Er hatte bereits 2009 ff. davor gewarnt, dass die Rally kein Rückgrat habe, und schon damals Vergleiche zu 1929 und der folgenden Großen Depression gezogen. Damals betrieb Gehrt noch eine Webseite namens System22. Je weiter die Märkte stiegen, desto verbissener wurden seine Kommentare. Lief auch hier im Thread ähnlich ;-)
Gehrts Analysen sind meist in sich stimmig und gut formuliert. Auch die in # 933 verlinkte finde ich okay (auch wegen der Charts) und stellenweise interessant - z. B. der Verweis auf den I-Deal mit China am 15.1., dem China offenbar nicht so euphorisch entgegenblickt.
Mir fiel allerdings auf, dass Gehrt die - mMn marktdominierenden - Repo-Kaufprogramme der Fed mit keinem Wort erwähnt. Er schreibt stattdessen von Dip-Buyern, die seit Monaten jeden Rücksetzer wieder hochkaufen.
Die große Frage bleibt jedoch: Sind das echte Marktteilnehmer (etwa gierige Kleinanleger, wie Gehrt offenbar glaubt) oder handelt sich um den verlängerten (PPT?)-Arm der Fed - z. B. in Gestalt großer Hedgefonds und andere Adressen, die womöglich Insiderwissen über die kommende Fed-Politik haben und den Repo-Geldfluss schadlos für mittelfristige Long-Zocks nutzen können. Die würde ich nur noch m.E. als "Marktteilnehmer" bezeichnen.
Gehrts alte Leier, dass der Aktienmarkt von unbedarften und gierigen Kleinanlegerdeppen hochgezockt werde, während die Profis aussteigen, scheint mir das aktuelle Marktgeschehen jedenfalls nicht hinreichend widerzuspiegeln.
Gehrt schreibt zutreffend, dass alle Stimmungsindikatoren am bullischen Anschlag stehen. Der F&G-Index kletterte kürzlich sogar bis 97 (hier im BT gepostet). Gehrt weist aber ebenso korrekt darauf hin, dass man eine kommende "Trendwende nach unten" nur schwer oder gar nicht timen könne. "Shorts auf Verdacht" seien aktuell nur etwas für "Hartgesottene".
Wie sich das "anfühlt", ein Hartgesottener zu sein, erlebe ich seit 6 Monaten - zum Glück nur rein virtuell - im Ariva Trader-Musterdepot. Dort habe ich an jedem Monatsanfang die bereitgestellten 100.000 Euro in kurzfristige Short-Optionsscheine oder KOs gesteckt. Am Ende des Monats waren dann von den 100.000 meist nur noch 30.000 bis 50.000 übrig. Im Gegensatz zum Musterdepot wird in der Realität der Depotstand allerdings nicht jeden 1. um frische 100.000 Euro Spielgeld aufgefüllt. Schon einer dieser Monate wäre für reale Anleger "tödlich" gewesen. Ich betreibe diese Irrsinnswetten im Trader-Musterdepot u. a. deshalb, um mich davor zu bewahren, es auch in der Realität zu versuchen. Schon wenn der Depotstand zwei Tage später -15 % ist, bin ich heilfroh, nicht vermeintlich "hartgesotten" real auf fallende Kurse gesetzt zu haben.
Dass Gehrt die Fed nicht erwähnt, ist das größte Manko seines Artikels. Die Repo-Progamme laufen noch bis zum Frühjahr weiter. Womöglich werden sie auch noch verlängert, weil Trump sonst zu Powell twittert: "You are fired". ;-)
Die Börsen sind über die Zentralbanken und Trumps "Drohungen" hochgradig politisiert. Mit angestaubten "dumme Bullen, smarte Short-Profis"-Schemen aus der Vor-Lehman-Zeit kommt man mMn heute nicht recht weiter.
Eher noch taugen Patentrezepte, die 50 Jahre alt sind: Wenn die Marktstimmung "super-gut" und "Geld da" ist, drängen sich gemäß Altmeister Kostolany Shorts nicht auf. Beides scheint bis Frühjahr noch der Fall zu sein. Bis dahin werde ich (real) nicht zu den "Hartgesottenen" zählen, wegen obiger virtueller (und auch früherer praktischer) Erfahrungen. Dabei ist mir egal, ob ich den "nächsten 1929-Crash" verpasse. Dieser sollte sich auch, wie alle Crashs, durch vorangehende Schwäche voranzeigen. Davon ist aktuell nichts zu sehen. Die Indizes steigen von einem ATH zum nächsten. |