Solar Millenium: Von der Solarthermie-Hoffnung zum sinkenden Schiff von Cindy Bach
Liebe Leserin, lieber Leser,
Tagesverluste von mehr als 30%, da wird man schnell hellhörig. Nicht, dass wir uns mittlerweile nicht daran gewöhnt hätten, dass deutsche Solartitel zu den großen Verlierern dieser schwierigen Börsenzeit gehören, schließlich haben viele Unternehmen dieser Branche mit großen Problemen zu kämpfen, die da heißen Preisverfall, Margendruck, schwierige Finanzierbarkeit von Projekten, schwerfällige Kalkulation, sinkende Förderungen und und und. Aber 31,4% Kursverfall innerhalb eines Handelstages - das ist schon eine ordentliche Hausnummer.
Hautnah zu erleben gab es das gestern bei Solar Millenium. Die Aktie verlor am Donnerstag nach deutlichen Verlusten in den vorangehenden Handelstagen massiv und fiel auf ein neues Allzeittief bei 1,31 Euro. Und heute geht der Ausverkauf munter weiter. Bis zum frühen Nachmittag summiert sich das Minus auf 16% - und das obwohl die meisten anderen Solartitel deutlich zulegen können (SMA Solar +5,04%, SolarWorld +7,4%). Innerhalb eines Jahres hat sich damit der Kurs des Solarwertes vom Hoch bei 23,50 Euro bis auf 1,09 Euro pulverisiert - bis zum Pennystock braucht es bei Solar Millenium also nur noch ein paar Cent. Charttechnische Unterstützungsmarken sind auf dem Weg nach unten ohnehin nicht mehr auszumachen.
Die Lage des seit geraumer Zeit angeschlagenen Anbieters solarthermischer Kraftwerke hatte sich zuletzt nochmals verschärft, als der Vorstandsvorsitzende Christoph Wolff seinen Rücktritt ankündigte. Das gab der Gerüchteküche neuen Pfeffer: Der freiwillige Rückzug Wolffs sei ein klarer Hinweis für eine bevorstehende Insolvenz, hieß es in Börsenkreisen. Geht woanders ein Chef, dessen Konzern in der Krise steckt, dann sind die Anleger zumeist erleichtert, erhoffen sich mit dem Neuem auf dem Chefsessel doch eine schnelle Wendung. Im Fall von Solar Millenium scheinen die Anleger nun vom Schlimmsten auszugehen. Auch die Analysten strichen zuletzt ihre Kursziele massiv zusammen.
Die WestLB hat Solar Millennium von "Reduce" auf "Sell" abgestuft und das Kursziel von 2,80 Euro auf 1,90 Euro gesenkt. Mit dem geplanten Verkauf der Rechte an US-Solarprojekten und dem damit verbundenen Rückzug vom wichtigen US-Markt schwinde die letzte Möglichkeit für einen steigenden Aktienkurs, urteilt Analyst Peter Wirtz. Doch was blieb Solar Millenium für eine Alternative, nachdem die Finanzierung für das Vorzeigeprojekt im kalifornischen Blythe platzte und ein Loch von 150 Mio. Euro in die Kasse riss. Löcher klaffen ohnehin an allen Ecken und Enden. Die Tatsache, dass Wolff jetzt zurücktritt, deutet darauf hin, dass die Verhandlungen mit Kreditgebern nicht erfolgreich waren und auch die Plazierung der geplanten Anleihe stockt.
Bei dem Erlanger Konzern muss man sich mittlerweile zurecht die Frage stellen: Wann geht das Geld aus? Hinter vorgehaltener Hand sprechen schon jetzt viele von nur noch wenigen Wochen. Und der Rücktritt Wolffs befeuert ihre wilden Spekulationen. In der Vergangenheit folgten einem plötzlichen Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden bei sich in existenzbedrohlichen Schwierigkeiten befindenden Unternehmen nicht selten wirklich die Insolvenz.
Hier ist absolute Vorsicht geboten.
Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende.
Ihre
Cindy Bach |