Du betrachtest Dich also als bloßes Objekt Deiner Erfahrungen und nicht mehr als entscheidungsfähiges Subjekt? Das ist natürlich sehr komfortabel, da man auf diese Weise einfach alle Verantwortung abgegeben kann. Wenn man sich auf diese Weise zum bloßen Objekt macht, kommt man natürlich auch nicht in die Verlegenheit, sich selber zuzumuten, andere Entscheidungen zu treffen, und zu versuchen Dinge zu verändern, sich aus der eigenen Komfortzone zu bewegen. Die eigenen Erfahrungen geben es dann eben nicht her, nicht wahr?
"Logisch fortgesponnen bedeutet dies, dass auch die Bereitschaft, 'andere' Erfahrungen aktiv zu suchen, eine Funktion von Erfahrung ist."
Den inneren Trieben und Bedürfnissen nach, mag das sicher so sein. Hier könnte man die Kette aber unterbrechen. Der Mensch ist frei, vernunftbegabte Entscheidungen zu treffen. Er ist seinen Impulsen nicht ohmächtig ausgeliefert, auch wenn eine Entscheidung dagegen (vorübergehend) mit großer Unlust bzw. dem Gefühl eines Leidens einhergehen mag.
Bei dieser Idee handelt sich übrigens nicht um amerikanische Vulgärphilosophie, (die ihre Ursprünge übrigens in kontinentaleuropäischer Philosophie und nicht in Amerika findet) sondern um einen Kerngedanken der Aufklärung und dem Menschenbild und -verständnis in einer Demokratie!
Die gegenaufklärerische Kritik an dieser Vorstellung geht dabei ebenfalls auf europäische Philosophie zurück. Eine klassische Schopenhauer'sche Position: "Der Mensch könne tun, was er will, aber er könne nicht wollen, was er will" bringt dies ganz gut auf den Punkt. Schopenhauer war bekanntlich ein Gegner seines Lehrers Kant und auch Hegels. Dabei ist es nicht nur eine gegenaufklärerische Haltung, sondern gleichsam eine resignativ-pessimistische Haltung, die im übrigen natürlich auch gut mit dem philosophischen Materialismus von Marx harmoniert.
Den Gedanken, im Geiste der Aufklärung an sich zu arbeiten und sich seines Willens zu betätigen, findet man übrigens des weiteren auch bei Goethe und der Weimarer Klassik etc. Du irrst Dich, wenn Du dies als amerikanische Vulgärphilosophie abtun möchtest.
Im zweiten Absatz überspitzt Du dann doch ein wenig. Von solch einem Homo Economicus war bei mir nicht die Rede.
Es ist m.E. vor allem der Gedanke solch einer ohnmächtigen Determiniertheit, mit der Du der Möglichkeit tatsächlich andere Erfahrungen zu machen, am Ende selbst im Weg stehst.
Um nochmal aus Ladys interessanten Artikel über die Erkenntnisse der Glücksforschung weiter oben zu zitieren:
"Seit den Sechzigerjahren wird die Frage daher von Wissenschaftlern etwas differenzierter erforscht. Ihre Untersuchungen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, im Kern aber eint sie eine simple Erkenntnis: Glück ist kein Glücksfall, sondern eine individuelle Einstellungssache, eine Attitüde."
"Vor allem aber ist es das Resultat aus selbstbestimmten Handeln. Wer glaubt, in seinen Entscheidungen frei zu sein und deshalb sein eigenes Glück in der Hand zu haben, ist in der Regel glücklicher. Solche Menschen schaffen einen Ausgleich zwischen dem, was sie haben und dem, was sie wollen."
|