@Mammut (1250): Das KGV "hält sich" seit einem Jahr bei etwa 11, der Kurs aber nicht: Er sank von 28 USD vor einem Jahr auf jetzt 24,80 USD. Die Gewinne sanken im gleichen Zeitraum von 2,33 USD (2004) auf 1,94 (2005) - ein Minus von 20 %. Soll die Aktie steigen, muss sich wahlweise das KGV oder der Gewinn erhöhen (oder beides zugleich). Solange die Gewinne rückläufig sind, wird das KGV jedoch eher bei 11 bleiben. Anders ausgedrückt: Sollte (wider Erwarten) der Gewinn für 2006 auf 1,50 USD fallen, würde Pfizer Ende 2006 beim selben KGV von 11 nur noch mit 16,50 USD notieren. Ich glaube NICHT, dass es so kommt - es ist nur eine Erklärung für Dich, dass ein niedriges KGV allein noch kein Garant für Kurssteigerungen ist.
@alle: Das KGV kann allerdings auch aus anderen Gründen steigen: z. B. wenn der Pharmasektor wieder mehr Zuspruch bei Investoren erhält. Sollten die Börsen nachgeben, könnte eine Umschichtung von Technologie in Pharma erfolgen. Sehr konsistent ist die Börse mit ihren Pharma-Bewertungen allerdings nicht. So hat Eli Lilly (LLY) heute ein KGV von fast 50. Lillys Kurs hat sich seit 2000 ebenfalls (wie der von PFE) halbiert. Allerdings werden bei LLY jetzt Gewinnsteigerungen um fast 50 % erwartet. Bei Pfizer fehlt die Aussicht auf Gewinnsteigerungen zurzeit noch. Dies kann sich aber mit der neuen Guidance im Februar ändern.
Am zuverlässigsten würde der Pfizer-Kurs steigen, wenn sich die Gewinne erhöhen. Dazu muss entweder der Umsatz steigen oder es müssen Kosten gespart werden (oder beides).
Der Umsatz kann auch bei alten Produkten steigen, wenn z. B. durch Werbung die Nachfrage danach steigt oder mehr Menschen das mit den Drogen therapierte Krankheitssymptom zeigen. Ein gutes Beispiel ist Lipitor, dessen Umsatz jahrelang wuchs (immer mehr Amerikaner werden immer fetter.). Zurzeit stagniert das Wachstum bei Lipitor jedoch, und die Umsätze könnten ab Juni 2006 auch deutlich fallen, weil dann das Konkurrenzprodukt Zocor (von Merck), das annähernd so wirksam ist, Patentschutz verliert. Viola hat in P. 1255 zutreffend darauf hingewiesen, dass Interessengruppen wie Express Scripts Statin-Generika pushen, ähnlich äußert sich das WSJ (P. 1191). Bei anderen Produkten wie Celebrex sank der Umsatz wegen der Vioxx-Verunsicherung um 50 %. Bei Viagra sank er wegen neuer Konkurrenz (Cialis von Lilly und Levitra von Bayer). Es gibt also in der Tat einige Fragezeichen.
Sollte dies zu weiteren Gewinneinbußen führen, wird das KGV wohl nicht weiter fallen, der Kurs könnte aber aus den o. g. Gründen dennoch nachgeben.
Am wichtigsten für Umsatzsteigerungen ist eine starke Pipeline - dass also die Umsatzrückgänge aus den Patentverlusten der Blockbuster Novarsc, Zithromax und Zoloft durch neue Produkte kompensiert werden. Für das Antibiotikum Zithromax kommt (als eine der 6 neuen Drogen) als neues Patent Zmax, das einen ähnlichen Wirkstoff enthält, aber nur in einmaliger Dosis eingenommen werden muss. Ob das für Patienten Grund genug ist, mehr zu bezahlen als für generische Kopien von Zithromax, muss sich zeigen.
Pfizer Pipeline ist, wie der CEO zutreffend im WSJ sagt, stark. Demnächst kommen die potenziellen Blockbuster Exubera, Sutent und Champix neu hinzu. Dennoch ist sich Pfizer der Gefahr bewusst, dass die neuen Patente die Umsatzverluste aus dem Ablauf der alten vermutlich nicht voll ausgleichen können. Eben deshalb hat Pfizer ja die Entlassungen der Pharmavertreter in großem Stil angekündigt. Damit sollen 2006 zwei Mrd. und ab 2007 vier Mrd. Dollar pro Jahr eingespart werden. Das ist allerdings (relativ) wenig verglichen mit dem derzeitigen Umsatz von über 50 Mrd. Dollar, von dem allein 12 Mrd. auf Lipitor entfällt. Würde der Lipitor-Umsatz um ein Drittel zurückgehen, wären die vier Mrd. Einsparung aus den Entlassungen bereits "aufgebraucht".
