"Der Andrang ist schwer zu messen und dafür, dass der immer grösser würde, gibt es keine belastbaren Indizien."
Anhaltspunkte gibt es da aber durchaus. Ist Deine Einschätzung denn tatsächlich eine andere? Und wenn Du nun zu der gleichen Einschätzung kämest, würde das bei Deinen Betrachtungen irgendetwas ändern? Natürlich ist es immer schwierig, Zukunft richtig einzuschätzen, wobei es m.E. noch viel entscheidender ist, im Hinblick auf verschiedene Möglichkeiten und Gefahren, die sich nach unterschiedlichen Einschätzungen ergeben können, sinnvoll aufgestellt zu sein - sprich in diesem Fall ein gemeinsames Regelwerk zu schaffen, das nicht nur bei Schönwetter sinnvoll funktioniert und ansonsten in chaotischer Weise an seine Grenzen stößt. Deine im Großen und Ganzen im Hinblick auf die Vergangenheit ja nicht ganz falschen Erwägungen zu unserer Rolle als Einwanderungsland ändern dabei letztlich nichts an der Gefahrenlage, auf die ich oben aufmerksam gemacht habe. Die Bildung solcher ghettoisierten Islamistenhochburgen, wie wir sie in Frankreich und Belgien nunmal erleben, sind zudem wohl keineswegs hinreichend mit kolonialen Altlasten erklärbar.
"Real war und ist Deutschland ein Einwanderungsland, was primär die Kehrseite chronischer Überschüsse mit dem Ausland reflektiert."
Mit den Handelsüberschüssen lässt sich die Attraktivität als Einwanderungsland nicht schlüssig erklären. Auch China, Japan, Russland, Saudi-Arabien, Iran, Singapur, Algerien oder etwa Malaysia haben z.B. tolle Handelsbilanzüberschüsse, wenn das nun das ausschlaggebende Kriterium wäre müssten diese Länder ja ebenso als Zuwanderungsmagneten fungieren, was sie aber nicht tun. https://de.wikipedia.org/wiki/...der_L%C3%A4nder_nach_Leistungsbilanz
Wenn man sich nochmal den Demokratieindex weiter oben vornimmt, so erscheint es doch weitaus plausibler, davon auszugehen, dass die Attraktivität als Zuwanderungsland mit dem Ausmaß an verwirklichter Demokratie, Bürgerfreiheiten, Sozialstaatlichkeit und der Funktionsfähigkeit der Verwaltung und ähnlichem zusammenhängt. Man könnte auch sagen mit der allgemeinen Lebensqualität. Handelsüberschüsse kommen dort natürlich u.U. mittelbar zum tragen, sie können im Hinblick auf die oben angeführten Vergleichsländer jedoch offenbar kein primäres Kriterium sein. Andersherum betrachtet, USA, Kanada und Australien sind ebenfalls beliebte Einwanderungsländer, auch ohne Handelsbilanzüberschüsse vorzuweisen, die Einwanderungsvorausetzungen sind dort allerdings deutlich restriktiver als in Europa.
Die Systemimmanenz von zyklischen Krisen...
Ja, es wäre (weltweit) viel gewonnen, wenn mehr Menschen diese systemische Immanenz von zyklischen (Wirtschafts)Krisen verstünden und sich darüber klar würden, dass diese, wie Du ganz richtig anführst, nicht etwa einm bösen Willen verschwörerischer Eliten anzulasten sind.
Noch mehr wäre gewonnen, wenn sich des weiteren noch vermitteln ließe, dass diese Krisen nicht nur im kapitalistischen Wirtschaftssystem immanent sind, sondern dass zyklische Bewegungen unabänderlicher Wiese auftreten müssen, sobald Menschen anfangen, sich wirtschaftlich, in welcher Weise auch immer, zu betätigen.
Dabei bin ich allerdings der Überzeugung, dass sich die wellenartige Form der zyklischen Bewegungen systemisch doch beeinflußen ließe.
Die Angewohnheit, sich gegen jede kleine Konjunkturdelle antizyklisch gegenstellen zu wollen führt dabei meiner Überzeugung nach gerade zu einer Intensivierung der Zyklen. Boom & Bust werden dadurch gleichsam verstärkt. Die großen Krisen entstehen im Ergebnis nicht selten gerade dadurch, dass man zuvor versucht hat, eine kleinere auf Biegen und Brechen zu vermeiden.
Keynes hatte den Austrians in ihren Betrachtungen on the long run übrigens keineswegs widersprochen. Seine Zeitpräferenz lag aber eben in der Gegenwart. Es war ihm wichtiger, die bei Konjunktureinbrüchen anfallenden deflationären sozialen Anpassungskosten im "jetzt" zu minimieren, als sich schon heute über eine erst in der Zukunft liegende damit zusammenhängende Verstärkung der Konjunkturzyklen zu sorgen. "In the long run, we are all dead" so sein Einwand. "And today Keynes is dead, and we all are living in the long run", wäre nun allerdings die andere Seite. Die Zeitpräferenz ist bei solchen Krisen ein Kernpunkt. Die Gegenwartspräferenz ist dabei bei politischen Entscheidungen nicht selten die dominierende.
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