Frisch aus dem Urlaub ist ein guter Zeitpunkt um sich mal wieder einen etwas gröberen Überblick zu verschaffen und auch die bisherige Sichtweise kritisch zu hinterfragen. Daher mein Posting von Ende August mit Aktualisierung:
Der Hausmarkt: 1. Kreditausfälle und Zwangsversteigerungen werden weiter steigen (time lag zum ARM reset schedule bei 3-9 Monaten) 2. Kreditrestriktion im Mortgage-Bereich wird sich ausweiten 3. Angebot auf Hausmarkt steigt durch 1) Nachfrage sinkt durch 2) also werden die Hauspreise weiter sinken. Das ganze ist eine Spirale, da durch sinkende Hauspreise immer mehr Kredite notleidend werden. Gemäß dem ARM-Reset-Schedule dürfte man frühestens in Q1, eher Q2-3 mit einer Entspannung von dieser Seite rechnen. Bis dahin sollte allerdings die Abschwächung der Realwirtschaft (s. u.) zu einer weiteren Dynamisierung der Spirale beitragen. Ein letzter Hoffnungsschimmer besteht, wenn man glaubt, daß viele der ARM-Schuldner, deren Kredite im letzten Quartal zur Anpassung anstehen, bereits jetzt ausgefallen sind und damit der Tsunami bereits jetzt über uns hereingebrochen ist und in den nächsten 6 Monaten nur noch kleinere Flutwellen an Land branden. Dieses Szenario ist aber aufgrund der Strukturen (2/28) eher unwahrscheinlich. Einen Bailout der zahlungsunfähigen Hauseigner im großen Stil wird es imho nicht geben;
In einigen HotSpots liegen die Preisrückgänge schon bei 20%, so daß auch solide finanzierte Prime-Kredite jetzt untersichert sind. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, aber ich hab ihr schon mal das Sterbebett hergerichtet. Nochmals der Hinweis auf die Wichtigkeit der Zwangsversteigerungsdaten; fallen diese, fallen die Verluste bei den Subprime-Papieren, das Vertrauen in die Banken würde langsam zurückkehren und der CP-Markt könnte sich erholen. Umgekehrt gilt, steigen sie weiter, wird sich die Krise weiter verschärfen.
Der Finanzmarkt (Mortgages) inkl. aller Investorengruppen (HFs, LBs, IBs, etc.): Durch die Kreditausfälle wird es zu weiteren Verlusten kommen.
Traf und trifft weiterhin zu. Täglich tröpfelt die ein oder andere Milliardensumme rein. Ich hatte mal, als Bernanke von 150Mrd sprach, mindestens das doppelte ausgelobt. Ich habe die Befürchtung, daß das immer noch zu niedrig ist.
Die Wahrscheinlichkeit, daß eine große Finanzinstitution über die Wupper geht, sehe ich jetzt bei ca. 30%. (Darunter fällt auch eine Übernahme eines in Not geratenen Instituts durch eine starke Hand). Vor ein paar Monaten sah ich hier eine Wahrscheinlichkeit von 20% (s. Post # 2750). Der Anstieg der Wahrscheinlichkeit ist nicht damit begründet, daß ich die Lage schlechter einschätze, sondern erkannt habe, wie wenig die großen Häuser wissen, was sie in den Portfolien haben. Eine große negative Überraschung ist für mich daher wahrscheinlicher geworden. Probleme bei einem großen Haus, wird alle anderen in Mitleidenschaft ziehen.
Wahrscheinlichkeit jetzt >50%. Wer hätte vor 3 Monaten an die Citibank gedacht? Natürlich wankt sie noch nicht. Aber felsenfest sieht anders aus. Wie schlecht es den Banken gehen muß zeigt das Super-Siv oder was mir besser gefällt Super-Sieve;-) Wenigstens dürfte man jetzt wissen, wo die faulen Eier liegen. Jetzt bleibt als einzige Unsicherheit der Markt für den MBS-Schrott, der sich ziemlich genau wie die Zwangsversteigerungen entwickeln wird.
Der Finanzmarkt (LBOs M&As) Auch ein trübes Bild; Markt momentan fast tot. Liquidität Fehlanzeige. Silberstreifen am Horizont könnten die Chinesen sein, die ihre Dollars, bevor sie weiter an Wert verlieren in Beteiligungen an US-Unternehmen eintauschen. Allerdings gibt's da den Haken (hat AL ja schon angesprochen), daß man erst die Treasuries, in denen die Dollars geparkt sind verkaufen müsste. Andererseits hat man während der letzten Wochen gesehen, daß es bei starken Kursrückgängen am Aktienmarkt große Nachfrage am Rentenmarkt gibt. Also ein paar Milliarden wären sicher ohne größeren Druck auf die Renditen machbar. Es ist imho auch nicht nötig, daß China komplett umschichtet; allein eine größere Übernahme könnte den Markt wieder gierig werden lassen, nach dem Motto früher kauften die PE-Firmen; jetzt sind es halt die Staatsfonds.
