"Dieselautos stoßen zu viel Stickoxid aus, Tausende Menschen sterben daran - und die EU-Kommission und Mitgliedstaaten wissen Bescheid, bleiben aber bewusst untätig. Bisher geheime Dokumente zeigen das Ausmaß des Skandals.
Bei Volkswagen wissen die Manager, mit wem sie Freundschaften pflegen müssen. Im Frühjahr 2010 besuchte der damalige EU-Industriekommissar Antonio Tajani den Konzern, anschließend bekam er ein Paket. "Wir hoffen, Sie mit einem von den Spielern unterschriebenen Trikot des VfL Wolfsburg zu erfreuen", schrieb der Leiter der Brüsseler VW-Vertretung ehrerbietig.
Das Geschenk war ein voller Erfolg. Tajani bedankte sich überschwänglich. VW sei "ohne Zweifel eine der Säulen der deutschen Industrie". Über das "Souvenir des Deutschen Meisters 2008/9" habe er sich sehr gefreut, antwortete der Italiener am 24. März 2010 dem "lieben Herrn" von Volkswagen.
Dabei hätte Tajani allen Grund gehabt, den VW-Leuten statt Dankesbriefen strenge Fragen zu übermitteln. Etwa, warum deren Diesel-Wagen auf der Straße viel mehr giftige Abgase ausstoßen als bei den Labortests der Genehmigungsbehörden.
Sitzungsprotokolle, Briefwechsel und Gesprächsmitschriften, die SPIEGEL ONLINE vorliegen, belegen nun, wie genau EU-Kommission und Mitgliedstaaten spätestens seit 2010 wussten, dass die stark gesundheitsschädlichen Abgase von Diesel-Pkw die gesetzlichen Vorschriften eklatant übersteigen."
http://www.spiegel.de/auto/aktuell/...aere-versagt-hat-a-1107219.html
Aus einem anderen Spiegel Artikel:
"Der VW-Konzern hat unterdessen begonnen, die von den Abgasmogeleien betroffenen Autos mit einer neuen Software nachzubessern. Das KBA hatte das Update im Juni geprüft und für gut befunden: Die Schadstoffgrenzwerte würde nun eingehalten, die Motorleistung sei unverändert. Doch mancher Kunde dürfte sich fragen: Wenn das mit einem Softwareupdate möglich ist, warum hat man dann überhaupt geschummelt?
Zinke [Leiter des Kraftfahrtbundesamts] erklärt das gegenüber SPIEGEL ONLINE mit dem technischen Fortschritt. Die betroffenen Motoren seien vor mehr als zehn Jahren konstruiert worden, und insbesondere die Elektronik könne inzwischen deutlich mehr. "Was bei einem Auto hinten herauskommt, ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels zahlreicher Komponenten", sagt Zinke. "Entsprechend viele Möglichkeiten gibt es, in das Abgasverhalten einzugreifen." ... Die Genehmigung des Updates durch die Behörde sei "nicht zur Vertrauensbildung geeignet", schreibt das Gericht, "weil das KBA bei der ursprünglichen Typengenehmigung des Wagens versagt hat, indem es die manipulierende Software nicht erkannt hat." Auch danach sei die Behörde untätig geblieben, "obwohl es entsprechende Anzeichen gegeben haben muss" - dieselben Anzeichen, die zu den Untersuchungen in den USA geführt hätten.
Gemeint ist damit der eklatante Unterschied zwischen den Stickoxidmengen, die Dieselautos im Straßenverkehr ausstoßen, und jenen, die im Labor gemessen wurden. In der Fachwelt ist das Problem, das erhebliche Gesundheitsgefahren birgt, spätestens seit 2008 weithin bekannt. Doch selbst die Frage, ob er davon gewusst habe, wollte Zinke nicht eindeutig bejahen. Nicht als KBA-Chef, aber als "normalem Autofahrer" sei ihm klar gewesen, dass sein Pkw unterschiedlich viel ausstoße, je nachdem wie er fahre.
Und überhaupt sei die Diskrepanz zwischen Labormessungen und normalem Fahrbetrieb nicht das Problem des KBA. Die Prüfung für die Zulassung neuer Autos sei "exakt beschrieben", sagte Zinke: "Sie bezieht sich auf die Labormessungen." Inwieweit sie mit den normalen Fahrbedingungen übereinstimmen, "ist nicht Teil des Verfahrens."
http://www.spiegel.de/auto/aktuell/...uchungsausschuss-a-1116090.html
Tja, so ist das bei einer Kungelei unter allen Beteiligten mit Ausnahme der Öffentlichkeit. Wenn's dann aber öffentlich wird, will's keiner gewesen sein. Allerdings muss ich dem Herrn Zinke in einem Punkt schon Recht geben. Das Problem ist die Definition der Laborbedingungen in den Zulassungsvorschriften. Diese wurden in der Kungelei vollkommen realitätsfern definiert und daran war das KBA m.W. nicht beteiligt, da es ein EU-weit geltender Zyklus ist. Das lädt natürlich geradezu ein, einen theoretischen Laborfahrzyklus zu kreieren.
Die Ursache liegt in dem Irrglauben, CO2 unter allen Umständen verbannen zu müssen. Man hatte nur dieses Ziel im Auge und hat wissentlich andere, konkrete Nachteile (ob die so dramatisch sind, wie der Spiegel schreibt, ist natürlich fraglich) billigend in Kauf genommen. Jetzt wo alles auf dem Tisch ist, ist der Diesel zurecht scheintot. Die Abhilfemaßnahmen mit aufwändiger Abgasnachbehandlung, Katalysatoren und SCR, um ihn abgastechnisch auf das Benzinerniveau zu bringen, sind enorm und machen, realistisch betrachtet, nur im Nutzfahrzeugbereich Sinn. Also entweder man ersetzt den Diesel durch Benziner und verzichtet damit auf die CO2 Vorteile oder man sattelt direkt bzw. über den Umweg Benzin-Hybrids auf die E-Mobilität um. Danach sieht es momentan aus. |