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Auf die Frage, warum der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche im Gegensatz zu Martin Hohmann nicht aus der Fraktion ausgeschlossen wurde und ob in Sachsen "rechte Ausrutscher" erlaubt seien, anwortete der amtierende Ministerpräsident Georg Milbradt in der ersten Ausgabe der "Sächsischen Zeitung am Sonntag": "Die Fälle sind nicht vergleichbar. Hohmann hat auf seine Äußerung beharrt, Nitzsche seine bedauert. Bei Nitzsche gehe ich davon aus, dass seine Worte nicht seine generelle Haltung widerspiegeln. Er sollte bei öffentlichen Auftritten nicht so plappern." Nun Nitzsche plappert schon lange und nicht nur er. Dabei verkündete er nicht nur seine Haltung zum "letzten Ali", auch zu der Bevölkerung jenseits der deutschen Ostgrenze hat er so sein ganz eigenes Verhältnis. In einer aktuellen Debatte des Landtages am 13. Juli 2000 zum Antrag der CDU auf die "Aussetzung der Ökosteuer der rot-grünen Bundesregierung" meinte er: "Herr Jurk müsste es am besten Wissen, denn in unserer Ecke (gemeint ist der Niederschlesische Oberlausitzkreis) kommt man sich auf der Autobahn langsam vor wie in Polen oder in der Ukraine. Man sieht meist nur noch schwarze Nummernschilder. Ich warte nur noch darauf, dass die Autobahnauffahrten in polnischer Sprache gekennzeichnet werden. Dann sind wir dort, wo wir hinwollen!"
Bundestagswahlkampf in der Sächsischen Zeitung Den Redakteuren der "Sächsischen Zeitung" Ralf Hübner, Gunnar Saft und Peter Ufer, die vom "rechten Ausrutscher" in der sächsischen CDU sprechen, sei der hier dokumentierte Artikel aus der Zeitschrift "konkret" zu Weiterbildungszwecken ans Herz gelegt.
Standort Sachsen Auch die im Sendegebiet des Mitteldeutschen Rundfunks angesiedelte Bevölkerung kann stolz auf Deutschland sein
Von Jens-Uwe Richter und Gunnar Schubert Henry Nitzsche kann auf einen geraden Lebensweg zurückblicken. Vom "Demokratischen Aufbruch" der Herren Eppelmann, Schnur und Schorlemmer fand er über Pfarrer Ebelings DSU in die sächsische CDU. Für sie zog er in den Bundestag ein - direkt und massenhaft gewählt von einem Volk, das wie sein Vertreter nicht in einem Land leben will, "in dem der letzte Ali aus der letzten Moschee Zuflucht nehmen" kann. "Arbeit statt Zuwanderung" hatte Kandidat Nitzsche in der "Sächsischen Zeitung" und der "Lausitzer Rundschau" inseriert. Henry Nitzsche ist nicht allein. Seine Partei hat ihm stets Mut gemacht. Schon 1996 wies ihm sein Landesvorsitzender Fritz Hähle die Richtung: "Ich bin stolz, ein Sachse zu sein, und ich bin stolz, ein Deutscher zu sein. Das muß man öffentlich sagen dürfen, ohne sofort gebrandmarkt zu werden."
Was einen guten Deutschen hindert, seinen Stolz auszuleben, ist, wie die Junge Union Dresden herausgefunden hat, die nationale Vergangenheit beziehungsweise das "Übergewicht der Wissensvermittlung über die nationalsozialistische Diktatur gegenüber der realsozialistischen Diktatur".
