Die Berliner Effektengesellschaft AG hat die nun drei Jahre währenden Turbulenzen an den Finanzmärkten besser verkraftet als viele ihrer Wettbewerber. Auf der gutbesuchten Hauptversammlung des Unternehmens am 16. Juni bezifferte Holger Timm, Sprecher des Vorstandes, das Ergebnis des Jahres 2002 im operativen Geschäft mit - 1,3 Millionen Euro. Ein Verlust, sicher, aber dennoch ein Ergebnis, das unter den gegebenen Umständen unter die Rubrik ?moderat? fällt. Schließlich mußte innerhalb der 100%igen Tochtergesellschaft Berliner Freiverkehr (Aktien) AG ein um 42% zurückgegangenes Volumen an Wertpapierorders hingenommen werden. Zugleich hat die Gesellschaft auf Konzernebene hohe Abschreibungen und Wertberichtigungen vorgenommen, so daß das Konzernergebnis im vergangenen Jahr bei knapp - 24,1 Millionen Euro lag, verglichen mit - 59 Millionen im Jahr zuvor. Jetzt ist nur noch ein geringer Restbestand von 3,5 Millionen Euro in den Büchern, denn selbst Beteiligungen an Unternehmen, die noch aktiv sind, wurden auf Null zurückgeführt. Eine Maßnahme, die so manchem vielleicht übervorsichtig vorkommen mag, die aber letztlich für Klarheit hinsichtlich Bilanzstruktur und potentieller künftiger Risiken sorgt und das Eigenkapital von rund 90 Millionen Euro und eine Eigenkapitalquote von 97,1% in die richtige Relation rückt. Holger Timm verwies auf die ständig steigenden Kosten, die sich aus immer neuen bürokratischen Regelungen und Vorschriften ergeben. ?Um es einfach zu sagen: Unsere Branche ist deutlich und absolut ineffizient überreguliert. Wenn schon große Bankkonzerne diese Kosten kaum noch erwirtschaften können, sind kleine, mittelständische Firmen damit hoffnungslos überlastet. Besonders unangenehm an diesen Aufwendungen ist, daß sie sich keineswegs an den Erträgen der Gesellschaft orientieren, sondern gerade bei schlechter Geschäftslage noch konstant ansteigen.? Eigenkapitals die Suche nach einem neuen Investor. Die französische BNP Paribas hatte ja im vergangenen Jahr den Großaktionär der Berliner Effektengesellschaft AG, die Consors Discount-Broker AG, übernommen ? die geschäftspolitische Ausrichtung der Berliner Effektengesellschaft AG und jene von BNP Paribas paßten von Beginn an aber nicht zwingend zueinander, so daß sich Holger Timm und sein Vorstandskollege Dr. Jörg Franke rasch um neue Investoren bemühten. Das hohe Eigenkapital und die sehr gute Liquidität erschweren jedoch eine solche Transaktion. ?Bei diesen Größenordnungen spricht niemand mehr von ,Peanuts?, und für keinen Investor macht es Sinn, nicht investierte Festgelder gegen Bargeld zu kaufen?, erklärte Holger Timm die bisherige Zurückhaltung potentieller Gesellschafter. Insoweit ist es auch weiterhin vordringliche Aufgabe des Vorstandes, im Sinne der Gesellschaft und ihrer Aktionäre möglichst kurzfristig eine Lösung zu finden, die den Weg dafür ebnet, sich wieder auf die Geschäftsentwicklung zu konzentrieren. Der Vorstand präferiert dabei jede Variante, die es erlaubt, einerseits die gewachsenen und guten Geschäftsbeziehungen zur Consors Discount-Broker AG und der neuen Konzernmutter zu erhalten und andererseits mittel- bis langfristig zumindest die Option enthält, neue Geschäftspartner auch als Gesellschafter für das Unternehmen zu gewinnen. Auch in den ersten fünf Monaten dieses Jahres blieb das Ordervolumen unter den Vergleichszahlen des Vorjahres. Holger Timm ist dennoch Optimist: ?Wenn die Märkte wieder anziehen, wird auch das Ordervolumen wieder steigen. Aber dann sind viele unserer Konkurrenten nicht mehr am Markt. Wir haben uns vorbereitet und sind gut aufgestellt.? Dabei stützt sich der Vorstand vor allem auf eine Investition, die das Unternehmen lange vor der Börsenkrise angestoßen hatte und die sich heute als strategisch richtig herausgestellt hat: die Entwicklung der eigenen außerbörslichen Handelsplattform TradeGate®. Seit Aufnahme des Vollbetriebes im Juni 2002 haben sich die Orders von anfänglich 6000 pro Monat auf 60000 verzehnfacht. TradeGate® ist weltweit das wohl einzige ECN (Electronic Communication Network), das die Vorteile des sogenannten Quote Request-Verfahrens mit denen eines offenen Orderbuches verbindet. Und: Kunden wird keine Courtage in Rechnung gestellt, die angeschlossenen Banken zahlen keine Nutzungsoder Transaktionsentgelte. Auf der Tagesordnung standen auch Kapitalmaßnahmen ? so beschloß die Hauptversammlung die Herabsetzung des Grundkapitals um rund 30 Millionen Euro, verbunden mit einer steuerfreien Ausschüttung an die Aktionäre. Die Mittel stammen zum Großteil aus einer Steuerrückzahlung, für die der Vorstand gegenwärtig keine profitablen Anlagemöglichkeiten sieht. Deshalb werden sie in die Disposition der Anleger zurückgegeben. Zugleich erleichtert die Herabsetzung des Christa Scholl Leiterin Investor und Public Relations Berliner Effektengesellschaft AG cscholl@ effektengesellschaft.de |