BetaFaktor Ausgabe Donnerstag, 16. März 2006 Sehr geehrte Leserinnen und Leser, aus juristischen Gründen möchte ich nicht das Wort Betrug in den Mund nehmen. Aber die letzten zwei Fälle kreativer Kursbeeinflussung an der deutschen Börse sind doch bemerkenswert (vielleicht sollte da die »Panorama «-Redaktion auch mal einen Bericht machen, nachdem man Neosino etwas unfein auseinander genommen hat). Da ist zum einen die Cobracrest KGaA. Seit Wochen wird hier mit einem Übernahmeangebot aus den USA geworben, nachdem das Management schon zuvor mit absolut unseriösen Prognosen von sich reden machte. Alles nur mit dem einen Ziel: der Kurs muss hoch! Der Möchtegern-Lifestyle Konzern, der die unbeschreibliche Innovation eines Energy-Drinks am Markt etablieren will, schafft es aber jetzt irgendwie nicht mehr, weitere – sagen wir es ganz offen – Idioten dazu zu gewinnen, die Aktie zu pushen. Der sagenhafte Übernahmepreis von 5,23 EUR/Aktie (der dem Konzern mit angeblich 4 Mio. EUR Umsatz einen Börsenwert von rund 530 Mio. EUR zubilligen würde) soll garantiert nach Ablauf einer Umtauschfrist (Ende Juni!) bezahlt werden. Ich weiß nicht, was sich die Herren noch einfallen lassen, aber eines könnte ich mir leichter vorstellen: Eher macht Data Design AG ein Übernahmeangebot für Microsoft, als dass dieser Preis gezahlt wird. Kurs übrigens aktuell bei 1,50 EUR – das sagt eigentlich alles –, und ist dennoch immer noch maßlos überteuert. Diese Aktie ist keine 10 Cent wert! Fall zwei: Die Michael Zäh AG i.I. Altbekannte »Investoren« tummeln sich hier mal wieder, die angeblich in den insolventen Mantel eine südafrikanische Busch-Telefonboxen-Voice-Over-IP-etc.-Bude einbringen wollen. Die Inititatoren, die sich hinter einem bisher nicht in der Szene bekannten Vorstand verstecken, ziehen diese Nummer nicht zum ersten Mal durch. Es ist erstaunlich, dass man immer wieder mit derart offensichtlichen Abzockereien durchkommt, aber unsere liebe BaFin hat anscheinend entweder nicht das Personal oder die rechtliche Handhabe, das Treiben zu beenden. Da frag ich mich, wozu letztes Jahr das Anlegerschutzverbesserungsgesetz eingeführt wurde. Es ist alles beim Alten geblieben. Ihr Engelbert Hörmannsdorfer, Chefredakteur BetaFaktor
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