Es ist wohl einleuchtend, dass die Umsetzung dieser Entlassungsankündigung von großer Bedeutung für die zukünftige Gewinnentwicklung ist. Man kann, als Gegenargument zu dem, was im WSJ steht, sagen, dass die Entlassungen ja erst 2006 in großem Stil beginnen sollen und deshalb bislang nichts passiert ist. Derzeit werden offenbar nur durch altersbedingtes Ausscheiden frei werdende Stellen nicht mehr neu besetzt ("attrition"). Doch dann macht mich stutzig, dass die kopfstarke "sales force" (Vertreterschaft) nun, wie Pfizer laut WSJ erklärt, offenbar DOCH in voller Höhe gebraucht wird, um die sechs neuen Medikamente in den Markt zu drücken.
Mit Pech sind die Entlassungsankündigungen also nur Lippenbekenntnisse zur Beschwichtigung nervöser Aktionäre, die in den letzten 5 Jahren die Hälfte ihres investierten Kapitals verloren haben. Dies zur klären wird für Unsereins kaum möglich sein. Wir sind darauf angewiesen, dem Management zu glauben. Und da gibt es wiederum das Problem, dass beispielsweise die im Sommer gegebene 10-%-Guidance für 2006/2007 im Oktober sang- und klanglos widerrufen wurde. Dahinter könnte, wie ich in früheren Postings geschrieben habe, Pfizers Taktik stehen, sich vor dem wichtigen US-Lipitor-Urteil bewusst "angeschlagen" darzustellen. Auch so lassen sich Prozesse gewinnen. Und wer weiß: Vielleicht wäre ohne dieses "Theater" das zweite Lipitor-Patent (wie in England) gefallen, was die Exklusivität in USA um 1,5 Jahre verkürzt hätte.
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Hier noch einmal die Chancen und Risiken zusammengefasst:
Chancen:
- die Kapitaldecke ist mit 50 Mrd. Dollar monströs, das schafft Spielraum für strategische Übernahmen anderer Pharma- und Biotech-Firmen
- das KGV von 11 ist sehr niedrig, historisch hatte PFE KGVs zwischen 16 und 50
- die Pipeline ist, verglichen mit der Konkurrenz (z. b. BMY), stark
- der US-Lipitor-Prozess wurde gewonnen - wichtig auch für Nachfolgepatente (Lipitor in Kombination mit Torcetrapib)
- die Dividendenerhöhung auf jetzt 4,5 % p. a. sichert den Kurs nach unten ab
- der Pharmasektor ist zurzeit unbeliebt, die Bewertungen (teils) übertrieben niedrig
- Probleme bei Merck (Vioxx-Klagen) werden unreflektiert auf Pfizer übertragen
Risiken
- Umsatzeinbußen aus Patentverlusten und Generika-Konkurrenz können womöglich nicht völlig durch neue Produkte aufgefangen werden. Es ist unklar, ob die sechs neuen Medikamente, die 2006 kommen, Blockbuster-Status erlangen
- Pfizers Versprechen, dies durch Entlassungen im großen Stil auszugleichen, blieben bislang Lippenbekenntnisse. Pfizer erklärt nun sogar (siehe WSJ), die vielen Pharmavertreter würden für die Vermarktung der neuen Drogen dringend gebraucht
- Die überraschende Rücknahme der Guidance für 2006/2007 im Oktober hat die Glaubwürdigkeit des Managements gesenkt. Es ist unklar, ob dies nur ein strategischer Schachzug im Vorfeld der US-Lipitor-Patententscheidung war, oder ob auch in Zukunft mit solchen 180-Grad-Kehrtwenden gerechnet werden muss (z. B. bei den Entlassungen).
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Ich bin der Ansicht, dass die Chancen langfristig die Risiken übersteigen, und halte Pfizer daher für ein lohnendes Langzeitinvestment (über mehrere Jahre gesehen) mit der Chance auf Verdoppelung. Kurzfristig könnte der Kurs aber auch noch einmal leicht zurückgehen. Wer sich dadurch nicht irritieren lässt, erhält mit 4,5 % sicherer Dividende eine angemessene Abwarteprämie.
Mir persönlich wäre wohler, wenn ich etwas tiefer wieder einsteigen könnte (ca. 22,50 USD), weil dann die Risiken besser eingepreist sind. Auch würde ich die Gewichtung klein lassen. Wer wirklich jahrelang halten will, kann aber auch jetzt schon (und immer noch) kaufen. |