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"Da geht noch was", sagten sich die Porsche-Techniker beim Stapellauf des 911 GT2. Jetzt ist der Nachfolger da. 100 Kilogramm leichter und 620 PS stark stellt der GT2 RS alles in den Schatten, was Porsche bisher in Serie gebaut hat. Das Beste: Für die Rennstrecke genügt ein Knopfdruck.
Stuttgart - Projektcode 7.27 - unter dieser Bezeichnung lief die Entwicklung des Porsche GT2 RS in der Motorsport-Abteilung der Zuffenhausener Sportwagenschmiede. Dabei war der Name Programm. 7,27 Minuten, und damit fünf Sekunden schneller als der schon extrem schnelle GT2, war die angestrebte Zeit für eine Runde auf der Nordschleife des Nürburgrings. Doch es kam anders. Der fertige GT2 RS fegte mit seinem 620 PS starken 3,6-Liter-Biturbo-Boxer schließlich in 7,18 Minuten über die Nordschleife - Auftrag übererfüllt.
Die Entwickler hatten sich ohnehin rasch von der offiziellen Bezeichnung verabschiedet und ihrem neuen Liebling den Kosenamen "Lighty" verpasst: Mit 1.370 Kilogramm ist die Rennsport-Version - deshalb RS - ein absolutes Leichtgewicht. Die Geschichte des verkappten Rennwagens begann an einem fröhlichen Abend; das Entwicklungsteam feierte die Endabnahme des Vorgängermodells GT2. "Das Auto war auf der Bühne, und wir standen so halb darunter ", erinnert sich Karsten Schebsat, Leiter Entwicklung Performance GT-Fahrzeuge an jenen Moment, als einer seiner Kollegen aus einer Laune heraus sagte: "Da geht doch noch was." Sofort ging die Diskussion los. "An der Fahrdynamik des GT2 können wir noch was machen. Ein bisschen mehr Leistung. Weniger Gewicht. Verbesserte Aerodynamik", berichtet Schebsat. Die Vorschläge seien wild durcheinander gegangen.
Turbos mit 1,6 bar Ladedruck
Die Chefetage gab schließlich grünes Licht für die Leistungsfreaks. Und so machten die sich daran, den 1470 Kilogramm schweren GT2 abzuspecken und gleichzeitig die Leistung zu erhöhen. Beim Gewicht wurde alles unter die Lupe genommen - sogar beim Teppichboden holten die Spezialisten vier Kilogramm heraus. Teile, die zuvor nur wie Karbon aussahen, sind nun tatsächlich aus dem teuren Kunststoff, etwa die vordere Haube. Auch für die Kotflügel kam Kunststoff zum Einsatz. Eine knifflige Geschichte, sitzen doch in diesem Teil des Autos die Scheinwerfer. Und die dürfen nun mal bei einem Auto mit Straßenzulassung während der Fahrt keinen Millimeter wackeln.
Die Motorentechniker schafften es, aus dem 3,6-Liter-Sechszylinder des GT2 satte 90 PS mehr herauszuholen. Sie schraubten den maximalen Ladedruck der beiden Abgasturbolader auf 1,6 bar - das ist doppelt so viel wie beim 911 Turbo und immerhin noch 0,2 bar mehr als beim GT2. Übertragen wird die Kraft über ein speziell für den Wettbewerbseinsatz konzipiertes Sechsgang-Schaltgetriebe auf die Hinterräder.
ANZEIGE Für eine Verbesserung des Fahrverhaltens griffen die Ingenieure tief in die Trickkiste: "Serienmäßig ist ein asymmetrisch wirkendes Sperrdifferenzial integriert, um ein Maximum an Traktion und Fahrstabilität bei höchster Kurvenagilität zu erzielen", erläutert Schebsat die technischen Feinheiten. Von 0 auf 100 in 3,5 Sekunden
Für höheres Kurventempo sorgt zudem ein feststehender Heckflügel. Der bringt zum einen 60 Prozent mehr Abtrieb als beim GT2, gleichwohl sorgen sogenannte Staudruck-Luftsammler dafür, dass die Versorgung des Triebwerks mit Sauerstoff verbessert wird. Alles wurde darauf ausgelegt, ein Höchstmaß an Stabilität des Fahrzeugs bei Höchstgeschwindigkeit zu erreichen. Und diese sogenannte Vmax liegt bei 330.
Auf dem Weg dorthin passiert der GT2 RS die Marke 100 in 3,5 Sekunden, die Marke 200 in 9,8 Sekunden und die Marke 300 in 28,9 Sekunden (Werksangaben). Doch wirklich verblüffend ist, dass sich dieser auf den Rennsport getrimmte Wagen mit seinen mächtigen Rädern, den verbreiterten Radhäusern, den riesigen Lufteinlässen am Bug und dem Heckflügel auf der Straße so handzahm fahren lässt wie ein VW Golf. Auf solch alltäglichem Terrain verbringt der GT2 RS allerdings nach Einschätzung von Porsche nur etwa zehn Prozent seiner Kilometerleistungen. Der Rest wird auf der Rennstrecke absolviert.
mik/dapd |