Ein kleines Engagement von chinesischer Seite hat es ja in den USA gegeben. Momentan deutet aber die Währungsentwicklung und auch die offiziellen Aussagen von chinesischer Seite auf eine Bevorzugung des EUR-Raums. Vielleicht wartet man ab, bis die Aktien-Kurse günstiger werden. Die Dollars hat man ja schon.
Der Finanzmarkt (Devisen) Zumindest werden wir mit zunehmender Volatilität rechnen können, solange die Zinsdifferenzen auf dem momentanen Niveau bleiben. Carry-Trades werden momentan genauso schnell auf- wie abgebaut, je nach fundamentaler Marktlage. Sie sind quasi der Turbo sowohl in die Up- als auch in die Down Richtung. Da ich aber eher mit einer Verringerung der Zinsdifferenz rechne (Zinssenkungen der FED), ist die Down-Komponente eher zu berücksichtigen.
Ich rechne momentan mit mittelfristig (Sicht 1 Jahr) mit einem stärkeren Eur zum Dollar und Yen. Technische Gegenbewegungen wird es immer mal wieder geben.
Der Finanzmarkt (Zentralbanken) Die Fed wird die Zinsen senken; die EZB und die BOJ werden die Zinsen nicht weiter anheben, bzw. zumindest eine Pause einlegen.
Ist so eingetreten und gilt weiter so. Spekulieren kann man, wann die BoJ die Zinsen senkt und wann dann die EZB nachzieht.
Arbeitsmarkt Zu den Entlassungen am Hausmarkt und im Finanzsektor, werden imho noch etliche durch den M&A-Boom ausgelöste Entlassungen kommen. Die Preise, die hier für Unternehmen gezahlt wurden, können nur durch starken Arbeitsplatzabbau wieder reingeholt werden. Die wöchentlichen Zahlen haben schon ziemlich stark angezogen. Die monatliche Statistik, kann man solange das BLS an dem Birth Death Model festhält, nicht mehr ernst nehmen.
Die Realwirtschaft (ex Housing) Autos am Boden. Konsum schwächelt zunehmend. Transport leidet auch durch Housing. Steigende Arbeitslosigkeit wird ihr übriges beisteuern. Dazu kommen steigende Finanzierungskosten (Anstieg Credit-Spreads höher als Zinsrückgang) Das wird Bremsspuren in den Unternehmensbilanzen hinterlassen.
Die Q3-Zahlen waren in dem Wirtschaftsbereich gar nicht mal so schlecht. Nimmt man GM raus, so kommt man im S&P500 insgesamt auf Basis der bisher reporteten Zahlen bei den operating Earnings sogar auf einen 10%-Anstieg (Im tatsächlich reporteten schlagen natürlich die one-time-items der Banken rein). Die Ausblicke waren sehr mäßig. Dies sieht man auch an den Earning Estimates für Q4; alles bei S&P nachlesbar bevor Libuda meine Quellen wieder anzweifelt;-)
Alles in allem imho ein trübes Bild; Erholung frühestens Ende 2008; eher Mitte 2009. An der Gesamteinschätzung hat sich noch nichts geändert, wenngleich Teile des Best-Case Szenarios unwahrschienlicher geworden sind: Worst-Case: - über 4 Mio Zwangsversteigerungen in 2007 und 2008 - 1 große IB geht über die Wupper oder wechselt den Eigentümer - Saftige Rezession in den USA über mehr als 2 Quartale - Weltwirtschaft wird mit runtergezogen - Carry-Trade-Auflösungen verstärken den Ausverkauf - Hedge-Fonds spielen die Bärenseite, so wie sie in der Hausse die Kurse nach oben getrieben haben. - China tritt nicht als Käufer im US-Aktienmarkt auf. Dow-Jones -40% bis -60% bis 2009
Best-Case - "nur" 3-4 Mio Zwangsversteigerungen in 2007 und 2008 - Finanzinstitutionen kommen mit blauem Auge davon (zwar Verluste aber nicht existenzgefährdend). - Schwacher Dollar und stabile Weltwirtschaft helfen der USA - Daher nur kurze Rezession in Q1 und Q2 2008 in den USA - Zinssenkungen halten sich im Rahmen, Carry-Trades bleiben zum Teil profitabel. - Wir sehen eine Übernahme eines S&P-100-Unternehmens oder mehrerer kleinerer durch die Chinesen. Dow-Jones +/- 10% |