Wenn man darauf schaut, wie dieser Begriff z.B. in Architektur und Design verwendet wird, so wird ganz gut deutlich, dass er in seiner Konkretisierung und Ausgestaltung z.B. noch weit darüber hinausgeht, ein bloßes Ziel zu formulieren oder zu planen. Ein Lebensentwurf erscheint mir insofern schon recht ambitioniert zu sein. (Der Weg der kleinen Schritte erschiene mir dabei nicht nur potenziell heilsamer sondern auch sehr viel praktikabler. Step by Step Dinge in Ordnung zu bringen, die sich selber als Baustelle annoncieren, und die man in der Lage, ist zu adressieren.)
Als weiteres besonderes und wesentliches Element kommt bei diesem Begriff dann aber auch noch eine äußere ästhetisch-funktionale Ebene des Designs hinzu. Interessanter Weise würde ein Künstler z.B. anders als ein Designer kaum von einem Entwurf sprechen. Niemand würde sagen, ein neues Bild oder einen neuen Song "entworfen" zu haben. Auch ein Schriftsteller würde nicht sagen, ein neues Buch "entworfen" zu haben. …der Einband ließe sich dann aber wiederum entwerfen.
Es würde einen auch deutlich irritieren, wenn man da auf solch eine Formulierung stöße. Irgendetwas ist an diesem Begriff, weshalb er in solchen Bereichen als ungeeignet erscheint.
Man kann ein Plattencover entwerfen, ein Logo, ein T-Shirt, einen Ring, eine Gießkanne, aber kein Musikalbum, keine Oper, kein Drama, keinen Film, kein Gemälde und auch keine Geschichte.
Es lassen sich lediglich ästhetische und funktionale äußere Formen entwerfen, alles was hingegen über eine ästhetische und funktionale äußere Form hinausgeht, geht damit dann offenbar auch darüber hinaus, was vom Entwurf-Begriff wirklich umfasst werden kann.
Der Begriff "Lebensentwurf" bezieht sich m.E. insofern also auch auf eine bestimmte rein äußere funktionale und ästhetische Form, ohne darüber hinausgehen zu können. Ich assoziiere damit auch hier Design im weitesten Sinne.
Nicht, dass daran irgendetwas verkehrt sein müsste, wer dort aber den eigentlichen Schlüssel zu Glück, Zufriedenheit und Sinn vermutet, könnte sich m.E. u.U. auf einem Holzweg befinden. Dabei geht es um Dinge die sich der Kategorie des "Entwerfbaren" m.E. im Grunde weitgehend entziehen.
Beim Entwurf geht es des Weiteren auch immer um eine abgeschlossene und fertige Form, um ein Endresultat, wenn man so will.
Leben bedeutet allerdings ja nicht zuletzt, ständige Veränderung. Das ist seine einzige Konstante. Alles ist in ständiger Veränderung, alles um uns herum und ebenso wir selbst. Es geht im Leben m.E. dabei als Entwicklungsaufgabe insofern nicht zuletzt darum, Veränderungen annehmen und sich in sinnvoller Weise daran anpassen zu können, um adaptability. Veränderte Realitäten werden einem fertigen Lebensentwurf m.E. früher oder später immer einholen.
Die Idee eines Entwurfes ist zudem per se resultatorientiert, oftmals liegt der eigentliche Gewinn, und der eigentliche Wert dann ja aber u.U. gar nicht so sehr im Resultat, sondern ein gutes Stück weit bereits im bloßen Weg an sich, der dabei beschritten wird.
Man nehme z.B. den Sport, der größte Wert liegt ja gar nicht in einem bestimmten äußeren Resultat, wie unser Körper dann nach ein paar Jahren aussieht (oder nicht aussieht), sondern vor allem im Training selber, das man über die Jahre absolviert hat, und allem was damit zusammenhängt. |