Viele Enttäuschungen eingepreist" Wegen der Überkapazitäten in der Solarbranche rechnet WestLB-Analyst Sebastian Zank mit einer scharfen Konsolidierung. Vor allem Modulhersteller und Projektentwickler drohen Liquiditätsengpässe. Q-Cells und Solarworld sieht Zank jedoch nicht gefährdet. Sebastian Zank von der WestLB boerse.ARD.de: Q-Cells, Ersol und Solon haben den Ausblick für 2009 gesenkt, Manz warnt sogar vor sinkenden Umsätzen. Wie stark trifft die Krise die Solarbranche?
Zank: Die Krise trifft die Solarbranche ziemlich stark. Die Solarproduzenten habe lange Zeit von den Finanzinvestoren profitiert, die große Photovoltaik-Anlagen bauen ließen. Wegen Finanz- und Kreditproblemen ist die Nachfrage inzwischen deutlich zurückgegangen. Folglich verlangsamt sich das Wachstum. Zulieferer wie Manz leiden noch stärker unter der Krise. Sie haben sehr viele Kapazitäten für die Solarfirmen aufgebaut. Diese reichen, um die geschrumpfte Nachfrage für 2009 und 2010 zu bedienen. Deshalb fehlen den Zulieferern jetzt Aufträge von Wafer-, Modul- und Zellenherstellern. Schlimmer noch: Viele Aufträge vor allem von kleineren Playern werden verschoben oder gar storniert.
boerse.ARD.de: Führt die Kreditklemme also tatsächlich zur Verschiebung des Baus von großen Solaranlagen? Oder ist das nur ein vorgeschobener Grund, der von hausgemachten Problemen ablenken soll?
Zank: Die Kreditklemme ist wirklich real zu spüren. Sie betrifft große Solarparks, die mit bis zu 80 Prozent über Fremdkapital finanziert sind. Bei kleineren Aufdachanlagen dagegen gibt es keine Finanzierungsprobleme. Natürlich ist es nicht nur die Kreditklemme, unter der die Solarindustrie leidet. Ein zweiter Belastungsfaktor ist der Einbruch des spanischen Markts. Dort wurde dem unbegrenzten Zubau von Photovoltaikanlagen unter Gewährung der staatlichen Einspeisevergütungen ein drastischer Riegel vorgeschoben. Nur noch maximal 500 Megawatt werden in Spanien gefördert. Folglich bleiben die Hersteller auf ihren Modulen sitzen, die in 2008 noch in den spanischen Markt geschoben werden konnten. Die Kapazitäten, die 2008 produziert wurden, liegen auf Halde.
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boerse.ARD.de: Also leiden die Solarzellen- und –modulhersteller am meisten...
Zank: Ich glaube, die Krise trifft am stärksten die Modulhersteller und Projektentwickler, die so genannten Downstream-Player, also die, die am unteren Ende der Wertschöpfungskette stehen. Wegen der Überproduktion haben sie mit einem dramatischen Preisverfall zu kämpfen und können diesen aufgrund der fehlenden Größe unter Umständen nicht lange durchhalten. Folglich laufen sie am ehesten in einen Liquiditätsengpass hinein.
boerse.ARD.de: Der Preisverfall trifft aber doch auch die Solarzellenhersteller...
Zank: Ja, Preise und Volumina werden mittlerweile entlang der gesamten Wertschöpfungskette nachverhandelt, aber die meisten deutschen Zellenhersteller wie Q-Cells und Ersol sind so groß, dass sie den Preisdruck aushalten können. Ersol hat zudem noch Bosch in der Hinterhand.
boerse.ARD.de: Experten prophezeien eine harte Konsolidierung der Branche wegen des Preisdrucks. Wie hart wird dieser Ausleseprozess sein? Hat Solar-World-Chef Asbeck Recht, wenn er sagt, dass nur drei deutsche Solarfirmen am Ende überleben?
Zank: Der Preis- und Wettbewerbsdruck wird zu einer Bereinigung des Solarmarkts führen. Wir glauben allerdings an eine natürliche Konsolidierung – ohne Fusionen und Übernahmen. Denn die aktuellen Kapazitäten reichen aus, es müssen keine Firmen deswegen geschluckt werden. Auch Übernahmen zum Zweck einer stärkeren Integration innerhalb der Wertschöpfungsketten sind nicht erforderlich. Die Vergangenheit zeigt, dass Firmen aus eigener Kraft neue Stufen in der Wertschöpfungskette erschließen können. Ob Solarworld-Chef Asbeck mit seiner Aussage recht hat, weiß ich nicht. Sicher ist: Firmen wie Q-Cells oder Solarworld werden überleben.
boerse.ARD.de: Dabei ranken sich doch um Q-Cells inzwischen auch Fusionsspekulationen...
Zank: Ja, strategisch würde eine Fusion mit REC sicherlich Sinn machen. Doch aufgrund der aktuellen Aktionärsstruktur und den derzeitigen Preisen ist ein solcher Zusammenschluss derzeit nicht realistisch.
boerse.ARD.de: Welche Solar-Firmen sind im Augenblick am besten aufgestellt? Diejenigen, die mehrere Wertschöpfungsketten abdecken?
Zank: Ja, ich denke schon. Q-Cells und Solarworld können sich nämlich im Extremfall selbst beliefern, wenn die Nachfrage nach eigenen Produkten nicht da ist Sie können Projekte aus eigener Finanzkraft entwickeln und können Kapazitäten innerhalb der Wertschöpfungskette schieben.
boerse.ARD.de: Solaraktien sind in den letzten Monaten dramatisch eingebrochen. Ist die Solarblase jetzt endgültig geplatzt?
Zank: Es gab vielleicht eine Art "Netzparitätsblase", die inzwischen wegen des Ölpreis-Einbruchs geplatzt ist. Immer wieder wurden Anleger auf eine baldige Netzparität zwischen Solarenergie und konventionellen Energieträgern eingestimmt. Davon sind wir aber noch weit entfernt. Ende 2007 waren viele Anleger bei Solaraktien noch zu "bullish", jetzt sind sie vielleicht fast zu konservativ. Natürlich tragen die etlichen Gewinnwarnungen aufgrund des schwierigen Marktes 2009 nicht zu mehr Vertrauen bei. Viele Enttäuschungen sind inzwischen eingepreist, so dass auch schlechte Nachrichten wie am Dienstag von Q-Cells kaum noch die Kurse belasten. Mittel- und langfristig sind die Aussichten für die Solarbranche aber gar nicht so schlecht.
boerse.ARD.de: Ein Branchenvertreter warnte am Mittwoch, dass der Solarbranche ein ähnlicher Absturz wie der Internetbranche drohe. Ist der Vergleich gerechtfertigt?
Zank: Nein. Die Solarindustrie hat eine Substanz. Sie stellt Produkte mit echten Umsätzen her. Auch die Ausgangsbedingungen sind völlig unterschiedlich. Die Politik fördert die Solarindustrie viel stärker als die Internetbranche. Das reicht von der Einspeisevergütung bis zu festen Zielen für den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Das Interview führte Notker Blechner |