Bei Umsatz und AEBITDA gehe ich mit, wobei ich vielleicht sogar etwas mehr erwarten würde beim AEBITDA. Die Contribution Margin hatte merklich unter der Blitz-Expansion gelitten, wobei seit Q2 schrittweise Besserungen beobachtbar sind. Da sollte vor allem an der Fulfillment-Front noch das ein oder andere Prozentchen gegenüber 2022 rausholbar sein, was dann direkt stark aufs AEBITDA wirkt.
Wo ich allerdings deine Rechnung deutlich zu optimistisch finde, ist bei der Ansetzung der Share-Based Compensation (also beim A des AEBITDA) und bei den Abschreibungen (beim DA). In den ersten 9 Monaten 2022 sind bei Share-Based Compensation bereits 56 Mio und bei Abschreibungen 113 Mio angefallen, sodass wir bei linearer Hochrechnung aufs Jahr gesehen bei knapp 227 Mio liegen. Die Tendenz bei den Abschreibungen ist eher stark steigend, sodass ich hier für 2023 auf keinen Fall mit unter 250 Mio kalkulieren würde. Du hast hingegen gerade mal 185 Mio angesetzt, ergo würde ich dein Netto-Ergebnis nochmal um mindestens 65 Mio korrigieren, sodass ich hier auf knapp 165 Mio oder bei höhere Ansetzung der Abschreibungen bei noch weniger rauskomme.
Zu beachten hierbei ist auch, dass sich die Bilanzierung der Share-Based Compensation bei HelloFresh in 2022 verändert hat. Ich zitiere hierbei aus dem Quartalsbericht: "Share-based compensation expenses have increased year-on-year in comparison to the third quarter 2021. The increase is driven by a number of factors, including that grants given from 2022 onwards are accounted for as "graded vesting", which from an accounting perspective front loads more of the realization of related expenses as compared to "linear vesting."
Entsprechend kann es natürlich sein, dass die Share-Based-Compensation Expenses nach einer Explosion in 2022 in Zukunft wieder etwas zurückgehen. Wäre mal nett, wenn irgendeiner der Analysten danach fragen würde. Stattdessen wird es morgen aber wohl wieder die gleichen lahmen Fragen wie immer geben...
Grundsätzlich rechne ich in Sachen Net Income fürs Erste mit weiteren Enttäuschungen, denn im Q4 kommt es wie von mir in meinem anderen Post angesprochen gegebenenfalls zu Sonderabschreibungen, während in 2023 ein grundsätzlich hohes Niveau an Abschreibungen und Share-Based Compensation den Nettogewinn belasten werden. Das ist schlicht der rapiden Expansion und Investitions-Offensive der letzten 2 Jahre geschuldet und nicht der Schwäche des Geschäfts an sich. An der Cashflow Front bin ich hingegen optimistisch, dass es in 2023 deutlich besser aussieht als 2022.
Ich glaube, es wird alles in allem weiter schwierig die Skeptiker mit den aktuellen Zahlen zu überzeugen. Der eigentliche Wert des Geschäfts ist schlicht gut versteckt und auch nicht unbedingt gut kommuniziert von HelloFresh. Die Marge bei Stammkunden ist irre, da gehe ich jede Wette. Man schaue sich nur Marley Spoon an, die notgedrungen das Marketing zu einem großen Teil eingestampft haben. Ohne die Gratis-Werbe-Kunden gab es im Q4 auf einmal AEBITDA-Margen weit über 10% in USA und Australien. Wenn man sich dann dort noch die Contribution Margin von über 30% anschaut (HelloFresh Q1 - Q3 2022 25,1%), dann sieht man, was auch hier noch gehoben werden kann. All das Potential wird möglicherweise aber erst gesehen, wenn es wirklich Schwarz auf Weiß wieder in Net Income umgesetzt werden. Vertrauensvorschuss scheint es für HelloFresh einfach nicht zu geben. |