... alles in allem Vermögenswerte von $225 Mrd. Dollar und hat aktuell über 43 Mio. Aktien der Deutschen Bank leerverkauft. Das jetzt so abzutun, als ob es jetzt keinen Grund gäbe, weswegen die Deutsche Bank noch weiter in Richtung neuer Tiefststände sinken könnte, finde ich höchst fahrlässig.
Leerverkäufe mit derart hochen Volumina sind weit davon entfernt, als "Zockerei" verstanden zu werden. Es gibt sehr gute Gründe dafür, weshalb der Kurs auf 6,00 (oder tiefer) fallen könnte, denn die Risikovorsorge der Bank scheint nicht zu funktionieren und die erwirtschafteten Gewinne werden seit Jahren vorzugsweise an die Belegschaft und nicht an die Aktionäre verteilt, weshalb sich diese auch von ihren Anteilen zu immer tieferen Kursen getrennt haben und trennen. Zudem nähern wir uns aller Wahrscheinlichkeit nach dem Ende einer sehr langen Hausse, was sowohl Zinserhöhungen in Europa als auch damit verbundene Einnahmequellen für Banken (IPOs, Kapitalerhöhungen, Finanzierungen von Unternehmen) möglicherweise für (weitere) Jahre nach hinten schiebt. Zudem haben die großen Fintechs den Großbanken jede Menge operatives Geschäft abgenommen und sie besetzen inzwischen zahlreiche (ehemals lukrative) Nischen, was den Großbanken mehr und mehr Umsatz (und somit Ertrag) kostet. Auf diese Entwicklungen haben beide großen Finanzinstitute viel zu spät reagiert und laufen nun mit ihren Kosteneinsparungen dieser Entwicklung hinterher.
Ich habe keine Ahnung, weshalb man nicht die Ansicht vertreten sollte, dass die seit Jahren stetig sinkenden Erträge der Deutschen Bank nun plötzlich zu einem Ende kommen sollten? Die Bank ist in der Vergangenheit den Beweis schuldig geblieben, sich neu (und anders) auf veränderte Marktgegebenheiten einzustellen. Die Fintechs und die Mitbewerber werden auch weiterhin nicht darauf warten, dass die Deutsche Bank ihre Hausaufgaben "rechtzeitig" erledigt und die Q1-Zahlen haben es ja auch deutlich gezeigt: Die Bank verliert (bereinigt um Sonderfaktoren) auf Jahressicht (weitere) satte 7% ihrer Ertragskraft und kümmert sich erst jetzt um eine entsprechende Kostensenkungen und baut ihr Geschäft um, was jedoch erneut sinkende Erträge zur Folge haben wird in einem sich nicht dramatisch veränderndem Umfeld.
Ich wäre auch sehr vorsichtig mit solchen Milchmädchenrechnungen wie oben, nämlich dass die Bank ja nicht noch einmal 20 Euro verlieren kann und man mit Shorts nichts mehr verdienen kann. An der Börse gewinnst und verlierst Du mit den relativen Bewegungen der Aktien. Ein Anstieg von 40,00 Euro auf 80,00 Euro bei der einen Aktie ist gleichbedeutend mit einem Anstieg von 1,25 auf 2,50 bei der anderen Aktie (jeweils +100%). Mein Einsatz wird nicht durch den Wert der einzelnen Aktuie bestimmt, sondern durch das Geld, dass ich für meinen Einsatz zur Verfügung habe. Man kann heute ebensoviel Geld mit einem Fall der Deutschen Bank von 10,00 auf 5,00 verdienen wie damals, als sie von 100,00 auf 50,00 gefallen ist (jeweils -50%). Wer bei 17,00 short gegangen gegangen ist, hat bei entsprechenden Hebeln (Zertifikate, Optionsscheine) bis heute einige 100% Gewinn gemacht. Die Aktie selbst leerzuverkaufen mindert nur das Risiko (weil kein Hebeleffekt) und verschafft den Leerverkäufern wie AQR die Möglichkeit, bei signifikanten Mengen auch selbst Einfluss auf den Kurs zu nehmen. Wenn man $225 Mrd. verwaltet, dann "spielt" man nicht mit Optionsscheinen, sondern nutzt diese ausschließlich zur Absicherung eigener Positionen. Wer damit "zockt", der hat heute wie damals (bei 100 Euro je Aktie) diesselben Chancen und Risiken, viel Geld zu verdienen (oder auch zu verlieren) ...
... und dass der Kurs bei E.ON dann bei 6,00 doch noch drehte, hat nichts mit dem Preis an sich zu tun gehabt, sondern mit sich verändernden Rahmenbedingungen (hier: betüglich der Haftungsrisiken bei der Abschaltung von Kernkarftwerken sowie einer angepassten Geschäftsstrategie mit der Auslagerung von Geschäftseinheiten). Die Deutsche Bank ist bis heute den Beweis noch schuldig geblieben, dass sie ihr Business den Gegebenheiten des Jahres 2018 angepassen konnte und im Umfeld der Bank (Wettbewerbssituation, Gesetze, Regulatorik, Rating) spricht aktuell auch nichts dafür, dass es der Bank schon morgen 10% oder 20% besser gehen wird als heute. Ich will mit meinen Ausführungen aber niemanden davon abhalten, gegen den aktuellen Trend zu wetten ...
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