be24.at Wie unseriöse Börsenbriefe und Börsen-Gurus Sie betrügen 2007-06-17 23:33:00
Haben Sie sich schon mal gefragt wie Wirtschaftskriminalität an der Börse funktioniert? Eines gleich vorweg: auf diese Frage gibt es weit mehr als eine Antwort. Es gibt soviele Wege den Kleinanleger um sein Geld zu prellen, dass sich manche Gauner und Verbrecher gar nicht nur für einen Weg entscheiden können oder wollen – und Sie gleich doppelt abzocken. Doch heute möchte ich Ihnen das Rezept von unseriösen Börsenbrief-Schreiberlingen präsentieren.
Schritt Nr. 1: Kaufen Sie den Mantel einer Pleite-AG Im ersten Schritt müssen Sie die gesamten Aktien einer börsennotierten Firma kaufen, die kurz vor dem Konkurs steht oder diesen bereits angemeldet hat. Die Aktie notiert nur deshalb noch an der Börse, weil das Prozedere für das Delisting entweder noch nicht eingesetzt hat, oder es noch nicht abgeschlossen ist. Niemand ist an den Anteilen dieser Firma interessiert, weshalb Sie wahrscheinlich alle Aktien für 1 Cent das Stück kaufen können.
Schritt Nr. 2: Nennen Sie die Firma um Wenn Sie die Aktie später empfehlen wollen, dann braucht Sie einen gut-klingenden Namen für eine Story. Schlagworte die sich immer gut tun sind Technology, Oil, Gold, Systems und so weiter und so fort. Wenn Sie also den Mantel „Hemdenmacher und Schneiderhaus AG“ gekauft haben, dann tun Sie gut daran die Firma umzubennenen, sobald Sie mehr als 51% der Aktien besitzen. Vielleicht in Russian Oil Exploration? Oder lieber doch in Stargate Bio-Technologies AG? Haben Sie sich nicht auch schon mal gewundert, warum Sie all die gutklingenden Firmennamen von Nebenwert-Tipps noch nie gehört haben?
Schritt Nr. 3: Machen Sie einen Aktiensplitt Natürlich ist es nicht zuträglich, wenn es nur 100.000 Aktien von Ihrer tollen Oil Expolration Firma gibt. Ein Aktiensplit von 1 zu 10 wäre angemessen. In einzelnen Fällen gab es auch schon Aktiensplitts von 1 zu 100. Da Sie ja alle Aktien besitzen, besitzen Sie plötzlich 10- bzw. 100-mal soviele. Jetzt haben Sie genug Aktien, um das öffentliche Interesse zu wecken.
Schritt Nr. 4: Wecken Sie das öffentliche Interesse für Ihre Aktie Jetzt beginnt die harte Arbeit. Sie müssen Presse- und ad-hoc Mitteilungen an die Öffentlichkeit bringen. Sie können beispielsweise sagen, dass Sie kurz davor sind neue Ölfelder in Ostsibirien zu entdecken. Die Wahrscheinlichkeit dafür beträgt 75%. Ahnungslose, oder unter Zeitdruck stehende Journalisten werden Ihre Meldung in Zeitungen und Hochglanz-Magazinen abdrucken. Im Idealfall besitzen Sie selbst ein Hochglanz-Börsenmagazin, dass solche Penny-Aktien empfiehlt. Dann haben Sie freie Wahl, welche Aktien Sie jede Woche empfehlen. Natürlich sollten Sie auch in Internet-Foren positive Stimmung über Ihre Aktie verbreiten. Vielleicht verdienen Sie dann noch Geld mit Anzeigenverkauf oder teuren Abogebühren für „geheime“ Aktientipps.
Schritt Nr. 5: Verkaufen Sie den Lemmingen Ihre Aktien Niemand war an der Aktie der „Hemdenmacher und Schneiderhaus AG“ interessiert. Immerhin ist die Firma ja pleite. Doch jetzt verschiebt sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage extrem. Da Sie ja quasi alle Aktien besitzen (und diese extrem billig eingekauft haben), verkaufen Sie die Aktien jetzt an Ihre treuen Leser. Die Aktie steigt, denn es gibt nun einen enormen Nachfrage-Überhang der nur durch einen sprunghaften Kursanstieg ausgeglichen werden kann.
Schritt Nr.6: Publizieren Sie Ihre fabelhaften Stockpicking-Fähigkeiten Sie sind ja ein Genie. Sie sochen sich irgendeine Aktie aus, und prompt steigt diese auch. Dass Sie den Anstieg selbst verursachen und auch noch direkt davon profitieren, das muss ja niemand wissen. Jetzt heißt es den Kundenstamm zu vergrößern indem man seine tollen historischen Erfolge herzeigt. Umso mehr Kunden Sie haben, umso besser können Sie in Zukunft Aktien in die eine oder in die andere Richtung drücken. Und umso mehr Abogebühren werden Sie verdienen.
Wie Sie sich vor solchen Betrügern schützen können. Sind alle Börsianer Scharlatane? Nein, doch so wie in jeder Branche gibt es schwarze Schafe. Leider leiden die Qualitätsanbieter ständig, wenn solche Betrüger auf den Plan treten. Diese ***-Frontrunner schädigen leider den Ruf der gesamten Branche, weshalb ich der Meinung bin, dass Sie mit der vollen Kraft des Gesetzes bestraft werden sollen. Achten Sie darauf, dass Ihr Börsenbrief nicht mit suspekten illiquiden Werten herumhantiert. Niemand hat die Kraft Blue-Chips zu bewegen. Hier haben Sie es mit echten Tradern zu tun – und davon gibt es auch eine Menge.
Neben der Liquidität sollten Sie auch darauf achten, dass keine Aktie die Sie handeln einen Nennwert von unter €5 hat. Wenn die Aktie irgendwann einmal unter die magische Grenze von €5 gefallen ist, dann gab es dafür wahrscheinlich gute Gründe. Natürlich gibt es ab und an einen Turnaround – doch warum sollten Sie darauf wieder und immer wieder spekulieren? Und das mit Ihrem eigenem Geld?
Wenn Sie nur ein bißchen mitdenken, dann werden Sie auf einen Blick die Scharlatane identifizieren können...
Happy Trading, Pierre M. Daeubner |