Dabei hatte man sich in Sachsen eine Verfassung gegeben, deren Präambel die "leidvollen Erfahrungen nationalsozialistischer und kommunistischer Gewaltherrschaft" extra gleichsetzte - gegen die Stimmen der PDS, deren Fraktionsvorsitzender Klaus Bartl meinte, daß "diese Verfassung Geschichtsfälschung zur Verfassungsdoktrin erhebt, indem bereits in der Präambel eine Gleichsetzung von Faschismus und DDR-Ära vorgenommen wird", eine Ansicht, welche die Reformsozialisten längst reformiert haben. Niemand kämpft heute beherzter für das örtliche "Hannah-Arendt-Institut" als die ehemaligen SED- und FDJ-Mitglieder, denn dort kommt zusammen, was zusammen gehört: Der Junge von der Wiking-Jugend und der Chef der SPD-Geschichtskommission, der ehemalige TU-Professor und der vormalige Eindeutscher nicaraguanischer Revolutionslyrik, und allen voran der professorale Mölle-Mann Eckard Jesse, der den Juden erklärt, wer am Antisemitismus schuld ist: "Auf Dauer dürfte Judenfeindlichkeit nicht zuletzt gerade wegen mancher Verhaltensweisen von Repräsentanten des Judentums an Bedeutung gewinnen." So gut es die Verfassungsväter mit der Präambel gemeint haben mögen - der sächsische CDU-Mann Volker Schimpff sieht in ihrer "Nennung der nationalsozialistischen und kommunistischen Gewaltherrschaft" ein "Kollektivschuldbekenntnis des Volkes": "In der Tat nutzt ein solches mittels Verfassung aufgezwungenes Bekenntnis ewiger Schuld nur denen, die dem Volk den ewigen In-Sack-und-Asche-Gang oktroyieren wollen. Es nutzt nur denen, die in ihrem Haß und Selbsthaß jeden Bezug auf das Volk geifernd als 'völkisch' beschimpfen." Schimpff freilich beugte sich nicht. Lange bevor Nitzsche der Überfremdung der Fahrbereitschaft durch türkische Chauffeure gewahr geworden war, warnte er: "Wollt ihr etwa, daß ein Türke in Sachsen Bürgermeister wird?"
Solche Sorgen trieben auch Sachsens Justizminister Steffen Heitmann um, der nach einem Besuch in Stuttgart, wo ein "kulturelles Gemisch von verschiedensten Menschen" ihn behelligte, sich fragen mußte: "Bist du hier eigentlich noch zu Hause?" Wenn ein "unkontrollierter Schwall von Leuten nach Deutschland hineinschwappt", dieser "ungeordnete Zustrom von Asylanten", sozusagen "eine Flut von Ausländern", tue eine "Drosselung der unkontrollierten Ausländerschwemme" not. Die "Überfremdung der Deutschen durch Ausländer" - "Das Wort 'Überfremdung' weckt bei mir keine Assoziationen mit der Nazi-Zeit, sondern das ist ein Begriff aus der Psychologie" - müsse aufgehalten werden. Nur weil ihm (neben der Bärbel Bohley) die "Republikaner" und die "Nationalzeitung" zustimmten, gehört man doch nicht zu denen. Obwohl, wenn da "die Rechten nur demonstrieren wollen" zum Rudolf-Heß-Todestag, dann solle man mal nicht so sein, zumal die Antwort auf die Frage, ob das dann alles Rechte sind, "einmal dahin gestellt bleiben mag".
Seinen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf verfolgte Heitmanns Alp bis in den Schlaf. "Wir wohnten in unserem Haus am Chiemsee ... Am hinteren Gartentor standen einige Menschen brauner Hautfarbe... Plötzlich kamen weitere Menschen in weißen Gewändern, zum Teil mit Turbanen und weißen Kopfbedeckungen. Sie warfen Abfall in den Garten, zum Teil in zerbeulten Behältnissen. Eines dieser Behältnisse flog in die Nähe des Hauses und fing an zu brennen. Die Menschen fingen an, in den Garten einzudringen. Ihnen voran kam ein kräftig gewachsener großer Mann mit weißem Turban und weißem Gewand auf mich zu. Er hielt einen schweren Gegenstand in der Hand, mit dem er mich angreifen wollte. Dann endete der Traum." Nicht aber Biedenkopfs Phantasie: "Können wir die Menschenrechte noch aufrechterhalten, jetzt wo sie allenthalben anerkannt werden, wenn fremde Völker in unser Land drängen, unsere kulturellen Wurzeln bedrohen?"
