Einleitend schreibe ich ein paar Worte grundsätzlicher Natur. Interessierte am Edelmetall-Thema mögen den kursiven Text überscrollen. Diese Woche schlugen die Wellen im Edelmetall-Bereich wieder einmal hoch und lösten bei mir einige Statements aus, die grundsätzliche Anschauungen betreffen und mit dem Thema an sich nicht unmittelbar zu tun haben. Prinzipiell ist es mein Bestreben, solche Diskussionen nicht zu fördern, da die Gefahr besteht, dass Threads komplett abdriften und zu Zombie-Threads werden, wie es diese ja auch in diesem Forum gibt. Dennoch möchte ich an dieser Stelle als Hintergrundinformation meine Anschauungsweise der Erkenntnisgewinnung und Einbeziehung von Informationen in meine Statements ein wenig darlegen, damit man weiss, auf welche Art meine Analysen "gefärbt" sind. Sowohl fundamentale, als auch charttechnische Aspekte sollten bei der Bewertung einer Aktie immer herangezogen werden (besonders aus Investment-Sicht). Bei den Fundamentalen nicht nur die wertpapierspezifischen, sondern auch jene das jeweilige Umfeld der Aktie beeinflussende sowie, natürlich auch die Gesamtsituation der Wirtschaft und des Finanzsystems, nicht zu vergessen auch die lokalpolitische und bei den Edelmetallen derzeit im besonderen auch die geopolitische Lage. Es wäre fatal, im derzeitigen Stadium des ungedeckten Papiergeldsystems diesen Aspekt völlig aussen vor zu lassen. Im Frühstadium dieses Systems bestand keine Gefahr aus dieser Ecke. Nur: dieses System hat von Beginn an eine eingebaute Bruchstelle, deren jetzt immer grösser werdenden Risse mit immer krasseren und absurderen Methoden versucht wird, zu kitten oder zumindest zu überdecken. Eine solche Methode sind u.a. die immer wieder durch das eine oder andere FED-Mitglied angekündigten möglichen Handlungsschritte (im konkreten Fall Zinserhöhungen), welche jederzeit vorgenommen werden können, so es die FED will. Das ist aber der Knackpunkt. Die FED kann es zwar wollen, sie kann es aber nicht tun. Warum werden denn die im letzten Jahr grossspurig angekündigten mehrfachen Zinserhöhungen nicht einfach vorgenommen? Die FED ist, so wie alle anderen Notenbanken auch, Gefangene ihres eigenen Systems. Der Schuldenberg ist global mittlerweile so angewachsen, dass jede Zinserhöhung die Gefahr eines dominoartigen Zahlungsausfalles in sich birgt und damit das ohnehin schwache globale Wirtschaftswachstum noch mehr bremsen könnte. So bleibt der FED also nichts anderes übrig, als die Märkte in dem Glauben zu halten, alles im Griff zu haben und um dies zu unterstreichen, gibt es immer wieder entsprechende Statements. Die Marktteilnehmer sind natürlich nicht doof und wissen um diese Situation. Dies begründet auch die Nervosität und hohe Volatilität an den Märkten, in allen Anlageklassen. Bei den Wertpapieren werden die Kurse ja offiziell durch eine weitere dieser krassen Methoden (Gelddrucken, in elektronischer und Papier-Form) künstlich hochgehalten und haben mit der Gewinnentwicklung der Unternehmen überhaupt nichts mehr zu tun. Die Unternehmen selbst tragen zur Kursstützung bei, indem sie eigene Aktien zurückkaufen anstelle ihre Gewinne in Investitionen einzusetzen. Ein interessanter Artikel in diesem Zusammenhang: So überstehen Sie den nahenden Winter in der Wirtschaft Das geopolitische Pendant zu diesen absurden Methoden findet sich im Slogan "Kampf gegen den Terror" wieder. Hier wurde ein unbefristeter Freibrief geschaffen, um eigene Interessen mittels Militärgewalt durchzusetzen. Dass dieser Kreislauf dadurch niemals unterbrochen werden wird, sondern die Gewaltspirale lediglich sich immer schneller drehen lässt, ist einleuchtend. Hilfreich für die Machthaber, denn so kann der kleine Mann von der prekären finanziellen Lage abgelenkt, ein Schuldiger präsentiert und restriktive Massnahmen im Namen der Sicherheit durchgezogen werden. Diese haben aber den alleinigen Zweck, die zu erwartenden Unruhen, erzeugt durch die aus diesem Finanzsystem entstandenen Ungleichheiten mit einem verstärkten Sicherheitsapparat in Schach zu halten. Abschliessend möchte ich sagen, dass ich damit kein Fass in diesem Thread aufmachen wollte, sondern lediglich die Färbung meiner Sichtweise offenlegen wollte. Ich werde mich an einer möglicherweise dadurch entstehenden Diskussion auch nicht beteiligen. Das am Wochenende wieder einmal zum Einsatz gebrachte, nahezu schon inflationäre, Zinsanhebungsmöglichkeitsbetonungs-Ritual verliert immer mehr an Wirkung, wie Mo und Di erkennbar, und so konnte die FED der mittwöchigen Schützenhilfe in Form der Überflutung des Goldmarktes mit Papiergoldkontrakten am Mittwoch direkt dankbar sein (Flashcrash: Mehr als 10.000 Gold-Futures in 1 Minute verkauft). Die Edelmetalle und Minenaktien gingen, auch in vorauseilendem Pawlowschem Reflex im Hinblick auf die freitägliche Yellen-Rede