ARTIKEL STAATSANLEIHEN US-Chaos verunsichert Investoren
26.07.2011, 19:40 Uhr Fonds und Banken müssen mit einem Zahlungsausfall der USA rechnen. Das Problem ist nur: Wie soll man sich auf das bisher Undenkbare vorbereiten? Artikel merken Artikel ausdrucken Artikel versenden Social Bookmarking Artikelembedden von Rolf Benders und Udo Rettberg
US-Präsident Barack Obama: Der Streit mit den Republikanern über die Schuldenobergrenze eskaliert. Quelle: REUTERS New York/ FrankfurtDie Stimmung bei Banken und Fondsgesellschaften weltweit schwankt angesichts des drohenden Zahlungsausfalls der USA zwischen hektischer Notfallplanung und dem Prinzip Hoffnung. "Wir sind durch die Anlagerichtlinien unserer Kunden gegangen und haben mögliche Reaktionen definiert", beschrieb Mohamed El-Erian, Chef des weltgrößten Bondfondshauses Pimco, die intensiven Vorbereitungen bei der Allianz-Tochter, ohne sich genauer in die Karten gucken lassen zu wollen. Das andere Extrem aus einer Umfrage des Handelsblatts offenbarte eine gewisse Sorglosigkeit: "Die werden sich schon in letzter Minute einigen. Zudem ist das eine politische und keine wirtschaftliche Krise wie in Griechenland. Deswegen bereiten wir unsere Bilanz auch nicht vor", hieß es bei einer großen europäischen Bank. Die Zeit in Washington läuft ab. Für US-Präsident Barack Obama wird es knapp. Spätestens am 2. August geht der Regierung das Geld aus - und die Ratingagenturen werden die Kreditwürdigkeit der USA herabstufen. Bislang haben sich Republikaner und Demokraten nicht auf eine Anhebung des Schuldenlimits einigen können. Unsicherheit dominiert die Antworten aus Banken und Fondsgesellschaften über die Vorbereitungen auf das Ereignis und seine möglichen direkten Folgen. "Ich bin mir nicht sicher, ob irgendjemand wirklich weiß, was der Effekt für die Finanzmärkte wirklich wäre, wenn die USA ihre Topnote 'AAA' verlieren würden, denn das würde ein komplexe Serie miteinander verwobener Folgen auslösen", sagte Anthony Gifford, Fondsmanager bei Henderson. Eine der großen Sorgen ist, dass eine Herabstufung der US-Bonität dazu führen könnte, dass private und institutionelle Kunden ihre Anteile an Fonds mit hohem Anteil an US-Staatsanleihen verkaufen und so diese wiederum zum Verkauf der Anleihen zwingen. "Das könnte zu einer erhöhten Rückgabe von Anteilen wie 2008 führen", schreiben die Analysten von JPM in einer Studie in Anspielung an die drastischen Folgen der Lehman-Pleite im Herbst 2008. Damals mussten einige Geldmarktfonds sogar schließen. Die Betonung in der Analyse liegt dabei auf "könnte". Immer ist zu hören, vor allem institutionelle Anleger suchten in ihren Anlagerichtlinien nach Paragrafen, die sie vom sofortigen Zwang, ihre Fondsanteile zu verkaufen, entbindet. Denn sie alle wissen: Wenn alle gleichzeitig verkaufen wollen, setzt das eine Abwärtsspirale in Gang, die am Ende allen schadet. Offen will keiner sagen, wozu ihn seine Richtlinien zwingen. Überhaupt: Niemand will sich in die Karten gucken lassen. "Wir versuchen, das Risiko wegzustrukturieren", sagte etwa ein Topbanker und deutete damit an, dass das Institut versucht, das Risiko in den Markt zu verkaufen. Wie das geschieht, wollte er nicht sagen, damit die Konkurrenz nicht davon profitieren kann. Fonds schichten in Bargeld um. Um nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden, schichten viele Vermögensverwalter und Fondsgesellschaften in Bargeld um. Das reduziert das Risiko und erlaubt ihnen, Kunden im Fall des Falles schnell auszahlen zu können. "Wir agieren momentan sehr defensiv und haben unsere Barreserven von zwei Prozent im Monat April auf derzeit zehn angehoben", sagt Keith Wirtz, Chief Investment Officer des 18 Milliarden Dollar anlegenden Vermögensverwalters Fifth Third Asset Manager. Aber auch außerhalb der Finanzbranche flüchten Firmen in Bargeldbestände. Das gilt für den Einzelhandel, aber auch für Industriefirmen. Von General Electric - dem größten Firmenkonglomerat der USA mit einer großen Finanzsparte - ist bekannt, dass sich das während der Krise im Jahr 2008 stark getroffene Unternehmen seither auf unvorhersehbare Ereignisse besser vorbereitet. Während der vergangenen drei Jahre hat der Konzern einerseits seine Barreserven kräftig erhöht und andererseits die langfristigen Verbindlichkeiten stark reduziert. "Wir haben unsere Liquidität dramatisch erhöht", sagt Finanzchef Keith Sherin. |