Stellen Sie sich vor, Sie sind Anhänger einer kleinen Gruppe, die sich um einen charismatischen Propheten scharen, der den Weltuntergang für den 24. Februar 2023 voraussagt. Im Laufe der folgenden Jahre identifizieren Sie sich immer mehr mit dieser Gruppe. Sie kündigen Ihren Job, verlassen Ihren Partner, geben den Hund ins Tierheim und ziehen mit Ihren Gleichgesinnten in einen abgelegenen Biobauernhof, um sich als Selbstversorger auf das Jüngste Gericht vorzubereiten. Dazu verkaufen Sie Ihr Haus, lassen sich Ihre Lebensversicherung auszahlen und überweisen alles Geld auf das Schweizer Nummernkonto des Propheten. Dann kommt es zum 24. Februar 2023, und – nichts passiert. Gar nichts. Der Weltuntergang ist ausgeblieben. Und nun die alles entscheidende Quizfrage: Würden Sie am 25. Februar 2023 aufwachen und sagen: „Meine Güte, was war ich nur für ein unfassbarer Idiot?“ Möglich wäre es. Viel wahrscheinlicher allerdings ist es, dass Sie sagen würden: „Was war das nur für ein riesiges Glück, dass wir diese Gruppe gegründet haben! Gott hat unsere Gebete erhört und wegen uns den Weltuntergang abgewendet. Das ist der endgültige Beweis, dass unser Prophet recht hatte.“ Die Psychologie bezeichnet dieses Verhalten als kognitive Dissonanz. Je mehr Energie, Geld, Aufwand oder Schmerzen wir in eine Sache gesteckt haben, desto schwerer fällt es uns einzugestehen, dass wir uns geirrt haben könnten. Keiner steht eben gerne als Volltrottel da, der sein gesamtes Leben für eine idiotische Schnapsidee gegen die Wand gefahren hat. Deswegen halten wir mit voller Überzeugung an Dingen fest, die von außen betrachtet ziemlich schräg sind: Was? Du hast allen Ernstes 20.000 Euro für eine Ausbildung zum Forellen-Flüsterer ausgegeben? Wie? Zehn Jahre mit diesem Idioten, und du bringst es nicht fertig, dich zu trennen? Hää? 300 Milliarden Euro Hilfsgelder und Athen ist immer noch pleite? |