beim grossen Notenbank-Treffen in Jackson Hole, ordentlich in die Knie. Doch kommen wir nun zur Bestandsaufnahme. Charttechnik: Silber: Nachdem am Sonntag der Vizechef der US-Notenbank Fed, Stanley Fischer, den geneigten Marktteilnehmern erneut eine Zinskarotte entgegenhielt, wurde tags darauf das Doppeltop mit einem ›falling window‹ (USD 19,25-19,02) wirksam. Silber hat stärker auf die Edelmetall-Attacke reagiert, da es schon zuvor knapp am Zwischentief des Doppeltops platziert war, ausserdem war die EMA 200 bereits sehr weit entfernt. Das Chartbild hat sich nun eingetrübt und nach oben einige Sperr-Fenster ausgebildet. Silber hängt nach unten ein wenig in der Luft. Da der Weg nach oben ja versperrt ist, könnte es bei fehlendem Aussenimpuls durchaus noch ein Stück weiter runter bis zu den beiden ›rising windows‹ oder bis zur April-Aufwärtstrendlinie (ca. auf diesem Kursniveau) gehen. Gold: Gold liess sich von dem Zinsgemüse des FED-Marktschreiers nicht so stark beeindrucken und verlor gegenüber Silber (-4 %) lediglich etwas mehr als 1 %. Hier wurde das potentielle Doppeltop nicht aktiviert (Zündlevel: USD 1.312,78). Die Seitwärtsbewegung ist also völlig intakt geblieben. Freitag gab es dann eine Kerze mit relativ grosser Spannweite. Diese könnte für die folgenden Handelstage (ohne äusseren Einfluss) einen Aussenstab darstellen, innerhalb dessen Hoch- und Tiefkurs die nachfolgenden Kerzen per Schlusskurs als Innenstäbe die Seitwärtsbewegung fortsetzen könnten. Sollte hingegen das Zwischentief doch noch nach unten verlassen werden, befindet sich dort die breite BREXIT-Unterstützung mit dem untersten Wert von USD 1.271,28. Nach oben wäre die Marke des letzten Zwischenhochs in dieser Lateralbewegung interessant (USD 1.367,28). Wird sie genommen, wäre das als äusserst bullisch anzusehen. Barrick Gold: erlebte nach der Papiergoldflutung einen Panikabverkauf (siehe das hohe Volumen am Mittwoch). Ergebnis: -10 % Tagesverlust samt aufgerissenem ›falling window‹. Das wirksam gewordene Doppeltop war in dieser Paniksituation auch nicht gerade hilfreich, jedoch auf Höhe des 5. Fixseils "verbockte US-Arbeitsmarktstatistik" war dann erst einmal Stopp. Barrick war der wahre Prügelknabe der mittwöchigen Aktion. Sein Chartbild erlitt den grössten Schaden vom Triumvirat. Es macht nach diesem Abverkauf einen verheerenden Eindruck: nach Norden ist erst einmal dichtgemacht durch eine wahre Sperrflut an Fenstern (insgesamt 8 Stück), dazu eine 4-monatige Aufwärtstrendlinie in einen Widerstand umgewandelt und nicht zuletzt der Trendbruch. Die 11-monatige Aufwärtsbewegung hat damit ihr Ende gefunden (Bilanz +220 % bis zum Trendbruch mittels 9 Progressionen). Aktuelle Lage: Barrick ist derzeit trendlos, jedoch nach unten mit einer Unterstützung (5. Fixseil) versehen. Nach oben wie gesagt ziemlich versperrt, hier braucht es viel Edelmetall-Power. Das oben erwähnte 5. Fixseil wurde Mi, Do und Fr, also 3mal, bereits positiv getestet. Das für Barrick (ohne Aussenimpulse) offene Feld liegt also seitwärts und zwar eingespannt zwischen der in den Widerstand umgewandelten Aufwärtstrendlinie (rot strichliert) und dem 5. Fixseil. Charttechnisch abschliessend noch ein aufbauendes Wort: Beide Edelmetalle haben am Freitag Kerzen ausgebildet, die der Abwärtsbewegung zumindest Widerstand signalisieren und zwar mit einem ›inverted hammer‹, Barrick gab am Freitag leider das schwächste Bild ab, könnte aber bei Bestätigung der starken Freitags-Edelmetallkerzen davon profitieren. Auch der RSI befindet sich nun bei Silber und Barrick im stark überverkauften, bei Gold im überverkauften Bereich. Schlussbemerkung: Freitag folgte prompt die nächste Zinskarotte: keine klare Aussage wie z. B. "im September gibt es eine Zinserhöhung" oder "die Zinserhöhung kommt erst im Dezember", nein, die Strategie der Nicht-Aussagen fand ihre Fortsetzung: es könnte …, es wäre angemessen …, es wird erwartet … befinden uns auf einem guten Weg … (Anm.: wohin eigentlich???). Damit sind wir wieder da angelangt, wo wir anfangs waren: die Märkte sind hochnervös, sie werden im Unklaren gelassen und es werden die Aussagen kurzfristig gehandelt. Die in den Märkten immer wieder nachlassende Spannung wird durch gezielte FED-Mitglieder-Zwischenrufe wieder aufgebaut und das Spiel somit prolongiert. Kommt in dieses Ping-Pong-Spiel irgendwann einmal eine kleine Störung rein, dann fällt der Ball vom Tisch. Zum Schluss noch was zum Schmunzeln und zwar ein ganz aktuelles Beispiel dieser FED-Verbal"wichserei": FED-Vizechef Fischer wurde gefragt, ob die Zinsen bereits im September steigen könnten und ob in diesem Jahr zwei Anhebungen möglich seien. Originalzitat Fischer: "Was die Vorsitzende heute gesagt hat, ist vereinbar mit einem 'Ja' auf ihre beiden Fragen."
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