freenet AG - Halten (SES Research)
Aus fundamentaler Sicht kein Upside
Aus der zurück liegenden Hauptversammlung ging der Vorstand gestärkt hervor. Aus unserer Sicht erscheint sowohl eine Zerschlagung als auch eine weitere Sonderdividende unwahrscheinlich. Zudem würde durch eine Zerschlagung aus unserer Sicht kein signifikanter Mehrwert für die Aktionäre realisiert werden können. Eine Übernahme des gesamten Konzerns durch einen europäischen Telekommunikationskonzern oder durch einen deutschen Player erachten wir als das wahrscheinlichere Szenario. Nach dem Sonderdividenden- und Zerschlagungsszenarien wieder in den Hintergrund treten, werden in den kommenden Quartalen Fundamentaldaten wieder in den Vordergrund rücken:
Aktivierung der Kundenakquisitionskosten verzerrt zur EBIT-Entwicklung
Die EBITDA- und EBIT- Entwicklung wird durch die im laufenden Geschäftsjahr begonnene Aktivierung von Kundenakquisitionskosten stark verzerrt werden. So erwarten wir in 2007 aktivierte Kundenakquisitionskosten brutto von insgesamt EUR 176 Mio. Gegenzurechnen sind hier entsprechende Umsatzpassivierungen (zur Abgrenzung erhaltener Mobilfunk-Provisionen) von EUR 93 Mio., so dass sich ein Nettoeffekt auf die G+V von EUR 83 Mio. ergibt.
Strategiewechsel im Mobilfunk richtig – aber riskant
Im Segment Mobilfunk vollzieht freenet eine Änderung der Strategie und transformiert das etablierte MSP (Mobilfunk Service Provider)- Geschäftsmodell in ein kombiniertes MVNO/MSP-Modell (MVNO= Mobile Virtual Network Operator). Als MVNO stellt freenet die eigene Marke bei Kunden in den Vordergrund, vermittelt Verträge nicht mehr zu den vier etablierten Mobilfunknetzbetreibern sondern positioniert sich selbst als Netzbetreiber. Der Vorteil liegt darin, höhere Bruttomargen erzielen zu können und an eingehenden Gesprächsvolumina zu partizipieren. Demgegenüber hat ein MVNO im Gegensatz zu einem MSP keine garantierten Margen. Aufgrund des gesättigten Mobilfunkmarktes in Deutschland erachten wir die Anpassung der Strategie als sinnvoll. Letztendlich verlieren die MSP mehr und mehr die Vertriebsfunktion für die Netzbetreiber und damit letztendlich die Geschäftsgrundlage. Jedoch birgt die Änderung der Strategie auch erhebliche Risiken. Zum einen kauft freenet Minuten auf eigenes Risiko ein. Zum anderen nimmt durch Aufbau eigener Technik die Kapitalintensität zu. Schließlich stellen sich die beiden Fragen, ob freenet in der Lage ist, schnell genug eine kritische Masse an Kunden für die Marke freenet zu gewinnen und ob die etablierten vier Netzbetreiber eine weitere Mobilfunkmarke dulden werden.
DSL-Neukundenentwicklung birgt Enttäuschungspotential
Das Segment Internet/Festnetz ist im Wesentlichen durch zwei Effekte geprägt. Umsatztreiber sind das DSL-Neukundengeschäft, WEB-Hosting und das Portal. Insbesondere in der DSLNeukundenentwicklung besteht im laufenden Jahr Enttäuschungspotenzial. Nach dem nun auch United Internet eigene Anschlüsse auf Basis von QSC- und Telefonica-Technik verkauft, könnte freenet zwischen der Deutschen Telekom, United Internet als ISP und den drei großen Netzbetreibern Hansenet/Telecom Italia, Arcor und Versatel aufgerieben werden. Darüber hinaus wird im Schmalbandgeschäft (Telefonie und Internetzugang) die Kundenbasis weiter wegbrechen (SES e: minus 500 Tsd. in 20007). SES erwartet in Q2 Neukunden von 59 Tsd.
Prognoseanpassung: aktivierte Kundenakquisitionskosten haben erheblichen Einfluss auf die EBITDA- und EBITEntwicklung
Im ersten Quartal 2007 ist freenet dazu übergegangen, Kundenakquisitionskosten (SAC = Subscriber Acquisition Costs), Kundenbindungskosten (RAC = Retention Acquisition Cost) anteilig zu aktivieren und dann durchschnittlich über 2 Jahre abzuschreiben. Gleichzeitig werden Provisionen von Netzbetreibern, die sich bisher im Umsatz wieder gespiegelt haben, passiviert. Das Unternehmen hält sich mit Aussagen zu der erwarteten Höhe zurück.
Die untenstehenden Tabellen zeigen hierfür unsere Annahmen. Aufgrund der Aktivierung der Kundenakquisitionskosten steigt im Vergleich zu 2006 das EBIT in 2007e zunächst von EUR 102 Mio. auf EUR 167 Mio. Aufgrund der in 08e und 09e folgenden Amortisationen reduziert sich das EBIT sukzessive auf EUR 149 Mio.
Verhaltene DSL-Neukundenentwicklung im zweiten Quartal erwartet
In Q2 gehen wir von 55 Tsd. DSL-Neukunden aus. Den Q2/07 Konzernumsatz prognostiziert SES mit EUR 454 Mio. (+0,5% vs. Q1/07; Mobilfunk: EUR 278 Mio., Internet/Festnetz: EUR 176 Mio.). Wichtige Faktoren in der Umsatzentwicklung sind ein schwaches DSL-Neugeschäft, weitere Umsatzrückgänge im Callby- Call Bereich sowie anhaltend niedrige ARPU’s im deutschen Mobilfunkmarkt (SESe für Freenet in Q2/07 EUR 16,15). Das EBIT on Q2/07 schätzt SES auf EUR 46,2 Mio. (-8% vs. Q1/07) sowie das Nettoergebnis auf EUR 43,0 Mio. (hier ist zu beachten dass SES von einer Steuerquote von 12% ausgeht).
Aus fundamentaler Sicht kein Upside; Rating Halten
Aufgrund der genannten Risiken in den beiden Segmenten (DSLNeukundenentwicklung, wegbrechende Schmalbandkundenzahl sowie Änderung der Strategie im Mobilfunk) stufen wir die Aktie neu mit Halten ein (ALT: Kaufen). Das neue, DCF-basierte Kursziel lautet EUR 17,50 (ALT: EUR 27, Dividendenabschlag von EUR 6 berücksichtigt).
(Quelle: SES Research)
06.08.2007 17:18
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