Börsenausblick: Inflationsgespenst vergrault Börsianer Die Vorzeichen an den Aktienmärkten stehen auf Rot: Die Furcht vor einer wirtschaftlichen Stagflation und neue Hiobsbotschaften aus dem Finanzsektor dürften die Kaufbereitschaft der Anleger deckeln. Auch bei Zinstiteln sind Experten nur begrenzt optimistisch.
Europas Börsen gingen die dritte Woche in Folge auf Tauchstation. Auf Wochensicht fiel der Dax um 2,8 %, der Stoxx 50 gab 3,1 % nach. An der Wall Street gab der S&P 500 um 3,1 % nach, der Nasdaq Composite um 2,0 %. In dieser Woche bestimmen die Aussagen der US-Notenbank Fed zur künftigen Zinsentwicklung und wichtige konjunkturelle Stimmungsindikatoren wie der Ifo-Index die Richtung an den Finanzmärkten. Die Furcht vor schnellen Leitzinserhöhungen in den USA gab nach. Am Freitag signalisierten die Terminmärkte, dass die große Mehrheit der Anleger erst im September mit einer Zinsanhebung rechnet, eine Woche zuvor hatten noch zwei Drittel auf August getippt. "Thema Nummer eins ist die Inflation. Sie ist seit Wochen in allen Überschriften. Die Wall Street wird die Sitzung der Fed genau nach weiteren Inflationsindikatoren verfolgen", sagt der Chefökonom von Argus Research, Richard Yamarone. Was ihn besorgt: "Die Unternehmen reichen nun die hohen Ölpreise an die Verbraucher weiter." Trotz der hohen Teuerung hatte die Fed in den vergangenen Tagen versucht die überschießenden Zinsängste der Marktteilnehmer etwas zu dämpfen. Davon hatten US-Staatsanleihen massiv profitiert. Während die Renditen europäischer Bonds stabil blieben, sank die Rendite zweijähriger Staatsanleihen um 0,17 Prozentpunkte. Sorge um US-Regionalbanken
Am Freitag schreckten zudem Krisennachrichten die Investoren. US-Anleger fürchten, dass US-Regionalbanken verstärkt unter den Folgen der Kreditkrise leiden: "Die faulen Hypotheken bei den Banken sind nicht verschwunden. Dazu sind die Regionalbanken, wie alle Banken, den fundamentalen Problemen der fallenden US-Immobilienpreisen hilflos ausgesetzt", sagt der Chefstratege des Researchhauses Bianco, Howard Simons. Merrill Lynch warnte vor schwächeren Erträgen und Dividendekürzungen bei Sun Trust Bank, Wachovia und Regionals Financial. Die Investmentbank geriet auch selbst unter Druck, nachdem die Ratingagentur Moody's die Bonitätsnoten der Anleiheversicherer Ambac und MBIA herabstufte. Merrill Lynch hat in seinen Büchern noch viele Kreditinstrumente, die bei Monolinern versichert sind. "Die Krise ist, entgegen der Aussagen vieler Bankchefs, noch nicht dem Ende nahe. Die Nachrichten von Merrill und den Regionalbanken zeigen, dass wir uns nun in einer Verlängerung befinden", sagt Yamarone.
Auch Marktbeobachter in Europa rechnen allenfalls mit einer kleinen Erholung als Reaktion auf die jüngsten Verluste. Auch hier bekümmert Anleger der Zustand der Banken - den Kursrutsch am Freitag lösten maßgeblich schwache Aktien von Finanzinstituten aus. "Die Risikoneigung der Investoren ist deutlich gesunken. Der Optimismus im April und Mai war doch etwas überhastet", so David Kohl, stellvertretender Chefökonom der Privatbank Julius Bär. "Das Gros der Investoren sucht sein Heil in der Geldmarktanlage", stellen die Experten der Helaba fest.
Neben Sorge um den Banksektor lasten verstärkt schwächere Gewinnaussichten sowie Stagflations-Angst auf Aktien. "Angesichts des hohen Ölpreises spricht nicht viel für gute Gewinnaussichten", meint Kohl. Einige Analysten senkten bereits die Gewinnprognosen für 2008 und 2009. "Inzwischen macht die Stagflation vor dem Aktienmarkt nicht mehr halt", schreibt die DZ Bank. Sie verweisen darauf, dass Fondsmanager die Lage an den Börsen so negativ einschätzen würden wie zuletzt vor zehn Jahren. Staatsanleihen könnten vom Verkaufsdruck an den Aktienmärkten profitieren, sagt Stefan Schilbe, Chefvolkswirt von HSBC Trinkaus& Burkhardt. Angesichts der Inflationsängste dürften davon vor allem kurzfristige Zinstitel profitieren. Längerfristige Anleihen finden nur zögerlich Anhänger. "Solange das Thema Öl und Inflation nicht von anderen Themen wie schlechten Nachrichten von Banken und Unternehmen überlagert wird, richtet sich der Handel bei langfristigen Anleihen weiterhin nach den Vorgaben der Rohstoffbörsen und der Preisfront", sagt Mario Mattera, Zinsanalyst des Bankhauses Metzler. Inflationsgeschützte europäische Anleihen gewinnen dagegen Anhänger. So rechnen die UBS sowie die Fondsgesellschaft Blackrock dort mit weiteren Gewinnen. In dieser Woche erreichte der Abstand zwischen der Garantie-Rendite 30-jähriger Inflationsbonds und die Rendite normaler Bonds ein Rekordhoch, ein Zeichen dafür, dass die Inflationsangst steigt.
Von Yasmin Osman, Elisabeth Atzler (Frankfurt) und Ning Wang (New York) Quelle: Financial Times Deutschland ----------- LG Pantani |