"Die Reformen sind wichtiger als ich“
Schröder steht zu der Agenda 2010, auch wenn sie ihn das Amt kostet. Bundeskanzler schließt Erhöhung der Ökosteuer und eine Kabinettsumbildung aus
München - Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) will sein Reformprogramm selbst dann durchsetzen, wenn ihn dies das Amt kosten sollte. „Das Richtige ist wichtiger als die persönliche Macht“, sagte Schröder dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Er fügte hinzu: „Die Reformen sind wichtiger als ich.“
Es sei unbestreitbar, dass die Agenda 2010 auf Widerstand und Schwierigkeiten stoße. „Aber kann man deshalb auf diesen Reformprozess verzichten?“, fragte der Kanzler. „Wenn es Sozialstaatlichkeit und Gerechtigkeit nicht nur für uns, sondern auch für die Generation meiner Kinder geben soll, kann man nicht nach Meinungsumfragen entscheiden.“ Schröder zeigte sich trotz schlechter Umfragewerte zuversichtlich, bei der Bundestagswahl 2006 die Regierungsmehrheit für Rot-Grün verteidigen zu können. „Ob der Reformprozess am Ende wirklich zu Machtverlust führt, wollen wir erstmal sehen“, sagte der Kanzler. Auch vor seiner Wiederwahl 2002 seien die Umfragen ungünstig gewesen.
In diesem Jahr will Schröder Reformen bei der Rente und der Pflegeversicherung durchsetzen. Dabei schloss er nicht aus, dass bei der Pflege über die vom Verfassungsgericht geforderte Besserstellung von Menschen mit Kindern auch für Demenzkranke etwas getan werde. Weitergehende Wünsche von Sozialpolitikern auf Leistungsverbesserungen lehnte der Kanzler ab. „Was wir brauchen, ist ein Transfer weg von Gegenwartskonsum hin zu Zukunftssicherung. Deshalb muss mehr Geld in Bildung und Innovation fließen“, sagte er.
Forderungen aus den Reihen der Grünen, die Ökosteuer weiter zu erhöhen, um Sozialabgaben zu senken, wies Schröder zurück. „Es gibt keine Pläne für Änderungen bei der Ökosteuer, also auch nicht für eine Erhöhung“, sagte der Kanzler. Da ändere sich in dieser Legislaturperiode nichts. Eine Umbildung seiner Regierung schloss Schröder vorläufig aus: „Die Mitglieder des Kabinetts arbeiten gut. Solange das der Fall ist, gibt es keinen Grund, etwas zu ändern.“ ddp
DIE WELT Artikel erschienen am 24. April 2004 |