Müll-Notstand im Finanzsystem
Von Michael Braun
Es gibt nichts, was den Akienmarkt stützen könnte. Die deftigen Kursverluste von gestern, die den Dax um fast fünf Prozent nach unten knüppelten, haben sich an den anderen Börsen der Welt fortgesetzt.
In New York schloss der Dow Jones Index 2,9 Prozent tiefer, der Nasdaq Composite 3,7 Prozent im Minus und in Japan driftet der Nikkei-Indxe 4,1 Prozent in die Minuszone.
Aktien muss man derzeit offenbar nicht haben, verkaufen scheint angesagt. Der Deutsche Aktienindex wurde vorbörslich weitere 0,8 Prozent tiefer bei 4.387 Punkten gesehen. Eine Trendwende ist nicht erkennbar.
Wo sollte sie auch herkommen? Die Finanzindustrie ist nicht nicht aus der Krise heraus. Der Präsident der Finanzdienstleistungsaufsicht, Jochen Sanio, hat den Zustand des internationalen Finanzsystems mit, so wörtlich, "den Straßen von Neapel zu Zeiten des Müll-Notstands" verglichen.
Der bekannte Müll sei nur teilweise beseitigt worden, neue Arten von Müll seien hinzugekommen. Er hatte nur einen kleinen Trost bereit: Das Finanzsystem sei nicht tot. "Und auch die deutsche Kreditwirtschaft liegt nicht danieder."
Das hängt stark damit zusammen, dass die Regierungen einen Kollaps vermieden haben. Auch die Zentralbanken haben sich als Systemstabilisatoren erwiesen: Viele haben die Zinsen in Richtung Null Prozent gesenkt, alle geben Notenbankkredite an die Banken heraus - und viele nehmen dabei Wertpapiere als Sicherheit an, die nicht sicher sind.
Das alles, um den Geldmarkt am Laufen zu halten, weil ohne Geld die Wirtschaft zusammen bräche. Die Europäische Zentralbank wird heute wohl auch einen weiteren Beitrag zu dieser Politik liefern. Die Märkte rechnen fest damit, dass sie die Leitzinsen weiter senkt. Sie stehen in der Eurozone noch bei 2,5 Prozent und sollten heute auf 2,0 Prozent sinken.
Billigeres Geld könnte die Märkte stabilisieren. Doch dagegen stehen die harten Daten aus den Unternehmen. Heute veröffentlicht der Chipkonzern Intel sein Ergebnis für das Schlussquartal des Jahres 2008. Das wird erst nach Börsenschluss in Europa sein. Gutes kann nicht kommen: Denn Intel hatte schon zweimal mitgeteilt, der Umsatz sei zwischen Oktober und Dezember eingeknickt.
Die Autoindustrie wird wohl auch nicht entspannenden Nachrichten aufwarten: Der europäische Herstellerverband kommt mit den Zulassungszahlen für Dezember. Bei Nissan wird über einen Jahresverlust spekuliert.
Gutes wird wohl auch nicht von der Pressekonferenz von Airbus zu erwarten sein. Die Hoffnungen für den A 350, für den ein neues Werk gebaut wird, sind groß. Der Militärtransporter des Konzerns reißt aber viele Hoffnungen wieder ein.
Die Aktie des Softwarekonzerns SAP könnte von Berichten über einen Großauftrag der Vereinten Nationen profitieren. Bis zu 300 Millionen Dollar soll der schwer sein. Für den Parfümeriekonzern Douglas ist der Begriff "Kreditklemme" ein Fremdwort, wie der Chef im Interview mit der Börsen-Zeitung . Dass es noch Unternehmen mit Geld und Investitionslust gibt, könnte dem Porzellan-Produzenten Rosenthal helfen. Angeblich interessiert sich ein italienischer Investor dafür.
Hier der aktuelle Dax-Stand - die Tafel aus der Frankfurter Börse: |
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