23.03.2004 14:12 Dax: Rein und Raus nach strengen Regeln Ermessensspielräume sind Geschichte: Wer in den Dax gehört, entscheiden künftig nur noch die nackten Zahlen. Die genauen Regeln passen zwar nicht auf den sprichwörtlichen Bierdeckel, sind aber eigentlich ganz schlüssig. Dax: Rein und Raus nach strengen Regeln In den 16 Jahren seines Bestehens hat sich die Zusammensetzung des Dax höchst selten verändert. Meist waren Zusammenschlüsse, wie bei Viag und Veba zu E.ON oder Übernahmen, wie bei Mannesmann oder Nixdorf dafür verantwortlich. Das "Who is who" der deutschen Wirtschaft hat auch im Deutschen Aktienindex große Beharrungskraft gezeigt. Dass es sehr selten zu Umbildungen im Dax kam, spricht dafür, dass die Deutsche Börse es verstanden hat, die richtigen Hürden bei der Qualifikation für den Dax zu legen.
Wer tatsächlich Dax-Mitglied wird, bleibt oder seinen Aufenthalt im Index-Oberhaus der Deutsche Börse AG verwirkt hat, darüber entscheidet die monatlich erstellte Rangliste der Aktiengesellschaften, die deren Positionierung nach Marktkapitalisierung des Streubesitzes, also der frei handelbaren Aktien, und dem Börsenumsatz angibt. Jährliche Überprüfung der Rangliste Jedes Jahr im August wird die Dax-Zusammensetzung auf der Grundlage der Rangliste von Ende Juli regulär überprüft. Änderungen werden dann im September umgesetzt.
Auch nach der Neuregelung der Dax-Mitgliederauswahl ist die 35/35-Regel das Kernstück des Regelwerks. Sie besagt, dass eine Gesellschaft zu den 35 größten Unternehmen nach Marktkapitalisierung der frei handelbaren Aktien gehören muss und gleichzeitig mindestens auf Platz 35 beim Börsenumsatz kommen muss, um zum Club der Dax-Unternehmen zu gehören. Für das Kriterium der Marktkapitalisierung nach Streubesitz wird der volumengewichtete Börsenkurs der letzten 20 Tage ermittelt.
Neu ist die genaue Regelung der Wechselvoraussetzungen. Demnach muss ein Dax-Kandidat in den Index aufgenommen werden, wenn er nach beiden Kriterien nicht schlechter als mit Rang 30 abschneidet und gleichzeitig ein Dax-Wert bei mindestens einem Kriterium unter Platz 35 gerutscht ist. Zudem müssen Dax-Mitglieder, die in einem der beiden Kriterien einen höheren Rang als 40 aufweisen, den Index verlassen, sofern es einen Nicht-Indexwert gibt, der in beiden Kriterien Rang 35 oder besser einnimmt.
Vierteljährliche Überprüfung der Rangliste Neben dem ordentlichen Termin für die Titelauswahl behält sich die Börse aber auch spontane Veränderungen des Dax vor. Mit einem "Fast Entry" oder "Fast Exit" können Unternehmen vierteljährlich aus dem Dax verbannt oder aufgenommen werden. Auch die Voraussetzungen zum schnellen Ein- und Ausstieg sind klar geregelt.
Fast-Entry-Regel: Wer beim Börsenumsatz und der Marktkapitalisierung zu den 25 Besten gehört, muss aufgenommen werden. Dafür müsste dann der Wert mit der geringsten Marktkapitalisierung den Dax verlassen.
Fast-Exit-Regel: Ist ein Dax-Mitglied in beiden Disziplinen unter Platz 45 gefallen, fliegt es aus dem Index. Das allerdings nur, wenn gleichzeitig ein Kandidat bereit steht, der nach beiden Kriterien unter die ersten 35 Gesellschaften kommt.
Dax-Gewichtung wird vierteljährlich angepasst Nicht nur die Dax-Mitgliedschaft, auch die Gewichtung der Teilnehmer im Index, also der Faktor, nach dem ihr Kurs in die Indexberechnung einfließt, wird vierteljährlich neu festgelegt. Kriterium ist dabei die Marktkapitialisierung des Streubesitzes ("Free Float"). Dazu zählt folglich nicht der Wert von Aktien, die das Unternehmen selbst hält. Auch die Anteile von Großaktionären, die mehr als fünf Prozent der Aktien eines Unternehmens besitzen, zählen nicht zum Free Float.
Blitzkarriere für Börsenaktie Erstes Beispiel für einen schnellen Dax-Aufstieg war pikanterweise die Aktie der Deutschen Börse selbst. Kurz nach dem Börsengang 2001 war sie bereits im MDax vertreten. Und Ende 2002 sorgte die Fast-Entry-Regel dafür, dass die Deutsche Börse den Bauteilehersteller Epcos aus dem Dax drängte.
Beim Aufstellen neuer Regularien für die Dax-Zusammensetzung hat sich die Börse im Laufe der vergangenen 16 Jahre stets schwer getan. In den vergangenen Jahren hat sich aber doch einiges bewegt: Nach der Einführung der Fast-Exit- und Fast-Entry-Regeln (August 2002) und der Gewichtung des Dax nach Streubesitz (Juli 2002) sind nun auch die so genannten weichen Kriterien weggefallen (März 2004, siehe "Dax-Mitgliedschaft wird neu geregelt").
Die Neuformierung der Index-Welt im März 2003 mit TecDax und verkleinertem MDax hat der Dax ebenso unbeschadet überstanden wie das Kommen und Gehen des Neuen Marktes. Vielleicht ist gerade dies der beste Beweis dafür, dass der Deutschen liebstes Börsenbarometer mehr ist als eine kurzlebige Zeiterscheinung.
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