufen, um die Übernahme zu finanzieren.
Debitel und die Freenet-Mobilfunksparte Mobilcom betreiben allein in den 15 größten deutschen Städten rund 400 Filialen. Mehr als 100 davon sind laut einer internen Analyse weniger als 500 Meter voneinander entfernt. Die Verhandlungsführer, Debitel-Chef Oliver Steil und Freenet-Finanzvorstand Axel Krieger, sehen hier großes Einsparpotenzial. Ähnliche Möglichkeiten gebe es auch in kleineren Städten.
Sparen wollen Steil und Krieger auch in Management und Verwaltung. Bei einer Übernahme würden die Bereiche Vertrieb, Controlling, Finanzen, Personalentwicklung und Tarifentwicklung zusammengelegt, heißt es in Unternehmenskreisen.
Mehr zum Thema · Spieler im Fusionspoker: Wer mit Wem? (26.03.2008) · Freenet: Cheffrage bedroht Debitel-Deal (09.04.2008) · United Internet: Freenet nur ohne Debitel (04.04.2008) · Freenet: Drillisch ist wieder da (04.04.2008) · Debitel: Permira will an Freenet verkaufen (26.03.2008) Bei einem der beiden Konzerne könnten in den betroffenen Bereichen 60 bis 70 Prozent der Stellen gestrichen werden. Noch ist unklar, welches Unternehmen davon betroffen wäre.
Die Firma, die künftig die Führung übernimmt, soll ungeschoren davonkommen. Träfe es Freenet, wären demnach mehr als 700 Stellen bedroht. In den von einer Fusion tangierten Mobilcom-Bereichen arbeiten fast 1300 Mitarbeiter.
§Weiter zu Teil 2: Codename "Fun Fair"ahrmarkt der Entlassungen (2)
Von Michael Freitag und Claus G. Schmalholz
Codename "Fun Fair"
Die Debitel-Übernahme läuft bei Freenet unter dem Codewort "Fun Fair", also "Jahrmarkt". Noch ist allerdings offen, ob sie zustande kommt. Strittig ist unter anderem die Führung der Gesellschaft. Debitel-Chef Steil beansprucht den Vorsitz.
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Offenbar ist Freenet-Lenker Eckhard Spoerr auch bereit, den Vorstandsvorsitz abzugeben. Derzeit werde über die Bedingungen dafür verhandelt, heißt es im Unternehmen. Demnach will Spoerr noch bis Ende des Jahres im Amt bleiben und sich danach die Restlaufzeit seines Vertrags auszahlen lassen. Zusätzlich erhielte er den Wert seiner Aktienoptionen, deren Ausübungshürde nach einer Sonderausschüttung 2007 von 17,16 Euro auf 11,16 Euro gesenkt worden war.
Spoerr, der ohnehin zu den bestverdienenden Managern Deutschlands zählt, würden dann weitere Millionen zufließen. Im vergangenen Jahr betrug seine Vergütung 4,4 Millionen Euro, plus 4,27 Millionen Euro aus eingelösten Aktienoptionen und Aktienwertsteigerungsrechten. Schon im Geschäftsjahr 2006 betrug sein Jahreseinkommen 3,84 Millionen Euro. Bereits im November 2004 war Spoerr und seinen Vorstandskollegen zudem eine unmittelbare Pensionszusage gewährt worden, aus der Spoerr 2007 eine Summe von 835.000 Euro zusteht.
Mehr zum Thema · Spieler im Fusionspoker: Wer mit Wem? (26.03.2008) · Freenet: Cheffrage bedroht Debitel-Deal (09.04.2008) · United Internet: Freenet nur ohne Debitel (04.04.2008) · Freenet: Drillisch ist wieder da (04.04.2008) · Debitel: Permira will an Freenet verkaufen (26.03.2008) Kritik an der Höhe seines Einkommens pariert Spoerr stets mit der Bemerkung, dass das Unternehmen Freenet schließlich von ihm und seinem Team aufgebaut worden sei: "Das ist eine besondere unternehmerische Leistung."
Vor allem Vertreter der Großaktionäre drängen darauf, sich mit der Entscheidung über die Übernahme noch Zeit zu lassen. Sie wollen die Gespräche mit United Internet Chart zeigen abwarten. Das von Ralph Dommermuth geführte Unternehmen will Freenet übernehmen. United Internet hält gemeinsam mit dem Konkurrenten Drillisch bereits 25 Prozent der Freenet-Anteile und ist damit größter Aktionär. Weitere Großaktionäre sind die Investmentgesellschaft Vatas und die britische Fondsgesellschaft Hermes.
United-Internet-Chef Dommermuth will bis zu 12,80 Euro pro Freenet-Anteil zahlen. Die Freenet-Aktie war nach dem Angebot um fast 20 Prozent gestiegen. United Internet hat jetzt erste Gespräche mit der Freenet-Führung aufgenommen.
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