Sie sollen über Kapitalmaßnahmen abstimmen, damit die Filialen überleben können. Der Kette, die 2011 einen Verlust von mehr als einer halben Milliarde Euro verbuchte, steht das Wasser bis zum Hals. Die ersten Sanierungsmaßnahmen wurden von einem Streit mit Großaktionären überschattet – und einem überraschenden Wechsel an der Konzernspitze.
Der 55-Jährige Hafner, seit Mai an der Konzernspitze, hat im Ringen mit der Gewerkschaft Verdi bei den Mitarbeitern in Deutschland Pflöcke eingeschlagen: Sie verzichten beim Gehalt auf Zusatzleistungen wie Weihnachtsgeld und Prämien und nehmen Kürzungen bei vermögenswirksamen Leistungen und der tariflichen Altersvorsorge in Kauf. Die Grundlagen für den Sanierungstarifvertrag stehen, Details werden ausgearbeitet, wie die Praktiker AG am Montag in Kirkel mitteilte. Infolgedessen verringern sich die Personalkosten in Deutschland – von 2012 bis einschließlich 2014 – jährlich um 17,3 Millionen Euro, leitende Angestellte eingeschlossen.
Doch der Teufel steckt im Detail: In der Mitteilung heißt es zwar, solange der Sanierungstarifvertrag läuft, gilt eine „umfassende Beschäftigungsgarantie“ – ergo bis 2014. Aber es gibt Ausnahmen: Arbeitsplätze, die wegen geplanter Marktschließungen oder aufgrund wirtschaftlicher Notfallsituationen im Zuge der Sanierung wegfallen. Bei Praktiker gab es Ende März 2012 rund 7 700 Vollzeitstellen in Deutschland, 3,1 Prozent weniger als zum Vorjahreszeitpunkt. Konzernweit sind knapp 20 000 Menschen bei der Kette beschäftigt.
Voraussichtlich werden etliche „Praktiker“ künftig für die angesehenere Schwestermarke Max Bahr – bisher 78 Filialen – arbeiten, auf die
Praktiker-Märkte
umgestellt werden sollen. Für 120 Filialen soll dieses Konzept laut „Wirtschaftswoche“ greifen, 234 hatte Praktiker Ende März in Deutschland, 440 im Konzern. Für verbleibende Praktiker-Märkte ist demnach eine Schlankheitskur vorgesehen. Das Unternehmen ist wegen einer verfehlten Rabattstrategie im Inland und schwachen Auslandsmärkten seit Jahren in Turbulenzen. „Längst erinnert der Konzern mehr an eine rumpelige Werkzeugkiste denn an ein wohlsortiertes Handelshaus“, schreibt das Magazin.
Im August könnte Umbauten für einige Märkte beginnen, sagte Hafner dem Blatt. Vorausgesetzt seine Rechnung geht bei der Hauptversammlung auf. Praktiker will sich eine Kapitalerhöhung von knapp 60 Millionen Euro auf 115 Millionen Euro genehmigen lassen. Außerdem sollen die Aktionäre eine Optionsanleihe für die Anchorage Capital Europe LLP beschließen, die ihr eine Beteiligung am Grundkapital von 15 Prozent ermöglicht. Stimmen die Anteilseigner beiden Komponenten zu, wäre Anchorage zu einem Darlehen von 85 Millionen Euro an das Unternehmen bereit – ohne das es nicht überlebensfähig wäre, wie es in der Einladung zum Aktionärstreffen heißt. Hafner bezeichnete dieses Konzept in der „Wirtschaftswoche“ als „alternativlos“.
Ob die Aktionäre mitziehen? Spannend dürfte das Verhalten zweier Großaktionäre werden: Der größte mit 10 Prozent, die zypriotische Investmentgesellschaft Maseltov, hatte laut „Financial Times Deutschland“ frühere Umbaupläne kritisiert. Sie wollte sogar eine Aufsichtsratsneuwahl bei der ordentlichen HV durchsetzen, scheiterte aber vor Gericht. Weiterer Anteilseigner ist mit 5,01 Prozent die Fondstochter der österreichischen Privatbank Semper Constantia, die mit Maseltov Medienberichten zufolge eine Sprache spricht. Hafner hatte diesen Aktionären weitere Gesprächsbereitschaft signalisiert, dem Vernehmen nach soll es Kontakte geben.
Verwundert über das Vorhaben des Vorstands zeigt sich die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Dieser habe bisher nicht um die Zustimmung der Aktionäre geworben, kritisiert SdK-Vertreter Markus Neumann in Hamburg. „Warum mache ich das nicht? Weil es nicht um ein Restrukturierungskonzept geht“, wettert er. Für ihn steht die Baumarktkette vor einer Filetierung – mit Max Bahr als Perle