Camerons gestriger Rücktritt, den er für Oktober ankündigte, wurde ihm als EU-Befürworter und Verlierer des Referendums hoch angerechnet.
Aber war dies der einzige und vor allem der wahre Grund, zwar sein Amt zur Verfügung zu stellen, aber dennoch bis zum Herbst zu bleiben? Wohl eher nicht.
Nachdem gestern die Wahl zu Gunsten der Austritts-Verfechter ausging, glühten die Strippen. Es kann nicht sein, was nicht sein darf, da waren sich Junker, Schulz, Merkel, Hollande, Cameron und Co sicherlich einig, dass man den Brexit unbedingt verhindern muss. Schon allein deshalb, weil plötzlich in ganz Europa die EU-Gegner ihre Sternstunde sahen und schon gerätselt wurde, wer denn nun der nächste Kandidat ist, der die EU verlassen wird.
Wie aber könnte es machbar werden? Klug war erst einmal der Schachzug, den gestern Cameron zog: Er blockiert bis Oktober den Austritt, denn er will es ja seinem Nachfolger überlassen, die Austrittsverhandlungen zu führen. Damit wurde Zeit gewonnen, die die EU braucht, um den Briten soviel Steine wie nur möglich in den Weg zu legen, diesen Austritt zu bewältigen.
Möglich wäre natürlich auch, dass das Parlament gegen den Willen des Volkes entscheidet, denn Hoheit über das, was passiert, hat nicht die Regierung, sondern das Parlament. Vor vier Tagen noch waren von den 650 Mitgliedern des Parlaments 450 für den Verbleib in der EU. Allerdings glaube ich nicht, dass das Parlament sich so ohne weiteres über den Wählerwillen hinwegzusetzen wird.
Ein charmanter Nebeneffekt wäre es, wenn die EU-Technokraten die EU-Institutionen noch fester zementieren könnten, da ja auch Stimmen laut werden, die den Umbau der EU fordern. In dem Zusammenhang könnten irreversible Tatsachen geschaffen werden.
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