dieser neoliberalen Schröder-Politik liegen vor allem im Zeitgeist Ende der 90er / Anfang der 2000er-Jahre, in denen Deutschland wachstumstechnisch das Schlusslicht in Europa und der westlichen Welt bildete. Während vor allem im angelsächsischen Raum, USA, GB die Wachstumsraten hoch waren, hinkte das deutsche Wirtschaftswachstum weit dahinter. Deutschland galt zu diesen Zeiten umgangssprachlich als das Schlusslicht, als Träger der "Roten Laterne".
Die Konservativen und Liberalen, d.h. Schwarz-Gelb übten in Folge dieser schwachen Entwicklung enormen Druck auf die Rot-Grüne Regierung aus und machten vor allem das unliberale Umfeld, die unliberale Arbeitswelt und vor allem die unliberale Finanzwelt dafür verantwortlich. Man kritisierte das hohe Maß an Sozialstaat, sowie die vielen Regulierungen im Bereich der Finanzmärkte. So waren Hedgefonds in Dtl. zu dieser Zeit unzulässig, in anderen Ländern wie GB oder den USA wiederum nicht. Hedgefonds wiederum waren nicht unwesentlich am hohen Wirtschaftswachstum beteiligt, da sie dank ihrer im Vergleich zu anderen Fonds sehr liberalen Regulierung, besser gesagt keiner Regulierung, wesentlich mehr ins Risiko gehen und dadurch deutlich höhere Renditen erzielen konnten.
Deshalb fand zu dieser Zeit eine regelrechte Liberalisierungswelle statt, bei dem man sich bei der "Nicht-Regulierung" gegenseitig übertrumpfen wollte. Man, vor allem Schwarz-Gelb, glaubte, dass der Sozialstaat wie er zu dieser Zeit noch existierte, nicht mehr zeitgemäß ist und der Markt das Alles von selbst regelt.
Und das ist es auch, was die Wähler immer mehr einforderten, sie wollten eine Liberalisierung von Dtl. Diese Liberalisierung hatte Schröder ihnen dann auch gebracht und auch die Grünen spielten dieses Spiel mit, da sie eben nicht der Spielverderber sein wollten, denn sie wussten, wenn sie die Liberalisierung blockieren würden, es das Ende von Rot-Grün bedeutet hätte und die Liberalisierungsvorstellungen von Schwarz-Gelb dann noch viel weiter gehen würden.
D.h. HartzIV war zu dieser Zeit genau dass, was die Mehrheit der Wähler forderten. Und auch Hedgefonds wurden in Dtl. zugelassen, wenn auch wenigstens mit ein paar Regulierungen. Mit Schwarz-Gelb wären Hedgefonds gar nicht reguliert worden.
Tja und dann verging der Zeitgeist und vor allem die Hedgefonds, die über Jahre gute Renditebringer waren, wurden sich immer mehr zum finanziellen und wirtschaftlichen Risiko. Die Immobilienblase, auch eine Folge dieser Deregulierung und Liberalisierung führte 2008 dann zur bislang größten neuzeitlichen Finanzkrise. Die Liberalisierungsbewegung kehrte sich dann ins Gegenteil um und man erkannte mit den Folgen der Finanzkrise, wie wertvoll und vor allem auch zeitgemäß ein gut funktionierender Sozialstaat ist. Aus Deregulierung wurde Regulierung und nahm man Deutschland vorher als Träger der Roten Laterne war, schaute man plötzlich neidig z.B. auf die Kurzarbeiter-Regelung. Während in den meisten anderen Ländern die Menschen arbeitslos auf der Straße standen, die Unternehmen ihre Fachkräfte verloren, konnten dt. Unternehmen die schwierigen Zeiten mit Kurzarbeit überbrücken und die Fachkräfte halten.
Das höhere Maß an Regulierung führte in Dtl. zu vergleichsweise überschaubaren Verlusten, so dass wir verstärkt aus dieser Krise hervorgegangen sind. Die Schwäche der anderen innereuropäischen Staaten schwächte den Euro, was vor allem unserer exportlastigen Wirtschaft einen weiteren Vorteil und Schub verlieh.
D.h. die Zeiten und vor allem der Zeitgeist ändern sich. Was Heute im Trend ist, kann Morgen und Übermorgen schon wieder ganz anders sein. Sich dem Zeitgeist vollständig zu entziehen, sich dem Trend zu widersetzen, halte ich in einem demokratischen System für unrealistisch. Damit endet man zwangsläufig in der Opposition.
Was hier als "Brutkammer der EU-Kommision" dargestellt wird, ist letztendlich nichts Anderes als der Zeitgeist. Und Jene die das Heute zur Last legen, waren zur damaligen Zeit Jene, denen die Liberalisierung gar nicht zu weit gehen konnte, eiferte man dem Erfolgsmodell der USA und GB hinterher. |