Sächsische Zeitung Datum: 31. 08. 2001
§ §Bewährungsstrafe für Ex-Dynamo-Präsident Von Thomas Schade
Er fährt keinen dicken Mercedes mehr, sondern Golf. Er logiert nicht mehr im teuersten Hotel am Platze, sondern für 80 Mark (40,9 Euro) monatlich bei seiner ältesten Tochter im Münsterland. Er verzockt nachts im Casino nicht mehr die Tausender, sondern bittet um Milde, wenn es um ein Bußgeld geht. Aber sonst ist Rolf-Jürgen Otto ganz der Alte: Wieder gut beieinander, nach schwerer Krankheit. Braun gebrannt im lässigen gelben Sommerlook steht der heute 61-Jährige barfuß in seinen Slippern neben einer Freundin und plaudert locker von den alten Zeiten.
Retter und Plattmacher
Vor zehn Jahren kam er nach Sachsen, um das große Geld zu machen. Er luchste der Treuhand die Firma Meißner Hoch- und Tiefbau ab, fühlte sich in Weißig bei Dresden als Baulöwe und in der Lage, den Fußballverein Dynamo Dresden vor dem Ruin zu retten. Im Stadtteil Prohlis holte er für die FDP rund zehn Prozent der Wählerstimmen und zog als großer Zampano in den Stadtrat ein. Tausenden Dynamo-Fans machte er über die Stadionlautsprecher Hoffnung. Vielen Geschäftspartnern trat er vors Schienbein. Als Retter und Plattmacher zugleich sorgte der Drei-Zentner-Mann damals hemdsärmelig und polterig für Schlagzeilen. "Wir waren schon im Gespräch", schwärmt er noch heute von jenen Jahren. Sie endeten für Dynamo im Desaster und für Rolf-Jürgen Otto im Gefängnis. Rund drei Millionen Mark (1,53 Millionen Euro) hatte er veruntreut.
Dagegen waren es kleine Sünden, wegen denen Otto gestern noch einmal nach Dresden vor das Landgericht musste. Der Staatsanwalt klagte zwar noch einmal zehn Vorwürfe der Untreue und eine Konkursverschleppung an. Doch die Vorgänge stammen alle von 1996. "Resteverwertung", meinte selbst Richter Martin Schulze-Griebler, ließ Milde walten und stimmte einer Absprache zu. Otto gestand, dass er 1994 und 1995 zweien seiner sieben Kinder insgesamt über 40 000 Mark (20 451 Euro) aus der Firma Großenhainer Hoch- und Tiefbau als Gehalt zukommen ließ, obwohl die nichts dafür taten. Im Gegenzug ließ der Staatsanwalt andere Anklagepunkte fallen, auch den: Otto habe bei Dynamo in die Kasse gegriffen.
"Alles Quatsch, ich habe mein Vermögen in den Verein gesteckt", schwadroniert Otto am Rande des Prozesses. Bis heute schlage sein Herz für den Dresdner Fußball. Auf den DFB schimpft er, der unverschämte Forderungen gestellt habe. Und auf die Stadt, die habe ihn am ausgestreckten Arm verhungern lassen. Aber Otto weiß: "Ich habe selbst viele Fehler gemacht." Im Höhenrausch lebte er auf zu großem Fuß und verlor den Überblick über das, was ihm gehörte und was nicht. Er gab alles aus.
800 Mark Arbeitslosenhilfe
Was er heute treibt, konnte dem gelernten Großhandelskaufmann im Sunny-Boy-Outfit erst der Richter entlocken. Er lebe von etwas mehr als 800 Mark Arbeitslosenhilfe. Im offenen Strafvollzug hatte er im Büro eines Regalherstellers gejobbt. Doch die Firma zahlte ihm kurz nach seiner Haftentlassung 1997 kein Geld mehr. Ottos Immobilien in Weißig, drei Häuser, verwalten heute die Banken. Das Gericht verließ Rolf-Jürgen Otto gestern zwar als freier Mann, verurteilt zu einem Jahr Haft auf Bewährung. Knurren musste er trotzdem. Denn 2 000 Mark (1022 Euro) Geldbuße muss er zahlen. Da half auch ein artiger Handschlag vor der Verhandlung nichts.
Quelle: SZ
Ist zwar schon ne Weile her dieser Artikel, aber durch das Dilemma sind wir immer noch nicht vorwärts gekommen... |