Manchmal habe ich das Gefühl, dass alle über Schulden reden, aber sich niemals versuchen vorzustellen, was Schulden in einem globalen Kontext überhaupt sind. Viele denken, wenn sie Schulden hören an Peter Zwegat und eine Familie, die plötzlich aufwacht und 120.000 € Schulden hat und bei genauer Betrachtung kommen jeden Monat 800 Euro dazu… Klar werden viele sagen, das ist genau die Situation von Deutschland: viele Schulden und jeden Monat, jede Woche, jeden Tag (hier Schuldenuhr einfügen) kommen neue Schulden hinzu… Mal deutlich: Die Summe der Verbindlichkeiten entsprechen der Summe aller Forderungen. Man kann nicht sagen, dass das kapitalistische System implodiert und auf Schulden aufgebaut ist, sondern manche Teilnehmer haben eher Forderungen, andere eher Verbindlichkeiten. Auch die Generationenfragen relativiert sich ein wenig: Der kommende Schuldendienst ist auf der anderen Seite eine Rente für die Empfänger. Jetzt könnte man sage, dass sich ein Teil der Gesellschaft bei einem anderen Teil der Gesellschaft (im In- und/oder Ausland) verschuldet. Das kann man negativ bewerten und folgern, dass das aufhören möge, also weniger Schulden machen. Aber jetzt kommen die Mahner aus den Löchern „OECD-Chef Gurría warnt Deutschland vor blinder Sparwut“ lese ich in Spiegel-Online (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,696062,00.html). Eigentlich lese ich das nicht, weil er das nicht gesagt hat, sondern ein schlechter Journalist ihm das in der Überschrift in den Mund gelegt hat. Und die halbe Welt geht von einem Basiseffekt aus, wenn die Schulden runtergefahren würden: Der Staat nimmt weniger Schulden auf und gibt somit weniger aus, also geht es uns schlechter… Das hört sich doch einfach an – aber ich verstehe das nicht, die ceteris-paribus-Aussage greift nicht. Wie gelernt: weniger Schulden gleich weniger Forderungen. Wenn der Staat weniger Kredite aufnimmt, werden weniger Staatsanleihen verkauft und ich kann dem Staat keine 10.000 Euro leihen; diese 10.000 Euro kann der Staat nicht nutzen, um Schlaglöcher zuzuschmieren, aber ich kann jetzt was anderes mit dem Geld treiben. Und hier gibt es vier prinzipielle Möglichkeiten: - Ich lasse das Geld auf dem Girokonto rumliegen oder lege es als Tagesgeld an.
- Ich gebe es einem anderen, d.h. ich kaufe zum Beispiel eine Unternehmensanleihe guter Bonität.
- Ich kaufe Aktie.
- Ich gebe es aus, entweder eher investivere Charakter oder ich konsumiere es und weg ist es…
Das bedeutet, dass das Sparen des Staates unterschiedliche Effekte nach sich ziehen wird, manche davon auf die Wirtschaft ähnlich wirken (siehe Nummer 4), manche indirekter, jedoch nie wird der Effekt auf Null sinken. Vielleicht auf einen Punkt gebracht: Sparen des Staates hat einen nachhaltigeren Konsum zur Folge. Und ich weiß nicht, was daran denn schlecht sein soll? |