Debitel kauft Elmshorner Talkline 850 Mitarbeiter betroffen. Standort im Norden soll bleiben. Stuttgarter Konzern baut Vorsprung vor Freenet aus. Weitere Übernahmen in Branche erwartet. Von Nikos Späth Hamburg/Stuttgart - Das Fusionskarussell in der Telekommunikationsbranche nimmt Fahrt auf: Nachdem sich HanseNet (AOL) und Freenet (Tiscali) mit Zukäufen im Internet stärkten, übernimmt jetzt der Service-Provider Debitel für 560 Millionen Euro seinen Elmshorner Wettbewerber Talkline. Damit baut das Stuttgarter Unternehmen seine führende Position aus. Beide Firmen betreiben keine eigenen Netze, sondern treten als Zwischenhändler für DSL- und vor allem Mobilfunkanbieter auf. -Anzeige- "Mit der Übernahme von Talkline sind alle Spekulationen, wer bei der Konsolidierung des Mobilfunkmarktes in Deutschland die Führung übernehmen wird, ein für alle mal vorbei", sagte Debitel-Chef Axel Rückert. Zusammen deckten die Unternehmen 20 Prozent der Neukundengewinnung ab. Zu den neun Millionen Mobilfunkkunden Debitels kommen 3,76 Millionen von Talkline hinzu. Dadurch vergrößern die Stuttgarter ihren Vorsprung vor der Nummer zwei Freenet (5,1 Millionen) deutlich. Der Umsatz des fusionierten Konzerns liegt auf Basis der Bilanzen von 2006 bei 3,2 Milliarden Euro, das operative Ergebnis beträgt rund 240 Millionen Euro. Auch das gerade erst mit Mobilcom fusionierte Büdelsdorfer Unternehmen Freenet war an einer Übernahme von Talkline interessiert, bestätigte Sprecherin Elke Rüther dem Abendblatt: "Wir haben Gespräche geführt. Letztlich hat Debitel einen stolzen Preis gezahlt." Freenet gerät nun unter Zugzwang. Großaktionäre hatten eine Zerschlagung der Firma oder eine Fusion mit anderen Serviceprovidern gefordert, um die sinkenden Gewinnspannen auszugleichen. Ein Zusammenschluss wie jetzt von Debitel und Talkline stärkt insbesondere die Verhandlungsposition gegenüber den Netzbetreibern T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2. Marktbeobachter gehen davon aus, dass Freenet nun die Nummer vier Drillisch (2,1 Millionen Mobilfunkkunden) oder fünf The Phone House (1,4 Millionen) übernehmen will. Drillisch ist bereits mit acht Prozent an Freenet beteiligt und hat mehrfach für die Bildung einer Allianz plädiert. "Wir halten die Augen offen", sagte Rüther zu möglichen Zukäufen. "Das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange", kommentierte Jürgen Grützner, Geschäftsführer beim Branchenverband VATM, die Talkline-Übernahme. "Durch pure Größe erlangen die Service-Provider Mengenvorteile und können Personalkosten sparen", sagte er dem Abendblatt. Diese Ziele haben auch Debitel und deren Eigner. Der Finanzinvestor Permira hatte 2004 von Swisscom die Mehrheit an Europas größter netzunabhängiger Telefongesellschaft übernommen. Gleichzeitig gehört Permira zum Eigentümerkreis des dänischen Telekomkonzerns TDC, der Talkline nun an Debitel verkauft. "In erster Linie erwarten wir Synergien im Einkauf und Vertrieb", sagte Talkline-Sprecher Thomas Stormanns dem Abendblatt. Aussagen zu Arbeitsplätzen seien wegen der bis zu sechs Wochen dauernden kartellrechtlichen Prüfung verfrüht. Fest stehe aber schon jetzt, dass Elmshorn für Debitel (2400 Mitarbeiter) eine wichtige Rolle spielen werde: "Wir werden in Elmshorn auf jeden Fall Kernkompetenzen unserer Unternehmensgruppe ansiedeln", sagte Debitel-Chef Axel Rückert gestern vor Talkline-Mitarbeitern. In der Stadt im Landkreis Pinneberg arbeiten mehr als 700 der insgesamt 850 Beschäftigten. Zwei Dutzend sitzen in Hamburg beim Handy-Discounter Callmobile, der ebenfalls übernommen wird. Unklar ist, ob die 1991 eingeführte Marke Talkline erhalten bleibt. "Debitel ist sich bewusst, dass es eine etablierte Marke ist, die man leichtfertig aufgäbe", so Stormanns. Eine Garantie für den Fortbestand wollte der neue Eigentümer aber nicht geben. erschienen am 6. Juni 2007 quelle:http://www.abendblatt.de/daten/2007/06/06/750799.html |