Eine andere Parteifreundin von Nitzsche, die CDU-Abgeordnete Veronika Bellmann, warf einem Landtagskollegen von der SPD vor, er habe nichts besser zu tun, als "entartete Kunst zu liefern". Ja, so habe sie das jetzt aber nicht gemeint, erklärte sie nach einer kurzen Pause. Sie hätte wohl besser "abartig" gesagt. Die Bodenreform in der DDR, erklärte Bellmanns Parteifreund Schimpff, "war Klassenmord, so wie einige Jahre vorher die Nationalsozialisten Rassenmord begangen haben". Landtagspräsident Iltgen, der auch dem "Runden Tisch gegen Gewalt" vorsteht, sah keinen Grund zum Eingreifen, da das Wort Holocaust nicht gefallen sei. Tatsächlich hatte Schimpff nur einen alten Gedanken Heitmanns aufgegriffen: "Die DDR wird um keinen Deut besser, wenn Sie sie mit der nationalsozialistischen Diktatur vergleichen. Menschenverachtende Regime waren beide. Soll man sagen, die DDR war nur deshalb besser, weil sie Juden nicht in die Gaskammer geschickt hat?" Zumal der "organisierte Tod von Millionen Juden in Gaskammern", so der Innenminister als Bundespräsidentschaftskandidat, "tatsächlich einmalig ist - so wie es viele historisch einmalige Vorgänge gibt."
Einmalig war auch der "Zwischenfall in Hoyerswerda" 1991. Ein "Äußerst unerfreulicher Prozeß", wie Kurt Biedenkopf einräumte, aber, wie Frau Ministerpräsidentin Biedenkopf einschränkte, auch von den westlichen Medien aufgebauscht, damit sie etwas nach Hause zu berichten haben. Richtig, meinte Männe, denn "die sächsische Bevölkerung hat sich als völlig immun erwiesen gegenüber rechtsradikalen Versuchungen ... In Sachsen haben noch keine Häuser gebrannt, es ist auch noch niemand umgekommen." So gut wie keine und so gut wie niemand, nämlich bloß Brandanschläge im dreistelligen Bereich und da ein Punk, dort ein Schwarzer. Der Herr Professor wird übrigens demnächst einer privaten Universität für Juristerei in Dresden vorstehen.
Für Henry Nitzsche, mit dem man über "die konservative Erneuerung Deutschlands diskutieren" kann, nämlich daß der Bund "endlich wieder Investitionen statt gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften fördern" muß, hat aber auch die Geduld Grenzen. "Für mich ist das keine Kunst", sagte er über ein Künstlerprojekt, welches sich mit der Praxis der städtischen Bauten befaßte. Gesehen hatte er es nicht, riet den Künstlern aber, sie sollten "lieber im arabisierten Kiez unserer Hauptstadt ihr Glück versuchen". Was ihn im Inneren zusammenhält vertraute der Vertreter des sächsischen Volkes der Nazizeitung "Jungen Freiheit" an: Es gehe für viele Deutsche darum, "endlich das sagen zu dürfen, was man denkt und seinem Gewissen folgen zu können, statt tun zu müssen, was man uns im Namen der angeblichen 'Lehren aus der Vergangenheit', - damals war das der Antifaschismus, heute ist es die 'Vergangenheitsbewältigung' und der 'Dank für die Befreiung' - aufzwingen will. Dafür bin ich im Oktober 1989 nicht auf die Straße gegangen, dafür habe ich damals nicht den Demokratischen Aufbruch aufgebaut! ... Wir sollten nicht vergessen, daß weder Amerika noch die 'Vergangenheitsbewältigung' unser Souverän ist, sondern das Deutsche Volk."
Quelle: art Dresden Veröffentlicht am 19.02.2004 - 22:46:44 |